Nano im Essen: Unkalkulierbare Risiken

Nano – das Wort elektrisiert. Doch
nicht nur positiv, sondern häufig sehr negativ. Zu schaffen macht
vielen der Einsatz in Lebensmitteln. Obwohl diese winzigsten Teilchen
immer öfter beispielsweise in Ketchups, Gemüsebrühen oder Puderzucker
zu finden oder Träger von Geschmacks-, Farb- und Konservierungsstoffen
sind – noch weiß man sehr wenig über die gesundheitlichen Folgen dieser
Partikel. Kritiker mahnen, dass man, bevor man nicht die Risiken
erforscht habe und einschätzen könne, den Menschen nicht zum
Versuchskaninchen der Industrie machen dürfe.
Immer häufiger verwendet die Lebensmittelindustrie Nanopartikel in
ihren Produkten: Siliziumdioxid wird als Rieselhilfe in Instant-Kaffee
und Trockenpulvern eingesetzt, Titandioxid ist in Süßigkeiten und
Kaugummi enthalten und mit antibakteriellem  Nanosilber werden
Kühlschränke und Geschirr beschichtet. Doch noch können Wissenschaftler gar nicht abschätzen, wie sich die
winzigen Nanopartikel im Körper verhalten und ob sie langfristig
gefährlich sind. Erste Ergebnisse aus Tierversuchen geben Anlass zur
Vorsicht. Und selbst das Bundesinstitut für Risikoforschung (BfR) warnt
erst kürzlich explizit vor Nanosilber, das in Küchengeräten, Kosmetik
und Textilien eingesetzt wird. Bei einer Risikobewertung der Nanotechnologie im Jahre 2009 machte das
BfR aber auch auf die Bewertungsprobleme aufmerksam: “Zum gegenwärtigen
Zeitpunkt ist damit keine sinnvolle Risikobewertung aufgrund
kritischer, leicht identifizierbarer Faktoren wie z. B. der Größe,
Gestalt oder Löslichkeit möglich.“ Grundsätzlich stellt das Institut
aber fest, dass das Einatmen von Nanopartikeln die größte Gefahr
darstellt. Bei der oralen Aufnahme bewertet das BfR: „.....die These,
dass metallische Nanopartikel vom Organismus aufgenommen werden können,
wird nicht verworfen.“ Doch es gibt auch entschiedenere Warner. So stellte der Bund für Umwelt
und Naturschutz Deutschland (BUND) fest, dass im Lebensmittelbereich
nachweislich in rund einhundert zum Teil auch in Deutschland verkauften
Produkten Nanomaterialien eingesetzt werden. Die Hersteller dieser
Produkte, dabei handelt es sich neben Lebensmitteln vor allem um
Nahrungsergänzungsmittel, Küchenartikel, Verpackungen und
Agrochemikalien, verschweigen oft die Verwendung von Nanomaterialien. Zu den Firmen, die Nanopartikel für den Lebensmittelbereich herstellen,
gehören BASF und Evonik (vormals Degussa), sagt BUND. Und zeigt
Einsatzgebiete und Risiken auf: „Nanomaterialien sind z. B. in
verschiedenen Ketchups, Gemüsebrühen oder in Puderzucker enthalten, um
deren Fließ- und Rieseleigenschaften zu verbessern. In Nanogröße
verkapselte Geschmacks-, Farb- und Konservierungsstoffe werden bei der
Wurstherstellung eingesetzt, in Nanokapseln eingeschlossene
Mineralstoffe und Vitamine sollen den Nährwert von Backwaren und
Erfrischungsgetränken steigern. Zunehmend kommen außerdem
Frischhalteboxen und Kühlschränke mit antibakteriell wirkenden
Nano-Silberionen auf den Markt. Nanomaterialien halten auch Einzug in
die Landwirtschaft: Über die Anwendung in Düngern und Pestiziden können
sie in die produzierten Lebensmittel und in die Umwelt gelangen.“ Die Nanopartikel würden eingesetzt, obwohl „es eine wachsende Zahl
wissenschaftlicher Belege für mögliche Gesundheits- und Umweltgefahren
gibt“. Patricia Cameron, BUND-Expertin für Chemikalienpolitik und
Nanotechnologie: "Die mithilfe der Nanotechnologie erzeugten neuen
Stoffeigenschaften werden im Lebensmittelbereich bei immer mehr
Produkten genutzt. Die möglichen Gefahren sind jedoch kaum untersucht.
Der Gesetzgeber sieht bisher keinen Handlungsbedarf. Das
Vorsorgeprinzip muss aber für alle Technologien gelten: Wenn wir nicht
wissen, wie groß die Gefahren sind, müssen solche Anwendungen untersagt
und zuerst die Risiken umfassend untersucht werden." Zwar investiert das Bundesministerium für Bildung und Forschung in die
Risikoforschung. Aber: "Es gibt in Deutschland zu wenige Human- und
Umwelttoxikologen, die sich an solchen Projekten beteiligen können",
kritisiert Nano-Toxikologe Harald Krug von der Materialprüfungs- und
Forschungsanstalt Empa in St. Gallen im aktuellen Greenpeace Magazin.
Denn seit Jahren würden deutsche Universitäten in diesen Bereichen
Stellen abbauen. Die Dimensionen des Nanokosmos sind unvorstellbar klein: Ein Tennisball
ist im Vergleich zu einem Nanopartikel so viel größer, wie Deutschland
im Verhältnis zu einem Tennisball. Damit sind die Winzlinge kleiner als
Viren, können in Zellen eindringen und sich im gesamten Körper
verbreiten. Foto: UFZ Eisen-Nanopartikel (Aufnahme: Helmholtz Zentrum für Umweltforschung UFZ) Der Umweltausschuss des Europaparlaments kämpft derzeit für eine
Kennzeichnungspflicht von Nanopartikeln in Lebensmitteln. Die erste
Hürde - das Europaparlament - hat der Änderungsantrag bereits genommen.
Nun muss noch der Rat der Europäischen Union zustimmen. Sollte auch
diese Hürde genommen werden – was gar nicht so sicher ist, müssten
Nano-Zusätze zukünftig auf der Verpackung mit dem Vermerk "nano"
gekennzeichnet werden. WANC 08.10.10, Quelle: Greenpeace Magazin, BfR, BUND





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/08_10_nano.php
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