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Ärzte stellen ihren Patienten nicht alle nützlichen medizinschen Leistungen zur Verfügung (Foto: Stock photo)
> Medizinische Leistungen werden vorenthalten

Ärzte geben zu, ihren Patienten nicht
immer alle medizinischen Leistungen zukommen zu lassen. Der Grund: Die
Budgets würden nicht ausreichen. Das Bundesgesundheitsministerium will
das nicht wahr haben: Es stehe genügend Geld im Gesundheitswesen zur
Verfügung.
Eine bundesweite Umfragestudie unter 1137 Klinikärzten aus der
Intensivmedizin und Kardiologie zeigt, dass Ärzte nützliche Leistungen
aus Kostengründen vorenthalten. Über drei Viertel der antwortenden
Ärzte (77%) bestätigten, mindestens einmal aus Kostengründen eine für
den Patienten nützliche Maßnahme nicht durchgeführt bzw. durch eine
preiswertere und zugleich weniger effektive Leistung ersetzt zu haben. Trotz der weiten Verbreitung scheint es sich dabei noch um ein relativ
seltenes Phänomen für den einzelnen Arzt zu handeln: Nur 13% der
Studienteilnehmer berichteten, mehr als einmal pro Woche nützliche
Leistungen aus Kostengründen vorenthalten zu müssen. Trotzdem
beeinträchtige diese Situation nicht nur die Arbeitszufriedenheit der
Ärzte, sondern auch das Vertrauensverhältnis zwischen Patienten und
Ärzten. Durchgeführt wurde die Studie unter Leitung der Tübinger Medizinethiker
Georg Marckmann und Daniel Strech (jetzt Medizinische Hochschule
Hannover) im Rahmen des interdisziplinären, vom Bundesministerium der
Justiz geförderten Forschungsverbunds „Allokation“, an dem auch die
Universität Duisburg-Essen und die Ruhr-Universität Bochum beteiligt
sind.   Selbstkritik scheint bei den befragten Klinikärzten aber nicht hoch im
Kurs zu stehen. Nur ein gutes Drittel der Befragten glaubte,
Leistungsbegrenzungen ließen sich durch wirtschaftlicheres Arbeiten der
Ärzte vermeiden. Deutlich mehr als die Hälfte sah demgegenüber die
Bereitstellung von zusätzlichen Mitteln für den Gesundheitssektor durch
höhere Krankenkassenbeiträge oder einen höheren finanziellen
Eigenanteil der Patienten als einen akzeptablen Weg im Umgang mit der
von ihnen diagnostizierten Mittelknappheit. Die Ärzte gaben auch zu Protokoll, das sie es nicht grundsätzlich
ablehnen, Verantwortung für Rationierungsentscheidungen zu übernehmen.
Jedoch äußerten knapp drei Viertel der Ärzte klar das Bedürfnis nach
einer Regelung „oberhalb“ der individuellen Arzt-Patient-Beziehung. Und
eines darf man auch nicht vergessen: Obwohl das das deutsche
Gesundheitswesen so viel Geld ausgibt, wie kaum ein anderes in der
Welt, sind die medizinischen Behandlungsergebnisse nur Durchschnitt. Das Bundesgesundheitsministerium will von derartigen Rationierungen
nichts wissen. Im Spiegel sagte eine Ministeriumsvertreter: „Die
Regierung hat die Mittel sowohl für die ambulante als auch für die
stationäre Versorgung in diesem Jahr deutlich erhöht." Folgerung des
Ministeriums: Es ist genügend Geld da. Außerdem müssten Ärzte alle
medizinisch notwendigen Leistungen zu erbringen. Würden sie das nicht
tun, müsste die Aufsicht bemüht werden.   WANC 15.06.09/Quelle: Uni Tübingen, DMW 2009; 134: 1261-1266
 
 
 
 
 
 
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