Einsamkeit im Alter: Der schnelle Griff zu Psychopharmaka

Einsamkeit im Alter macht Körper und Seele krank. Ältere Menschen fühlen sich vom Alleinsein so stark belastet, dass sie häufiger Psychopharmaka - also Medikamente, die auf die Psyche wirken - einnehmen, als andere Senioren, die sich nicht einsam fühlen.

Dabei ist Einsamkeit nicht unbedingt die Folge von Alleinleben, sondern eher von Alleinsein. Frauen über 65 Jahre leben etwa zur Hälfte allein. Bei den Männern ist es etwa jeder fünfte. Frauen sind häufiger verwitwet, leiden eher an körperlichen Gebrechen und haben mehr mit Depressionen und Angst zu tun. Dennoch sind Frauen und Männer im gleichen Umfang von Einsamkeit betroffen.

Die Zahl der einsamen Senioren/innen liegt zwischen 5 und 20%. Warum Frauen und Männer sich also gleichermaßen einsam fühlen, hat eine einfache Erklärung. Frauen verfügen über bessere Kompensationsmöglichkeiten der Einsamkeit als Männer. In einer Studie mit 1079 Frauen und Männer im Alter über 65 Jahren zeigte sich, dass über intensivere Kontakte verfügen, die ihnen das Alleinleben erträglich machen. Sie pflegen oft enge Freundschaften und haben intensiven Kontakt zu Nachbarn. Männer treffen dagegen vornehmlich ehemalige Arbeitskollegen, mit denen aber nur selten ein enges Vertrauensverhältnis besteht.

Professor Dr. med. Karl-Heinz Ladwig von der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Klinikum rechts der Isar in München sagt, dass es beim Gefühl entscheidend auf die Qualität des sozialen Netzes ankommt: „Wenn die Senioren über ein intaktes Netz von Sozialkontakten verfügen, empfinden sie es nicht als Belastung, allein zu leben.“

Doch wenn es eine Belastung darstellt und sich ein ausgeprägtes Gefühl von Einsamkeit breit macht, dann wirke sich das negativ auf die physische und die psychische Gesundheit der Betroffenen aus. Eine der Folgen ist ein höheres Risiko für Bluthochdruck. Eine andere ist der schnelle Griff zu Psychopharmaka. Der hat im übrigen nicht unbedingt etwas mit Depressionen zu tun, sondern mit der als belastend empfundenen Einsamkeit.

Obwohl im Alter Psychopharmaka generell häufiger genommen werden, haben Wissenschaftler im Rahmen der ESTHER-Studie ermittelt, dass sie bei jenen Senioren höher liegt, die sich sehr einsam fühlen.  Insgesamt greifen 19% der älteren Menschen zwischen 57 und 84 Jahren zu Psychopharmaka.
 
Berliner Ärzteblatt 04.03.2013/ Quelle: Deutscher Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

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Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/einsamkeit-04-03-13.php
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