Die heilsame Kraft der sekundären Pflanzenstoffe

Frisches Gemüse und Obst - hierunter fallen auch Hülsenfrüchte sowie Nüsse - enthalten wichtige Inhaltsstoffe, die der Gesundheit auf vielfältige Weise gut tun. Genaus stecken in Samen, Vollkornprodukten und Kartoffeln Substanzen, die zahlreiche Stoffwechselvorgänge positiv beeinflussen. Da finden sich Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe und die sogenannten sekundären Pflanzenstoffe. Was die alles in unserem Körper leisten, ist noch gar nicht vollkommen erforscht. Bisher weiß man, dass größere Mengen sekundärer Pflanzenstoffe aus frischem Obst und Gemüse das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten, verschiedene Krebsarten sowie einen hohen Cholesterinspiegel vermindern und vor Entzündugen schützen und das Immunsystem stärken. 


Eigentlich wissen wir noch recht wenig über die Wirkung von sekundären Pflanzenstoffen. Und das, obwohl schon sei den 80er Jahren dazu geforscht wird. Der Verein für unabhängige Gesundheitsberatung UGB sagt denn auch: "Noch vor wenigen Jahren bewertete die Ernährungswissenschaft sekundäre Pflanzenstoffe als gesundheitlich unbedeutend oder gar schädlich." Heute ist das natürlich ganz anders. Heute wissen wir, dass die S toffe, die bei Pflanzen die Aufgabe haben, Schädlinge abzuwehren und Insekten anzulocken, im menschlichen Organismus zahlreiche gesundheitsfördernde Effekte entfalten. Sie sind antikanzerogen, antimikrobiell, antioxidativ, antithrombotisch, cholesterinsenkend, blutdrucksenken, entzündungshemmend und beeinflussen den Blutzucker und das Immunsystem.  Geschätzt wird ihre Anzahl auf 60.000 - 100.000 verschieden Substanzen (die wichtigsten werden am Ende des Artikels beschrieben). 


Wer die vielen positiven Wirkungen liest, dem wird klar: Ohne sekundäre Pflanzenstoffe lässt sich die menschliche Gesundheit nur schwer aufrecht erhalten. Da ist es um so erstaunlicher, dass wir eigentlich kaum wissen, was diese Stoffe in unserem Körper auf welche Weise bewirken. Wundert sich auch die UGB: "Für die Mechanismen, warum pflanzliche Nahrung die menschliche Gesundheit positiv beeinflusst, gibt es zwar gewisse Erklärungsansätze, im Grunde sind diese aber wissenschaftlich ungeklärt. Kurzum: Wir wissen bis heute nicht, warum das Essen von Gemüse und Obst gesund ist."


Das ist tragisch, weil so möglicherweise Chancen versäumt werden, insbesonders Zivilisationskrankheiten besser behandeln oder vermeiden zu können. Wie ratlos da selbst Experten bleiben, zeigt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): "Täglich werden mit einer normalen Mischkost bis zu 1,5 g sekundäre Pflanzenstoffe zugeführt, bei Vegetariern ist die Menge oftmals deutlich höher. Wie hoch die optimale Zufuhrmenge sein sollte, lässt sich noch nicht abschätzen. Der aktuelle Forschungsstand reicht nicht aus, um konkrete Empfehlungen für einzelne sekundäre Pflanzenstoffe abzuleiten." 


Vielleicht ist es ja auch richtig, Nahrung als Medizin zu betrachten, wie es der Ernährungswissenschaftler Dr. Edmund Semler, Universität Halle, formuliert. So habe ein erhöhter Konsum von Gemüse und Obst das Entstehen chronischer Erkrankungen innerhalb von fünf Jahren deutlich verringert.


Was also tun? Immer wieder hört man die Aufforderung, fünf Portionen frisches Obst und Gemüse am Tag zu verzehren, andere raten zu drei Hände voll Obst pro Tag. Doch dabei muss man dann eine hohe Vielfalt walten lassen, denn In den einzelnen pflanzlichen Lebensmitteln ist jeweils nur eine begrenzte Anzahl sekundärer Pflanzenstoffe zu finden, zum Beispiel in Zwiebeln etwa 70-100, in Äpfeln 200-300 oder in Tomaten 300-350. Um möglichst viel von dem großem Spektrum an sekundären Pflanzenstoffen aufzunehmen, empfiehlt die DGE mehr Gemüse, Hülsenfrüchte, Obst, Nüsse, Samen, Kartoffeln und verschiedene Vollkornprodukte in die Mahlzeiten zu integrieren:



Nun könnte man leicht auf die Idee kommen, sekundäre Pflanzenstoffe als Pillen, Dragees oder Kapseln zu sich zu nehmen, um so der Gesundheit etwas Gutes zu tun. Doch die DGE rät von Nahrungsergänzungsmitteln mit isolierten sekundären Pflanzenstoffen ab: "Über pflanzliche Lebensmittel nehmen wir mehrere Tausend verschiedene sekundäre Pflanzenstoffe auf. Zudem ist für die gesundheitsfördernde Wirkung möglicherweise die Zufuhr von verschiedenen Pflanzenstoffen im Verbund eines Lebensmittels notwendig. Dies kann ein einzelnes Präparat nicht leisten. Auch der gegenwärtige Trend der Lebensmittelindustrie, funktionelle Lebensmittel auf der Basis einer Anreicherung mit sekundären Pflanzenstoffen auf den Markt zu bringen, bringt die Gefahr einer Überdosierung mit sich. Die Sicherheit derartiger Maßnahmen kann heute noch nicht abgeschätzt werden." 


Diese Vorsicht sollte man auch gegenüber Saft aus Früchten und Gemüsen walten lassen, denn die liefern das Gute nicht in flüssiger Form, wie mancher frohlockt. Neben manchen wichtigen Stoffen enthalten sie leider vielfach jede Menge Zucker, manchen haben so viel wie eine Cola. Aber selbst Säfte "ohne Zuckerzusatz" oder "frisch gepresst" enthalten von Natur aus Fruchtzucker, wie das Gesundheitsmagazin Visite vom NDR (Fruchtsaft: Wie Fruchtzucker krank macht, 22.11.2016, 20:15 Uhr) berichtet. Fruchtzucker in größeren Mengen kann für Übergewicht, Diabetes und erhöhte Blutfettwerte sorgen. Wer Fruchtsaft trinkt, überschreitet schnell die von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlene Höchstmenge von 25 Gramm Zucker am Tag. 


Und noch eines: Es gibt auch gesundheitsschädliche sekundäre Pflanzenstoffe. Dazu stellt das Richtig Essen Institut, Rosenheim, fest: "Dazu gehören z.B. Gifte in essbaren Pilzen oder bestimmte Eiweißstoffe (Lektine) in Hülsenfrüchten oder Weizenkeimen. Bei einer Erhitzung dieser Lebensmittel werden die Giftstoffe zerstört. Ein weiterer natürlicher Giftstoff ist Solanin. Es ist in den grünen Stellen zu hell gelagerter Kartoffeln oder in unreifen Tomaten enthalten. Solanin ist nicht hitzeempfindlich und kann auch durch Verdauungsenzyme nicht zerstört werden. Wird es aufgenommen, kommt es zu Magen-Darm-Beschwerden mit Übelkeit und Erbrechen."


Die wichtigsten Gruppen der sekundären Pflanzenstoffe:


Flavonoide - verleihen vielen Gemüse- und Obstarten ihre rote, blaue, gelbe und violette Farbe und sind beispielsweise in Äpfeln, Zwiebeln, Soja und Tee enthalten. Eine Untergruppe stellen die Proanthocyanidine dar. Sie kommen in Beeren, Rotwein, Äpfeln, Tee, Nüssen und Schokolade vor.


Carotinoide - Von den über 700 verschiedenen Carotinoiden haben etwa 50 Provitamin A-Aktivität. Die Carotine – wie α- und β-Carotin sowie Lykopin – kommen v. a. in orange-gelb-rotem Gemüse und Obst vor. Die Xanthophylle wie Lutein, Zeaxanthin und β-Cryptoxanthin finden sich überwiegend in grünem Gemüse.


Phytosterole - sind aufgrund ihrer chemischen Struktur und ihrer Funktion im Organismus dem tierischen Cholesterol sehr ähnlich. Sie sind wichtige Bestandteile von pflanzlichen Zellmembranen. In Lebensmitteln finden sie sich vor allem in fettreichen Pflanzenteilen wie Nüssen, Saaten und Vollkorn.


Phytoöstrogene - werden in drei Strukturklassen eingeteilt: Isoflavone, Lignane und Coumestane. Sie reagieren mit den menschlichen Östrogenrezeptoren und können dadurch die Aktivität der körpereigenen Östrogene nachahmen oder blockieren. Hauptquelle für Phytoöstrogene stellen Soja und Sojaprodukte dar. In Vollkornprodukten und Leinsamen sind sie ebenfalls enthalten.


Glucosinolate - sind in Senf, Rettich, Kohl, Kresse und Radieschen enthalten und verleihen diesen als scharf schmeckende Aromastoffe ihren typischen Geschmack.


Eine reichhaltige Übersicht über sekundäre Pflanzenstoffe und ihre diskutierten gesundheitlichen Wirkungen gibt die Tabelle: "Sekundäre Pflanzenstoffe und ihre Wirkung auf die Gesundheit", zu finden unter diesem Link: https://www.dge.de/wissenschaft/weitere-publikationen/fachinformationen/sekundaere-pflanzenstoffe-und-ihre-wirkung/#c1697


1.12.2016/ Quelle: DGE





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/sekundaere-pflanzenstoffe-1-12-16.php
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