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Beim ersten Mal greifen die meisten zum Kondom – aus einem Spot des BZgA zur Aidsaufklärung (Foto: BZgA)
> Jugendsexualität: Späterer Sex, bessere Verhütung

Deutsche Mädchen und Jungen sind
verglichen mit der letzten Repräsentativerhebung aus dem Jahr 2005
seltener früh sexuell aktiv. Und sie verhüten heute bereits beim ersten
Mal besser als je zuvor. Dabei ist das Kondom das beliebtestes
Verhütungsmittel. Das belegt die Studie „Jugendsexualität 2010“ der
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
Seit 1980 untersucht die BZgA regelmäßig Einstellungen und
Verhaltensweisen 14- bis 17-jähriger Jugendlicher zu Aufklärung,
Sexualität und Verhütung. Für die neue Studie „Jugendsexualität 2010“
wurden insgesamt 3.542 Jugendliche befragt, darunter 1014 Mädchen und
Jungen mit Migrationshintergrund. Deutsche Mädchen und Jungen sind verglichen mit der letzten
Repräsentativerhebung aus dem Jahr 2005 seltener früh sexuell aktiv.
Bei den 14-jährigen Mädchen sank der Anteil derer mit
Geschlechtsverkehrerfahrung deutlich von zwölf auf sieben Prozent, bei
den gleichaltrigen Jungen sogar von zehn auf vier Prozent. Bei den
17-jährigen Mädchen reduzierte sich der Anteil von 73 auf 66 Prozent,
bei den gleichaltrigen Jungen blieb er mit 65 Prozent nahezu konstant.
Dies bedeutet zugleich, dass bis zu einem Alter von 17 Jahren mehr als
ein Drittel der jungen Frauen und Männer noch keinen Geschlechtsverkehr
gehabt haben. „Annahmen, wonach immer mehr junge Menschen immer früher sexuell aktiv
werden, bestätigen sich nicht“, erklärt Prof. Dr. Elisabeth Pott,
Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. „Die
aktuelle Repräsentativerhebung zeigt, dass seit Mitte der neunziger
Jahre die sexuelle Aktivität Jugendlicher fast unverändert und jetzt
sogar rückläufig ist.“ In der Regel erleben deutsche Jugendliche ihr „erstes Mal“ in einer
festen Beziehung. Darüber hinaus ist die Hälfte der sexuell aktiven
Mädchen zwischen 14 und 17 Jahren bislang lediglich eine
Partnerbeziehung eingegangen. Für deutsche Jungen trifft das auf 40
Prozent zu. Jungen aus Migrantenfamilien sind früher und damit insgesamt häufiger
sexuell aktiv als deutsche Jungen. Mädchen mit Migrationshintergrund
sind deutlich zurückhaltender und begründen das damit, zu jung zu sein.
Vor allem bei jungen Frauen muslimischen Glaubens, insbesondere bei
türkischen Mädchen, sind nur wenige sexuell aktiv. Die Mehrheit von
ihnen findet einen engen Kontakt zum anderen Geschlecht vor der Ehe
nicht richtig. Erfahrungen mit sexueller Gewalt sind Jugendlichen nicht unbekannt. So
berichten 13 Prozent der deutschen Mädchen und 19 Prozent der Mädchen
mit Migrationshintergrund über Situationen, in denen sie sich gegen
unerwünschte sexuelle Übergriffe oder Gewalt zur Wehr setzen mussten.
Von den Jungen berichten dies ein bzw. drei Prozent. Sexuell aktive deutsche Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren verhüten
heute bereits beim ersten Mal besser als je zuvor: Nur je acht Prozent
der Mädchen und Jungen geben an, keine Verhütungsmittel benutzt zu
haben. 1980 lag dieser Anteil mit 20 Prozent bei den Mädchen und 29
Prozent bei den Jungen um ein Vielfaches höher. Die neuen Zahlen zeigen
zudem, dass Jungen beim ersten Mal mittlerweile ebenso gut verhüten wie
Mädchen. Auch bei den Jugendlichen mit Migrationshintergrund hat sich das
Verhütungsverhalten verbessert. Doch verglichen mit ihren deutschen
Altersgenossen verhüten sie noch immer seltener. So geben zwölf Prozent
der Mädchen und 18 Prozent der Jungen mit Migrationshintergrund an,
beim ersten Geschlechtsverkehr keine Verhütungsmittel benutzt zu haben.
Im Jahr 2005 waren es noch mehr als ein Drittel der Jungen und etwa
jedes fünfte Mädchen. Das Kondom ist mit deutlichem Abstand das Verhütungsmittel Nummer eins
beim ersten Mal. Drei Viertel der deutschen Jungen und Mädchen wenden
es beim ersten Geschlechtsverkehr an. Auch Jugendliche mit
Migrationshintergrund greifen beim ersten Mal meistens zum Kondom: 75
Prozent der Mädchen und 59 Prozent der Jungen verhüten auf diese Weise.
Mit zunehmender sexueller Aktivität ändert sich das Verhütungsverhalten
jedoch. Mädchen mit und ohne Migrationshintergrund verwenden dann
häufiger die Pille. 69 Prozent der deutschen Mädchen und 58 Prozent der deutschen Jungen
sprechen heute ausführlich mit ihren Eltern über das Thema Verhütung.
Das war vor 30 Jahren noch anders: Nur etwas mehr als ein Drittel der
Mädchen und nur jeder vierte Junge hatte damals ein Verhütungsgespräch
mit seinen Eltern. Eine ähnliche Situation gilt heute noch für viele
Jugendliche mit Migrationshintergrund. Lediglich die Hälfte der Mädchen
und nur 41 Prozent der Jungen aus Migrantenfamilien erhalten eine
Verhütungsberatung im Elternhaus. Bei der Wissensvermittlung rund um die Themen Liebe, Sexualität und
Verhütung wird die Schule immer bedeutender. Für Jungen mit
Migrationshintergrund ist sie sogar der wichtigste Ort der Aufklärung.
„Eltern und Schule sind heute starke Partner für Jugendliche“, betont
Pott. „Das einmalige verschämte Aufklärungsgespräch von früher ist
endgültig vorbei. Die verantwortungsbewusste Sexualaufklärung durch
Elternhaus und Schule, vielfältige Beratungsmöglichkeiten und die
Informationsangebote der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
zu den Themen Liebe, Sexualität und Verhütung haben entscheidend dazu
beigetragen, dass Deutschland eine der niedrigsten
Teenagerschwangerschaftsraten in Europa hat.“ WANC 02.09.10, Quelle: Studie „Jugendsexualität 2010“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
 
 
 
 
 
 
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