Website Zweitmeinung Hodentumor
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> Zweitmeinung: Größere Therapiesicherheit

Eine qualifizierte Zweitmeinung kann helfen, Therapiefehler oder unnötige Behandlungen zu vermeiden. Jetzt hat eine neue Studie speziell bei Hodenkrebspatienten nachgewiesen, dass Therapien effektiver und Behandlungen dadurch weniger belastend werden. Das Modellprojekt kann als Vorbild für andere Erkrankungen dienen.

Jeder sechste Hodenkrebspatient erhält eine effektivere Therapie, wenn sein behandelnder Arzt nach der Diagnose eine Zweitmeinung einholt. Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler des Universitätsklinikums Ulm im Rahmen einer Studie. In vielen Fällen kann aufgrund der Zweitmeinung die Medikamentendosis verringert werden – die Betroffenen sind durch die Behandlung weniger belastet.

Das Konzept des Projekts „Zweitmeinung Hodentumor“ unterscheidet sich aber durchaus von der Normalität der Fälle. Hier holt sich der behandelnde Arzt, der das bösartige Geschwulst im Hoden seines Patienten entdeckt hat, die Zweitmeinung ein - nicht der betroffene Patient. Er schickt seine Untersuchungsergebnisse und seinen Therapieplan  an Experten der Deutschen Hodentumorstudiengruppe. Innerhalb von 48 Stunden erhält er eine Antwort auf seine Therapieanfrage. Mittlerweile werden in Deutschland schon rund 15 Prozent aller neuen Hodentumoren im Rahmen dieses Projektes durch einen weiteren Mediziner bewertet. Bis heute haben die Hodenkrebsexperten mehr als 3.000 Zweitmeinungen abgegeben.

Zwischen 2006 und 2011 untersuchten Wissenschaftler von der Klinik für Urologie des Universitätsklinikums Ulm fast 1000 Fälle, bei denen eine zweite Meinung eingeholt wurde. Bei fast 40 Prozent der Patienten ergaben sich Unterschiede zwischen Therapieplan des anfragenden Arztes und Zweitmeinung eines Hodentumorexperten. Bei jedem sechsten Betroffenen musste die ursprüngliche Therapieplanung aufgrund der Zweitmeinung verändert werden. Bei jedem vierten Patienten wurde die Medikamentendosis verringert.

Was bei Hodenkrebs funktioniert, "hat Vorbildcharakter auch für andere Krebsarten", sagt Gerd Nettekoven, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe. Doch nicht nur da. Denn eine Zweitmeinung kann häufig vor falschen oder unnötigen Therapien schützen. Eine Studie der Deutschen Betriebskrankenkassen (BKK) an 329 Versicherten belegt, dass gerade bei orthopädischen Eingriffen am Rücken, an der Schulter, an den Knien, an Hüfte, Hand oder Fuß eine Operation zu verhindern gewesen wäre, wenn man eine ärztliche Zweitmeinung eingeholt hätte. Über 67 Prozent der Betroffenen waren durch alternative Behandlungen zu betreuen, bei Wirbelsäuleneingriffen wären sogar 80 Prozent vermeidbar gewesen.

Das University of Michigan Comprehensive Cancer Center in Ann Arbor hat im Jahr 2012 die Ergebnisse einer Untersuchung an 149 Brustkrebspatientinnen veröffentlicht. Sogenannte Tumorkonzile, bei denen behandelnde Ärzte Experten befragen, haben bei nicht weniger als in der Hälfte der Fälle zu einer veränderten Therapieempfehlung geführt. Bei einem Projekt mit Darmkrebspatienten wurden einem Tumorboard, das sind spezialisierte Ärzte, die anhand von Befunden und Bildern eine Therapieempfehlung abgeben, hunderte von Fällen vorgelegt. Nach der Auswertung von mehr als 120 Befunden stand fest, dass in mindestens 50 Prozent der Fälle die Therapieempfehlung tatsächlich von der ersten Diagnose des Arztes abweicht, auf dem Land sind es stellenweise 70 Prozent.

Allerdings hat das Einholen einer Zweitmeinung für Patienten so seine Tücken. Grundsätzlich räumt die Charta der Patientenrechte zwar das Recht ein, eine ärztliche Zweitmeinung einholen zu können. Doch wer die Kosten trägt, das sagt das Gesetz nicht eindeutig. Deshalb sind Krankenkassen nicht in jedem Fall gezwungen, für das Einholen einer Zweitmeinung zu bezahlen. Bei schweren Erkrankungen, wie bei einer Krebserkrankung, geht man mittlerweile davon aus, dass die Krankenkasse für die Zweitmeinung aufkommen. Fachleute raten jedoch, sich vor Einholung einer Zweitmeinung bei der Krankenkasse zu versichern, dass die Kosten auch übernommen werden.

Berliner Ärzteblatt 16.06.2014/ Quelle: Deutsche Krebshilfe

 
 
 
 
 
 
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