Unterschrift unter Vertrag
Patientenverfügung: Mögliche Inhalte und ihr Nutzen sind vielen unbekannt
> Patientenverfügung: Wenige nutzen sie

Den meisten Menschen in Deutschland ist
das Wort "Patientenverfügungen" ein Begriff, doch die wenigsten
können es mit Inhalt füllen. Eine Umfrage förderte
viele Ängste und Missverständnisse zu Tage. Dazu hat der
Medizinethiker Professor Norbert Paul von der Universität Mainz
etwa hundert Besucher des Mainzer Wissenschaftsmarkts gefragt, den
die Universität jährlich in den Innenstadt veranstaltet.


Fast alle Befragten hatten schon einmal
etwas von Patientenverfügungen gehört. Sie würdigten
sie als ein Mittel, um sich am Lebensende vor sinnlosen und
qualvollen medizinischen Behandlungen zu schützen. Doch nur
jeder Vierte war im Besitz einer Patientenverfügung. Von den
Befragten mit Volks- oder Hauptschulabschluss hatte sie kein einziger
abgeschlossen, bei den Akademikern waren es 30 Prozent.



Paul sieht darin ein Zeichen für
die geringe Bereitschaft in der Bevölkerung, sich aktiv mit
Krankheit und Sterben auseinander zu setzten. Es gebe auch viele
Missverständnisse zum möglichen Inhalt von
Patientenverfügungen. Keiner der Befragten sah ihre Funktion
darin, dem Arzt genaue Handlungsanweisungen für den Fall einer
unheilbaren Krankheit zu geben, beklagt Paul.



Stattdessen brachten viele Menschen die
Patientenverfügungen mit der Sterbehilfe in Verbindung. Die
Sterbehilfe, in Deutschland verboten, kann nach Auskunft von Paul
jedoch nicht Gegenstand der Patientenverfügungen sein. Leider
würden beide Themen auch in den Medien immer wieder vermengt.



Der Medizinethiker sieht deshalb einen
großen Aufklärungsbedarf in der Bevölkerung, der am
besten durch die Ärzte gedeckt werden könne. Diese seien am
ehesten in der Lage, die Patienten über die Möglichkeiten
der Sterbegleitung und die Vermeidung unsinniger Therapie am Ende des
Lebens ins Bild zu setzen und sie beim Verfassen ihrer
Patientenverfügung professionell zu unterstützen. Diese
Leistungen können Ärzte jedoch nicht gratis erbringen,
zumal viele Mediziner sich erst durch gezielte Fort- und
Weiterbildung in das Thema einarbeiten müssten.



Ob das wirklich der richtige Rat ist,
bleibt zweifelhaft. Denn die Patientenverfügung ist nach
leidvoller Erfahrung einiger Patienten vor allem eine juristische
Frage. Dabei geht es darum, die richtigen Worte und die richtige Form
zu finden, damit Ärzte im Zweifel den Willen des Kranken auch
anerkennen.



So kann beispielsweise der Ausdruck
einer Patientenverfügung aus dem Internet, in der lediglich die
Wünsche angekreuzt werden und eine Unterschrift die Verfügung
besiegelt, angezweifelt werden. Hat der Betreffende wirklich die
Kreuze selbst gemacht? Deshalb empfehlen Rechtsanwälte
beispielsweise die handschriftliche Abfassung der Verfügung. Und
konkrete Handlungsanweisung für bestimmte Situationen.
Schwammige Formulierungen führen zu Auslegungsspielräumen,
die im Zweifel nicht dem Willen des Kranken entsprechen.



Tatsächlich ist – natürlich
auch durch Berichte in den Medien – der Wert der Patientenverfügung
deshalb nicht unumstritten. So befürchten laut einer Umfrage der
Deutschen Hospizstiftung mehr als ein Drittel, dass sich Ärzte
nicht an diesen Willen halten.



WANC 13.02.08 Quelle: N. W. Paul, A. Fischer:
Patientenverfügung: Wahrnehmung und Wirklichkeit. DMW Deutsche
Medizinische Wochenschrift 2008; 133 (5): S. 175-179

 
 
 
 
 
 
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