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Ob Bio-Lebensmittel gesünder sind als konventionelle, das ist wissenschaftlich durchaus nicht belegt (Foto: Europäische Kommission)
> Bio-Lebensmittel: Nicht gesünder?

Biologisch hergestellte Lebensmittel
bringen der Gesundheit keine Vorteile. Das behaupten jedenfalls
britische Forscher. Dabei haben sie die antioxidative Wirkung
biologischer und konventioneller Lebensmittel verglichen. Andere
Aspekte, wie keine Verwendung von Kunstdünger, Pestiziden, Antibiotika
und mastbeschleunigenden Hormonen, wurden nicht berücksichtigt. Die
Wissenschaftler räumen ein, dass die vorliegende Studiensituation alles
andere als berückend ist.
Was haben haben Alan D. Dangour von der London School of Hygiene and
Tropical Health und seine Kollegen eigentlich gemacht? Sie haben
Studien zum Thema Bio-Lebensmittel und ihre Auswirkungen auf die
Gesundheit gesucht. Dabei haben sie sich auf besonders auf das Thema
Antioxidantien (Radikalfänger) konzentriert und versucht heraus zu
finden, ob Öko-Waren gesünder sind als konventionelle Produkte. Aus 162
vorhandenen Studien haben sie zwölf schließlich für ihre Bewertung
benutzt, weil sie den Kriterien entsprach. Allerdings merkt Dangour kritisch an, dass sowohl die Zahl wie auch die
Qualität der Studien sehr zu wünschen übrig lässt. Die Aussagekraft
aller Studien sei begrenzt und bei manchen sei der methodische Aufbau
so mangelhaft, dass sie nicht viel wert seien. So sei letztlich bisher
völlig unbewiesen, dass biologisch angebaute Lebensmittel wegen ihrer
großen Antioxidantienmenge gesund seien. Der aid infodienst
Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz e. V.
beurteilt die Situation ähnlich: „Streng wissenschaftlich gesehen lässt
es sich nicht beweisen, dass Menschen, die nur Produkte aus
ökologischem Anbau essen, gesünder sind. Dafür wären aufwändige
Langzeitstudien notwendig.“ In zahlreichen Studien seien die Gehalte an Vitaminen, Mineralstoffen
und anderen Nährstoffen von Produkten aus konventionellem und
ökologischem Anbau miteinander verglichen worden. Ein eindeutiges
Ergebnis gebe es nicht. Der aid hat dafür eine plausible Erklärung: Der
Gehalt an Nährstoffen wird von vielen Faktoren beeinflusst wird, etwa
vom Standort, der Bodenqualität, vom Wetter oder von der Sortenwahl und
Erntezeit. Das bedeutet: Von diesen Einflüssen werden alle Produkte –
in unterschiedlicher Weise - beeinflußt, da spielt die Herstellung
keine Rolle. Und gerade in Bezug auf die Antioxidantien hat der aid eine andere
Sicht der Dinge: “Da Bio-Erzeugnisse nicht durch chemische Mittel vor
Fressfeinden und Krankheitserreger geschützt sind, bilden sie mehr
Stoffe wie Antioxidantien. Zum anderen nehmen gedüngte Pflanzen mehr
Wasser auf, dadurch verdünnt sich der Gehalt an Nährstoffen.” Doch ist es das alleine? Ist es alleine wichtig ob in einem
biologischen Apfel mehr Vitamin C und mehr sekundäre
Pflanzeninhaltsstoffe enthalten sind als in einem konventionellen? Geht
es überhaupt nur um diese Begriffe, geht es nicht um mehr? Der aid rückt auch da die Bewertung ins rechte Licht: “Durch viele
Analysen ist belegt, dass Produkte aus ökologischem Anbau im Vergleich
zu konventionellen deutlich weniger Nitrat und nur selten Rückstände
chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel enthielten.” Dagegen glaubt
er, dass es kaum Unterschiede in der Belastung bei Schadstoffen wie
Schwermetallen oder schwerabbaubaren Chlorchemikalien wie DTT oder PCB
gebe. Begründung: Weil sie sich in Spuren in der ganzen Umwelt
befinden, fänden sie sich also auch in Bio-Produkten. Vor Regen,
Grundwasser und Wind gibt es eben keinen Schutz. Urs Niggli ist Leiter der 2009 veröffentlichten "Qlif-Studie" (Quality
Low Input Food). In der wurden 180 Publikationen zu Bio-Lebensmitteln
durchgeschaut. Insgesamt enthält die Bio-Ware demnach weniger
Pestizidrückstände, Schwermetalle und Pilzgifte, dafür mehr hochwertige
Fettsäuren, Vitamine, antibakteriell wirkende Pflanzenfarbstoffe und
andere als gesund geltende Stoffe. Erstaunlich. Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft ist sicherlich befangen,
was das Thema und dessen Bewertung betrifft. Dennoch sollten seine
Worte zu Denken geben: “Nährstoffgehalte und Rückstandsfreiheit sind
nicht alles, was den Gesundheitswert eines Lebensmittels ausmacht. Zur
Gesundheit des Menschen gehört, dass die von ihm gekauften Lebensmittel
umweit-, tier- und ressourcenschonend erzeugt werden. Denn individuelle
Gesundheit ist nur in einer gesunden Umwelt möglich. Der Ökologische
Landbau erzeugt Lebensmittel im Vergleich der Anbauformen besonders
umweit- und tiergerecht. Der bewusste Einkauf und Verzehr von
Bio-Lebensmitteln kann so zum Wohlbefinden des Menschen beitragen.“ WANC 26.05.10, Quelle: American Journal of Clinical Nutrition (May 12, 2010). doi:10.3945/ajcn.2010.29269
 
 
 
 
 
 
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