Medikamente: Wie weit geht die Haftung?

Schadensersatz in mehreren hundert Millionen Dollar Höhe, derartige Nachrichten machen auch bei uns Schlagzeilen. Auch in Deutschland gibt es Schmerzensgeld, allerdings in weniger spektakulären Höhen.

"Das amerikanische Rechtssystem ist klägerfreundlicher als das deutsche," sagt Rechtsanwältin Ina Brock. Mit sogenannten Sammelklagen können geschädigte Verbraucher dort die Produkthaftung einklagen. Und erhalten nicht selten Schadenersatz in Millionen Höhe.

Im deutschen Recht gibt es das Mittel der Sammelklage nicht. Jeder Schadensfall, auch bei Schädigungen im Zusammenhang mit Arzneimittelgebrauch, wird einzeln betrachtet und verhandelt. Allerdings gibt es Klägeranwälte, die sich darauf spezialisiert haben, bei Massenschäden mehrere Klageparteien gemeinschaftlich in einzelnen Prozessen zu vertreten. Wichtiges Mittel zur Beweisführung ist das Sachverständigengutachten.


Die Produkthaftung pharmazeutischer Unternehmen regelt in Deutschland das Arzneimittelgesetz. Es sieht eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung zu Gunsten der Verbraucher vor. "Die Voraussetzung für Schadensersatzleistungen sind klar geregelt: Die schädliche Wirkung muss bei bestimmungsgemäßem Gebrauch auftreten oder die Fach- beziehungsweise Gebrauchsinformation durch den Hersteller muss fehlerhaft sein," erklärt Dr. Uwe Fröhlich von der Kanzlei Lovells. Nach neuesten Gesetzesnovellierungen sehen die Haftungsbestimmungen außerdem einen Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes vor.


Die rechtlichen Aspekte sind aber nur eine Seite der Medaille. Grundsätzlich stellt sich die Frage, inwieweit ein Medikament überhaupt "Sicherheit" versprechen kann. Gesetzliche Rahmenbedingung für die Vermarktung von Arzneimitteln bildet das Zulassungsverfahren auf Basis des Arzneimittelgesetzes. In vorklinischen und klinischen Studien muss der Hersteller nicht nur den Wirkungsnachweis erbringen, sondern auch die Unbedenklichkeit des Medikamentes glaubhaft machen. Die Arzneimittelexperten Prof. Dr. med. Klaus Heilmann, München und Prof. Dr. Henning Blume, Oberursel warnen jedoch, dass die Forderung nach Unbedenklichkeit" nicht mit "absoluter Sicherheit" gleichzusetzen ist.


Eine vollkommene Sicherheit kann es nicht geben., weil sich alle Risiken im Zusammenhang mit der Medikamenteneinnahme nicht ausschließen lassen. Viele Arzneimittelwirkungen - und dazu gehören auch die unerwünschten Nebenwirkungen – zeigen sich erst, nachdem ein Medikament seit Jahren auf dem Markt ist und daher von Tausenden, wenn nicht Millionen Patienten angewendet wurde. Nicht nur die individuelle Konstitution des einzelnen Patienten spielt hierbei eine Rolle, auch Verschreibungs- und Anwendungsfehler können unerwünschte Wirkungen nach sich ziehen.


WANC 10.09.03





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/10_09_arzneimittelhaftung.php
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