Dioxin in Futtermitteln: Woher kommt es nur?

Experten und Politiker rätseln. Wie
kommt Dioxin in Futtermittel? Das verunreinigte Futtermittel der Firma
Harles & Jentzsch hatte für den Skankal gesorgt, bei dem verseuchte
Eier sowie Schweine- und Hühnerfleisch in den Handel gelangten. Doch
die Quelle für die Dioxinbelastung bleibt anscheinend unklar.
Zwischendurch gab es Meldungen, die Herkunft sei geklärt, doch nun
findet das Umweltbundesamt (UBA) keine Hinweise auf mögliche Quelln in
seiner Dioxin-Datenbank. Die Verwirrung ist perfekt, der Gelackmeierte
ist mal wieder der Verbraucher.
Die Herkunft der aktuellen Dioxinbelastungen in Futtermitteln, Eiern
und Fleisch sind weiterhin noch nicht völlig geklärt: „Das
Verteilungsmuster der Dioxine, Furane und dioxin-ähnlichen PCB aus den
verunreinigten Futtermitteln stimmt mit keiner unserer Referenzproben
überein“, sagte Jochen Flasbarth, Präsident des Umweltbundesamt (UBA). Das UBA hatte die den Futtermitteln illegal zugesetzten Mischfettsäuren
mit rund 46.000 Proben aus Boden, Luft, Pflanzen und Tieren in seiner
Dioxin-Datenbank verglichen. In der Vergangenheit lieferte die
Datenbank oft schnell einen Hinweis auf die Quelle von
Dioxinverunreinigungen. Je nach Herkunft und Entstehung unterscheidet
sich das chemische Muster von Dioxinen, Furanen und dioxin-ähnlichen
Polychlorierten Biphenylen nämlich deutlich (so genannte
Kongeneren-Profile). Zwar konnte die UBA-Analyse einige Quellen wie die Metall- und
Zementindustrie definitiv ausschließen. Auch bei anderen industriellen
Quellen lässt sich ein Herkunftsnachweis der aktuellen Kontamination
nicht führen. Das kongenere Profil der Mischfettsäuren in den
verunreinigten Futtermitteln weist keinerlei Ähnlichkeiten mit
bekannten Umweltproben auf. Auch Daten zu Dioxinemissionen aus anderen
Industriebranchen lassen keine klaren Übereinstimmungen erkennen, die
auf eine industrielle Quelle hindeuten. Zum Vergleich wurden auch externe Untersuchungen zu Alt- und
Transformatorenölen herangezogen. Im Ergebnis lassen sich Ähnlichkeiten
mit dem kongeneren Profil der Mischfettsäure feststellen. Die
Datenbasis ist jedoch zu gering, um eine belastbare Aussage zu treffen.
Dennoch zeigt die Auswertung die großen Chancen einer umfassenden
Dioxin-Datenbank: „Das aktuelle Dioxin-Geschehen sollte Anlass sein,
den Datenbestand über Dioxine deutlich zu erweitern, vor allem über
Emissionen, Futtermittel, Produkte, Zubereitungen, Erzeugnisse. So
lassen sich künftig belastbarere Aussagen zur Quelle von
Verunreinigungen treffen. Das hilft, Futter- und Lebensmittel sicherer
zu machen“, forderte Flasbarth. Das Ergebnis verunsichert. Denn erst vor wenigen Tagen schien die
Herkunft geklärt. Nordrhein-Westfalens Umweltminister Johannes Remmel
hatte Frittierfett als Quelle genannt. Er hatte gesagt, dass das Dioxin
wahrscheinlich aus Vorstoffen zur Biodieselproduktion stammten. Denn
dabei würden Altfette wie Frittierfett gereinigt und destilliert. Er nahm damit bezug auf Untersuchungen des Chemischen und
Veterinäruntersuchungsamts Münster-Emscher-Lippe. Diese Untersuchungen
hatten ergeben, dass die Belastungen aus kontaminierten Industriefetten
(Altfette) stammen, die nicht für Futter- und Lebensmittelzwecke hätten
verwendet werden dürfen. Die Verbraucherorganisation foodwatch hatte die Schuld Rückständen von
Pflanzenschutzmitteln – genau genommen Rückständen einer
Pentachlorphenol-Verbindung, wie sie als Fungizid eingesetzt wird -
gegeben. Mittlerweile ist der Dioxinskandal in Brüssel angekommen. Die
Agrarminister der 27 EU-Staaten beratschlagten, wie gegen die
Futtermittel-Manipulationen vorgegangen werden soll. Die Minister
beauftragten die EU-Kommission damit, einen Gesetzesentwurf
auszuarbeiten. Darin soll beispielsweise die getrennte Lagerung von
Fetten für Industrie und Landwirtschaft vorgeschrieben werden. Die
Kontrollen sollen europaweit verschärft, ein Frühwarnsystem
eingerichtet und eine Zulassungspflicht für Hersteller von Futterfetten
durchgesetzt werden. Hintergrund: Dioxin – was ist das? Dioxin ist im allgemeinen Sprachgebrauch eine Sammelbezeichnung für
chemisch ähnlich aufgebaute chlorhaltige Dioxine und Furane. Es gibt
also nicht den Stoff Dioxin, sondern eine Gruppe der Dioxine; diese
besteht aus 75 polychlorierten Dibenzo-para-Dioxinen (PCDD) und 135
polychlorierten Dibenzofuranen (PCDF). Die in ihrer Wirkungsweise
gleichen Dioxin- ähnlichen polychlorierten Biphenyle werden heute
ebenfalls dazugezählt. Dioxine wurden nie im technischen Maßstab produziert. Sie entstehen
unerwünscht bei allen Verbrennungsprozessen in Anwesenheit von Chlor
und organischem Kohlenstoff unter bestimmten Bedingungen, etwa bei
höheren Temperaturen. Dioxin entsteht bei 300 °C und mehr und wird bei
900 °C und höher zerstört. Dioxine können auch bei Waldbränden und
Vulkanausbrüchen entstehen. Man fand Dioxine auch in etwa 200
Milllionen Jahre alten Kaolinitböden. In den 80er Jahren wurden Dioxine über dioxinverunreinigte Chemikalien,
wie Pentachlorphenol, polychlorierte Biphenyle (PCB) bestimmte
Herbizide jährlich im Kilogrammbereich in die Umwelt eingetragen. Bei
den oben genannten Temperaturen können bei diesen Stoffen zusätzlich
weitere Dioxine entstehen. Diese Stoffe sind mittlerweile durch
Verbotsverordnungen reglementiert. Für den Eintrag in die Luft war
früher die Abfall-Verbrennung die wichtigste Quelle. Dank
anspruchsvoller Grenzwerte und Technik gibt es heute praktisch keinen
Dioxinausstoß aus den Abfall-Verbrennungsanlagen mehr. Der Mensch nimmt 90-95 Prozent der Dioxine über die Nahrung auf. Nahezu
zwei Drittel dieser Aufnahme erfolgt über den Verzehr von Fleisch und
Milchprodukten. Fische sind ­- je nach Fettgehalt - vergleichsweise
hoch mit Dioxinen belastet. WANC 25.01.11, Quelle: Umweltbundesamt (UBA), SWR





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/25_01_dioxin.php
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