Behandlungsfehler: Und sie geschehen doch

Leicht tun sie sich nicht damit. Die
Ärzte. Fehler zugeben gehört nämlich nicht zum
Repertoire eines Gottes in Weiß. Jedenfalls bisher nicht.
Bisher werden die meisten Patienten bei Klagen über die
Tätigkeit des Artzes einfach abgebügelt. Doch es ändert
sich etwas, wenn auch nur langsam. Ärzte, welche Sensation,
erkennen und geben auch zu, dass sie Fehler machen können.


Bei den Gutachterkommissionen und
Schlichtungsstellen der Ärztekammern gingen im Jahr 2007
insgesamt 10 432 Begutachtungsanträge von Patienten
ein, 152 mehr als im Jahr 2006 (+1,5 Prozent). Das geht aus
der heute veröffentlichten "Statistischen Erhebung der
Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen für das
Statistikjahr 2007" hervor.



Die weitaus meisten
Behandlungsfehlervorwürfe bezogen sich auf die Durchführung
von Operationen, am zweithäufigsten nannten die Patienten die
Diagnostik mit bildgebenden Verfahren. Weitere Vorwürfe beziehen
sich auf die Versorgung nach einer Operation, über den Einsatz
von bildgebenden Verfahren bei der Diagnose sowie bei der
Untersuchung und der Aufklärung von möglichen Risiken. Die
überwiegende Zahl der Anträge bezieht sich auf die Klinik
(5750), weniger als die Hälfte auf die niedergelassene Praxis
(2390).



Im Jahr 2007 schlossen die
Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen insgesamt
7049 Begutachtungsverfahren ab. Bei 1717 dieser
Sachentscheidungen wurde ein Behandlungsfehler oder
Risikoaufklärungsmangel festgestellt, der ursächlich für
einen Gesundheitsschaden war. Bei 4854 wurde eine Schuld des Arztes
verneint und bei 378 wurde zwar ein Behandlungsfehler bzw.
Risikoaufklärungsmangel festgestellt, der aber nicht für
den Gesundheitsschaden verantwortlich war.



Der Umfang tatsächlicher oder
vermuteter Behandlungsfehler ist allerdings viel größer.
Vor die Stellen der Ärztekammer gelangen nur rund ein Viertel
aller Arzthaftungsfälle. Der Rest landet meist zuerst bei
Krankenkassen. Die kümmern sich dann mit eigenen Teams und
Beratungsärzten um den Fall.



Die seit 1975 bei den Ärztekammern
eingerichteten Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen für
Arzthaftungsstreitigkeiten bieten eine unabhängige
Expertenbegutachtung und außergerichtliche Streitschlichtung
bei Behandlungsfehlervorwürfen. Der Patient kann mittels eines
gebührenfreien Verfahrens überprüfen lassen, ob sein
Behandlungsfehlervorwurf gerechtfertigt ist. In ca. 90 Prozent
der Fälle werden die Entscheidungen der Gutachterkommissionen
und Schlichtungsstellen von beiden Parteien akzeptiert und die
Arzthaftungsstreitigkeiten beigelegt.



Kritiker sagen: Nicht ohne Grund. Denn
bevor sich der Arzt wegen eines Fehlers durch die Presse schleifen
lässt, akzeptiert er lieber einen Schlichterspruch und zahlt im
Fall des Falles an den Patienten eine Abfindung.



Wird nach Begutachtung durch die
Gütestellen doch noch der Rechtsweg beschritten, werden die
Gutachten der Kommissionen überwiegend bestätigt. Gut ein
Viertel aller vermuteten Arzthaftungsfälle werden durch die
Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bewertet. Für
viele Patienten eine unheilige Allianz. Denn, so die oft geäußerte
Vermutung, „eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus“. Was
bedeutet, dass man von einem Arzt keine Objektivität verlangen
kann, wenn es um einen Kollegen geht. Doch gerade gegen diesen
Vorwurf der Parteilichkeit wehrt sich die Gutachterkommission. Die
zunehmende Zahl der Anträge zeige doch gerade „das Vertrauen
in die Tätigkeit der Gutachterkommissionen und
Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern“, meint der
Vorsitzende der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen
und Schlichtungsstellen, Dr. Andreas Crusius.



WANC 04.06.08





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/04_06_behandlungsfehler.php
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