Logo “ohne Gentechnik”: Muster ohne Wert – zu viele Ausnahmen und Umgehungsmöglichkeiten höhlen Aussagekraft und Vertrauen aus
> „Ohne Gentechnik“: Täuschung der Verbraucher

Nach heutigem EU-Recht müssen alle
Lebensmittel, die aus gentechnisch veränderten Organismen (GVO)
bestehen, solche enthalten oder daraus hergestellt wurden, eigentlich
gekennzeichnet werden. Doch die bestehende GVO-Kennzeichnung verfehlt
dieses Informationsziel vollständig. Denn eine Studie besagt, dass die
Angabe „ohne Gentechnik“ den Verbrauche völlig verwirrt, da zahlreiche
Ausnahmen gentechnische Anwendungen in solchen Produkten dennoch
gestatten. Die GVO-Kennzeichnung lasse völlig an Wahlfreiheit und
Transparenz fehlen. Damit lasse der Gesetzgeber eine
Verbrauchertäuschung zu.
„Der Verbraucher bekommt durch die bestehende Kennzeichnung ,ohne
Gentechnik’ keine Information, die seine Wahlfreiheit bei der
Kaufentscheidung garantiert. Im Gegenteil, er wird irregeführt. Denn
ohne Gentechnik muss auch ohne Gentechnik bedeuten und nicht mit ein
bisschen Gentechnik.“ Das kritisiert Prof. Dr. Stefan Leible, Direktor
der Forschungsstelle für Lebensmittelrecht der Universität Bayreuth,
der eine Studie zur Gentechnik-Kennzeichnung von Lebensmitteln
durchgeführt hat. „Das Label ohne Gentechnik auf Lebensmitteln vermittelt den
Verbrauchern die Vorstellung, diese Produkte hätten während ihrer
Herstellung keinerlei Kontakte mit Gentechnik gehabt“, berichtet
Leible. Tatsächlich sind aber verschiedene Gentechnikanwendungen bei
Ohne-Gentechnik-Lebensmitteln gesetzlich erlaubt. Beispielsweise darf
die "ohne Gentechnik"-Kennzeichnung bei tierischen Produkten bereits
dann verwendet werden, wenn lediglich bestimmte "GVO-freie Fristen" bei
der Fütterung der Tiere eingehalten wurden. Nach den Untersuchungen von
Leible lässt der Gesetzgeber eine mögliche Verbrauchertäuschung also
ausdrücklich zu. Aus Verbrauchersicht wenig überzeugend sei aber auch die bestehende
EU-Kennzeichnung. Denn einerseits löse ein GVO-Gehalt unterhalb
bestimmter Schwellenwerte eine Kennzeichnungspflicht gar nicht erst
aus. Und andererseits führten während des Produktionsprozesses
verwandte gentechnisch hergestellte Zutaten und sonstige Stoffe von
vornherein zu keiner Kennzeichnungspflicht. Außerdem würden von der
Kennzeichnungspflicht solche Produkte nicht erfasst, die von Tieren
stammen, denen gentechnisch veränderte Futtermittel oder gentechnisch
hergestellte Tierarzneimittel verabreicht wurden. „Die fehlende EU-Kennzeichnungspflicht für derartig hergestellte
Lebensmittel erlaubt dem Verbraucher daher erst recht nicht den
Schluss, das von ihm erworbene Lebensmittel habe keinerlei Berührung
mit Gentechnik gehabt“, meint Leible. „Echte Wahlfreiheit kann also
auch die EU-Kennzeichnung nicht garantieren.“ Der Wissenschaftler kommt
daher zu dem Schluss, dass das derzeitige System der
Gentechnikkennzeichnung dringend der Überarbeitung bedarf. WANC 07.10.10, Quelle: Forschungsstelle für Lebensmittelrecht der Universität Bayreuth
 
 
 
 
 
 
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