Bissverletzungen: Infektionsgefahr

Die meisten Menschen fürchten sich davor, auf der Straße von einem Kampfhund angefallen zu werden. Doch wenn zuhause die geliebte Katze oder gar ein Mitmensch zubeißt, sind die Folgen häufig noch schlimmer. Der Grund hierfür: Katzen- oder Menschenbisse führen häufiger als Hundebisse zu schweren Infektionen.

Professor Markus Vogt vom Zuger Kantonsspital schätzt, dass 10-20 Prozent aller Hundebisse zu ernsten Infektionen führen. Bei Katzenbissen sind es sogar bis zu 45 Prozent. Zwar sind Katzen weniger kraftvoll als Hunde, haben aber die schärferen Beißer. Die feinen und extrem spitzen Zähne dringen mühelos in Gelenke, Sehnen und Knochen ein, und ihr Speichel ist dort in hohem Maße infektiös. Bei Menschenbissen ist die Rate noch höher. Gefahr besteht vor allem bei Bisswunden an der Hand, die oberflächlich unauffällig sind. Manchmal sind nur kleine Einstiche zu sehen, doch in der Tiefe von Knochen oder Sehnen breiten sich exotische Erreger aus. Bei der Katze ist dies häufig Pasteurella multocida, der zunächst zur Knochenentzündung und dann zur Sepsis führt.


Menschenbisse entstehen zu 80 Prozent durch Streit, bei 20 Prozent handelt es sich um "Liebesbisse". Kinderbisse sind meistens harmlos. Wenn aber die Faust eines Erwachsenen mit den Zähnen eines Anderen zusammentrifft, kommt es häufig zu irreparablen Schäden, wie Vogt ausführt, insbesondere wenn über die Herkunft der Verletzung gelogen wird. Denn der menschliche Speichel enthält sehr häufig ungewöhnliche Erreger. Der gefährlichste ist Eikenella corrodens. Er wird in bis zu 30 Prozent aller infizierten menschlichen Bisswunden gefunden. Solche Verletzungen sind dann ein Fall für Infektionsspezialisten, denn Penicillin und andere häufig eingesetzte Antibiotika wirken hier nicht.


Gefährlich sind laut Vogt alle Bisswunden, die nach 24 Stunden noch entzündet sind. So weit sollte es aber nicht kommen. Als Erstmaßnahme rät Vogt, die Oberfläche der Bisswunden mit einer Jodlösung zu reinigen. Tiefe Wunden müsse der Arzt mit einer Kochsalzlösung ausspülen. Abgestorbenes Gewebe muss chirurgisch entfernt werden. Der Arzt entscheidet dann, ob die Wunde zugenäht oder "offen" versorgt wird. Neben der Art der Wunde spielt auch die Abwehrlage des Patienten eine Rolle. Bei Menschen, denen die Milz entfernt wurde, oder die aus anderen Gründen eine Immunschwäche haben, wird die Wunde häufig "offen" behandelt. Bei besonders gefährdeten Patienten kann manchmal eine vorsorgliche Antibiotikagabe angezeigt sein, schreibt Vogt. In der Regel sei dies bei nicht-entzündeten Wunde jedoch überflüssig.


Gefahr droht nicht nur von Bakterien, sondern auch von Viren, gegen die Antibiotika wirkungslos sind. Lebensgefährlich ist nicht nur die seltene Tollwut durch den Hundebiss. Häufiger komme es zur Übertragung von Hepatitis B oder HIV beim Menschenbiss.


WANC .06.03/DMW





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/2171_bissverletzungen.php
powered by webEdition CMS