Vitaminpräparate: Die Mär vom Gesundheitsschutz

Vitaminpräparate sollen die Gesundheit
fördern. Weil sie im Körper freie Radikale unschädlich machen. Denn die
sollen ungesund sein. Doch das ist falsch. Freie Radikale fördern –
entgegen der landläufigen Meinung – die Abwehrkräfte und den
Blutzuckerstoffwechsel. Und schützen damit vor Diabetes. Die Produktion
der freien Radikalen wird im übrigen durch Sport angekurbelt.
Bewegung ist gesund. Und wer seinem Körper daneben noch mehr Gutes tun
will, versorgt ihn zusätzlich mit Vitaminpräparaten. Das stärkt die
Abwehrkräfte und erhöht die Lebenserwartung, so die weit verbreitete
Meinung. Fehlanzeige, sagen die Wissenschaftler der
Friedrich-Schiller-Universität Jena. „Die gesundheitsfördernde Wirkung
von körperlicher Bewegung wird durch die Einnahme von sogenannten
Antioxidantien in Form von Vitamin C und E sogar unterdrückt", erklärt
Prof. Dr. Michael Ristow vom Jenaer Institut für
Ernährungswissenschaften. Antioxidantien fungieren als Radikalfänger. Das bedeutet, dass sie
schädigende Sauerstoffradikale, wie sie bei der Zellatmung in den
Mitochondrien und somit bei Ausdauersport jeder Art entstehen,
unschädlich machen können. „Es ist jedoch so, dass die durch Sport
kurzfristig vermehrt gebildeten freien Radikale jedoch selbst die
körpereigene Abwehr gegen reaktive Sauerstoffspezies erst in Gang
setzen", erläutert Ristow. „Freie Radikale wirken langfristig wie ein
Impfstoff gegen oxidativen Stress. Antioxidatien unterdrücken die
körpereigene Produktion von freien Radikalen - und damit diesen
Impfeffekt." Die Forscher haben jetzt festgestellt, dass freie Radikale (reactive
oxygen species, kurz: ROS) sogar den Blutzuckerstoffwechsel verbessern
und damit möglicherweise das Diabetes-Risiko senken können. In der
Studie, bei der 39 junge Männer über vier Wochen lang ein Sportprogramm
durchliefen und parallel verschiedene Parameter wie Genexpression und
Blutinhaltsstoffe gemessen wurden, testeten die Jenaer Wissenschaftler
den Einfluss von Antioxidantien auf den Bewegungseffekt. „Durch körperliche Bewegung werden die Mitochondrien stärker aktiviert
und damit die Produktion der ROS angekurbelt", so Ristow. Parallel dazu
haben die Wissenschaftler einen Anstieg der Expression von Genen
gemessen, die regulierend auf die Insulinempfindlichkeit wirken -
allerdings nur bei denjenigen, die keine Vitaminpräparate eingenommen
hatten. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die durch Bewegung
gebildeten ROS einer Insulin-Resistenz entgegenwirken. Das bedeutet,
dass zeitweiliger oxidativer Stress durchaus eine wichtige Rolle bei
der Verhinderung von Typ-2-Diabetes mellitus spielen kann." Ein Effekt,
der jedoch durch die Einnahme von Vitamin C und E zunichte gemacht
werde. „Wir müssen sogar davon ausgehen, dass Antioxidantien das
Diabetes-Risiko eventuell erhöhen, indem sie die Bildung von ROS
verhindern", warnt der Ernährungswissenschaftler. Für Menschen, die gesundheitsbewusst leben, besteht allerdings kein
Grund zur Sorge. Der gesundheitsfördernde Effekt von frischem Obst und
Gemüse bleibe unbestritten und wesentlich sei: Vitamintabletten könnten
den Verzehr von Obst und Gemüse keinesfalls ersetzen - denn diese sind
offenbar gesund, obwohl sie Antioxidatien enthielten. WANC 12.05.09/Quelle: Ristow, M., Zarse, K., Oberbach, A., Klöting, N.,
Birringer, M., Kiehntopf, M., Stumvoll, M., Kahn, C. R., Blüher, M.:
Antioxidants Prevent Health-Promoting Effects of Physical Exercise in
Humans. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United
States of America (PNAS)





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/12_05_vitamine_freie_radikale.php
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