Fertiggerichte: Unerkannte, versteckte Salzdepots

Vom Salz in der Suppe schwärmten die
Menschen noch, als Salz ein kostbares und fast unbezahlbares Gut war.
Heute wird – allerdings billiges – Kochsalz in Mengen überall
verschwendet. Besonders in fertigen Lebensmitteln findet sich davon so
viel, dass wir insgesamt mehr als genung und gesund Salz zu uns nehmen.
Dass Kosumenten von Fertiggerichten wirklich gefährlich leben und ihre
Gesundheit aufs Spiel setzen, zeigt eine Untersuchung der
Verbraucherzentrale NRW. Das Gemeine daran: Der Salzgehalt schlummert
meist völlig unerkannt und gut versteckt in den Fertigmenues.
Wer sich regelmäßig am Genuss von fix und fertig zubereitetem Gulasch
oder Geschnetzeltem in herzhafter Sauce erfreut, nimmt mit einem
Tellergericht bereits die empfohlene Tagesmenge an Salz zu sich – so
das alarmierende Ergebnis einer Stichprobe der Verbraucherzentrale NRW.
Den Salzgehalt in Fertigmenüs für die Mikrowelle hatten die
Verbraucherschützer im August/September in verschiedenen Supermärkten
und Discountern genauer unter die Lupe genommen. Im Fokus standen 103
Tellergerichte mit Hausmannskost, deren Kalorien- und Hauptnährwerte in
einer Tabelle auf der Verpackung aufgelistet waren. Lediglich bei sechs
Packungen war ausdrücklich die Salzmenge für die jeweilige Rezeptur
angegeben. Bei 84 Menüs stießen die Tester statt auf Salz lediglich auf
den Natriumgehalt. Bei 13 Produkten suchten die Tester beides
vergebens. Innerhalb der Europäischen Union – also auch in Deutschland – muss die
Salzmenge bei verarbeiteten Lebensmitteln bislang nicht auf der
Verpackung verzeichnet werden. Stattdessen geben viele Hersteller die
Salzmenge in Form des Natriumwerts – der nur ein chemischer Bestandteil
von Kochsalz ist – auf der Packung an. Dazu sind sie jedoch nicht
verpflichtet. Fatale Crux hierbei: Wer sich über den Salzanteil im
jeweiligen Produkt informieren möchte, muss erst den Natriumwert mit
dem Faktor 2,54 multiplizieren, um den wahren Salzgehalt zu erfahren. "Nicht verbraucherfreundlich und höchst bedenklich", geißelt die
Verbraucherzentrale NRW die bisherige Praxis. Ein hoher Konsum von
Kochsalz sei Gift für den Blutdruck der Bevölkerung und erhöhe das
Risiko gefährlicher Herz- und Kreislauferkrankungen: "Mit
durchschnittlich 4,35 Gramm Salz liefert ein Tellergericht mehr als
zwei Drittel der täglichen Maximalmenge von sechs Gramm für
Erwachsene", rechnen die Verbraucherschützer vor, "tatsächlich wird
diese Menge in einigen Fällen schon beim Genuss einer Fertigmahlzeit
locker erreicht." So enthielten in der Stichprobe etwa die von TV-Koch Schuhbeck
kreierten "Nürnberger Rostbratwürstchen auf Apfelkraut" den Spitzenwert
von 7,21 Gramm an salziger Würze. Sein "Backofenleberkäse in
Bratensauce" wies gerade mal 0,2 Gramm weniger, nämlich 7,01 Gramm an
Salz auf. Eine Portion "Schweinegulasch in pikanter Sauce" der
Handelskette REWE deckte mit 6 Gramm exakt die höchstens empfohlene
Tagesmenge ab. Fertiggerichte werden von Konsumenten nicht nur wegen ihrer Rezeptur,
sondern auch mit Blick auf den Kaloriengehalt ausgewählt. In punkto
Salzmenge ist dies oftmals eine fatale Entscheidung: Bei der deftigen
Hausmannskost im Test waren die Kalorien der einzelnen Gerichte eher
niedrig, die Salzmenge hingegen viel zu hoch: bei 89 von 90
Mikrowellen-Menüs weit mehr als doppelt so hoch, in 15 Fällen übertraf
der genannte Salz- den Brennwert sogar um das Fünffache. Einzige Orientierungshilfe für Verbraucher bislang, um sich über den
Salzgehalt von Fertigmenüs zu orientieren: Neben dem Natriumgehalt wird
eine Prozentangabe genannt, diese sollte nur wenig höher liegen als die
entsprechende Prozentangabe neben den Kalorien. Produkte ganz ohne
Angaben lässt man besser gleich im Supermarktregal liegen. "Es ist für jeden Konsumenten, insbesondere jedoch für übergewichtige
und ältere Personen, wichtig, dass der Salzanteil in allen
Fertigprodukten deutlich reduziert wird. Zudem sollte dieser spezielle
Wert zusätzlich zum Natriumgehalt auch deutlich auf den Verpackungen
angegeben werden", fordert die Verbraucherzentrale NRW ein präventives
Umdenken von der Lebensmittel verarbeitenden Industrie. Auch Ökotest hat Fertiggerichte wie Tiefkühlpizza, Fertigpasta und
Doseneintopf unter die Lupe genommen. Das Testergebnis: Keines der 26
Produkte im Test können wir mit "sehr gut" bewerten. Dennoch finden
sich unter den Linseneintöpfen, Pizzen, Baguettes und Nasi Gorengs
jeweils mehrere "gute" Produkte. Besonders schlecht schneidet Lasagne
ab. Zu viele Kalorien, zu viel Salz - die Kritik, die oft an
Fertiggerichten geäußert wird, können wir nach diesem Test teilen.
Sechs Gramm Salz sollte man pro Tag maximal zu sich nehmen, rät die
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). In allen Gerichten im Test
stecken aber pro Mahlzeit bereits mehr als drei Gramm Salz, wobei die
Linseneintöpfe mit 3,6 bis 4,4 Gramm noch am sparsamsten dosiert sind. Auch im Ernährungsbericht 2008 der Deutschen Gesellschaft für Ernährung
DGE wird dargestellt, dass die Zufuhr kochsalzreicher Lebensmittel
gerade bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland unerwünscht hoch
ist. Diese Feststellung basiert auf Daten aus zwei bundesweit
durchgeführten Ernährungsstudien. In den Studien wurde neben anderen
Nährstoffen auch die Zufuhr von Natrium, das hauptsächlich in
Verbindung mit Chlorid als Kochsalz aufgenommen wird, erhoben. In der „Verzehrsstudie zur Ermittlung der Lebensmittelaufnahme von
Säuglingen und Kleinkindern“ (VELS) lag die Natriumzufuhr bei Kindern
im Alter ab 6 Monaten bis unter 5 Jahre im Mittel etwa um das Dreifache
über dem jeweiligen von der DGE angegebenen Referenzwert. Auch im
Ernährungsmodul EsKiMo des repräsentativen „Kinder- und
Jugendgesundheitssurveys“ (KiGGS) lag die bei den 6- bis unter
18-Jährigen beobachtete mittlere Natriumzufuhr erheblich über dem
Referenzwert. Der Referenzwert für die tägliche Natriumzufuhr stellt zwar lediglich
einen Schätzwert für die minimale Zufuhr dar, da wissenschaftliche
Studien zur Ableitung des Natriumbedarfs fehlen. Es wird jedoch
diskutiert, dass eine hohe Natriumzufuhr in jungen Jahren zu einer
frühen Gewöhnung an eine hohe Kochsalzaufnahme führt. Die höchste mittlere Natriumzufuhr wurde bei den 15- bis unter
18-jährigen männlichen Jugendlichen beobachtet: 4,1 g pro Tag. Dies
entspricht einer Kochsalzmenge von über 10 g, die weit über der von der
DGE als akzeptabel angesehenen täglichen Menge von 6 g liegt. Auch der
Kochsalzkonsum der 12- bis unter 15-jährigen Jungen (errechnet aus der
Natriumzufuhr) lag mit ca. 8 g pro Tag über dem Referenzwert, während
die 12- bis unter 18-jährigen Mädchen diesen nur geringfügig
überschritten. Die Daten der Nationalen Verzehrsstudie II bestätigen, dass der
Kochsalzkonsum von weiblichen Jugendlichen und Erwachsenen im
akzeptablen Bereich liegt. Die höchste mittlere Natriumzufuhr hatten
die männlichen 19- bis 24-Jährigen mit 3,7 g pro Tag, bei den 14- bis
18-jährigen Jugendlichen lag die Zufuhr bei 3,5 g pro Tag. Umgerechnet
auf den Kochsalzkonsum, lag dieser bei ca. 9 g pro Tag. Eine Zufuhr in
dieser Höhe ist hinsichtlich der Prävention von Bluthochdruck als
nachteilig zu bewerten. Deshalb fordert die DGE: “Anstrengungen zur
Senkung des Kochsalzverzehrs im Kindes- und Jugendalter sind
erforderlich.” WANC 29.10.10, Quelle: Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, DGE, Ökotest





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http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/29_10_fertiggerichte_kochsalz.php
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