Der Auftrag der UPD ist vom Gesetz so gewollt: Sie soll beraten, rund um das Thema Gesundheit, kostenfrei, neutral, unabhängig
Der Auftrag der UPD ist vom Gesetz so gewollt: Sie soll beraten, rund um das Thema Gesundheit, kostenfrei, neutral, unabhängig
> Patienten unter Druck: Kassen verweigern Leistungen

Die Unabhängige Patientenberatung (UPD) soll abgeschafft werden. Oder besser gesagt - ausgetauscht, durch ein Callcenter. Kritiker glauben, dass die UPD in der Vergangenheit den Krankenversicherten zu sehr geholfen hat, auch gegen die eigene Krankenkasse. Denn die versuchen immer öfter, sich um Leistungen herum zu drücken. 


Der Auftrag der UPD ist vom Gesetz so gewollt: Sie soll beraten, rund um das Thema Gesundheit, kostenfrei, neutral, unabhängig. Die gesetzlichen Krankenkassen, die das bezahlen müssen, finden das offensichtlich gar nicht so gut. Denn die UPD thematisiert "Angst vor der Krankenkasse". Und es gefällt den Kassen anscheinend auch nicht, dass sich die UPD tatsächlich als Vertreter der Interessen des Versicherten bzw. des Patienten versteht. Und zwar auch gegen die Krankenkassen.


Von den jährlich über 80.000 Beratungsgesprächen führt die UPD fast 36% (das sind 27.740) zum Thema Ansprüche gegen Kostenträger des Gesundheitssystems. Das sind überwiegend die gesetzlichen Krankenkassen. Am häufigsten geht es zum Krankengeld und dann zu anderen Leistungsbereichen wie Rehabilitation, Zahnarzt, ambulante und pflegerische Versorgung sowie Hilfsmitteln. 


Aus dem Beratungsalltag wird über massiven Druck, Kontrollen, intime Fragen, unzureichende Aufklärung, mangelhafte Informationen und verweigerte Leistungen berichtet. Keine frohe Botschaft, die die Krankenkassen da hören müssen aber nicht hören wollen. Deshalb hängen sie sich an der telefonischen Erreichbarkeit der UPD auf, die sie durch eine Neuvergabe besser regeln wollen. Allerdings: Die UPD bekommt bisher 5,2 Mio. Euro im Jahr. Ab 2016 sollen dagegen 9 Mio. Euro zur Verfügung stehen. Dafür können wir auch mehr Erreichbarkeit leisten, sagt die UPD. Doch bekommen wird den Auftrag das Dienstleistungsunternehmen Sanvartis, das bereits für eine Kassen und Pharmaunternehmen tätig ist.


Der Sozialverband Deutschland und verschiedene Arztorganisationen wehren sich dagegen, dass auch der Patientenbeauftragte Karl-Jose Laumann dieses unterstützt. "Wenn die Patientenberatung tatsächlich wie geplant an Sanvartis vergeben wird, bleibt die hohe Qualität und die unabhängige Unterstützung von Ratsuchenden auf der Strecke", sagt Adolf Bauer, Präsident des Sozialverbands Deutschland (SoVD). Dass ein Beratungsangebot, das bislang so gut funktioniert und sich bewährt habe, aufgelöst werde, könne er nicht nachvollziehen, so Bauer.


Ganz so unverständlich ist es nicht. Denn nicht nur die UPD stellt fest, dass die Zahl der Fälle, in denen Krankenkassen Leistungen ablehnen oder den Versicherten auf die Pelle rücken, enorm zunehmen. In einer Untersuchung im Jahr 2013 wurde ermittelt, dass Ärzte Patienten krank schreiben und Leistungen wie Reha oder Hilfsmittel verordnen, die Krankenkassen aber negative Bescheide verschicken - also die Leistung rund heraus verweigern. Bei 1,5 geprüften Fällen einer von Ärzten festgestellten Arbeitsunfähigkeit, meinten in 16% die von Kassen zusätzlich eingesetzten Kontrolleure des Medizinischen Dienstes (MDK), dass die Patienten durchaus wieder arbeiten gehen könnten. Bei 700.000 verordneten Reha-Leistungen wurde in 39% ein Ablehnung wegen fehlender Voraussetzungen ausgesprochen. Und bei 500.000 Anträgen für ein Hörgerät gaben die Inspekteure der Kassen bei 37% ein negatives Urteil - als kein Geld von der Kasse. 


Dass es dabei manchmal sogar um wichtige therapeutische Maßnahmen geht, weiß z.B. der Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe (BPS). Er hat eine Information (Was tue ich bei Leistungsablehnung durch die gesetzliche Krankenkasse?) zusammen gestellt, weil viele Patienten Probleme bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche bei ihren Krankenkassen haben. Die Botschaft lautet: Widerspruch erheben, sich nicht abwimmeln lassen, möglicherweise Klage erheben. 


Dass das etwas nützen kann, zeigt ein Urteil aus dem Jahr 2005. Darin hat das Bundesverfassungsgericht nämlich entschieden: "Im Falle einer lebensbedrohlichen oder sogar regelmäßig tödlichen Erkrankung, für die schulmedizinische Behandlungsmethoden nicht vorliegen, ist es nach dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unzulässig, einen Versicherten von der Leistung einer noch nicht vom gemeinsamen Bundesausschuss anerkannten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn die vom Versicherten gewählte Behandlungsmethode eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspricht." (Az.: - 1 BvR 347/98 -) 


31.07.2015/ Quelle: monitor patientenberatung

 
 
 
 
 
 
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