Trinkwasser: Mit Uran belastet

Setzen Gemeinden leichtfertig die Gesundheit ihrer Bürger aufs Spiel? Es scheint so zu sein, denn in vielen Regionen weist das Leitungswasser besorgniserregende Verunreinigungen mit Uran auf. Doch die Verantwortlichen schieben Unwissenheit vor und wollen aus Angst vor hohen Kosten nicht reagieren. Das Problem: Bisher fehlt ein gesetzlich vorgeschriebener Grenzwert.

Leitungswasser ist manchen Regionen Deutschlands deutlich stärker mit dem giftigen Schwermetall Uran belastet als bisher bekannt. Eine Erhebung der Verbraucherrechtsorganisation Foodwatch hat 8.000 amtliche Einzeldaten aus den Bundesländern gesammelt: Demzufolge liegen 150 von den Behörden gemeldete Trinkwassermesswerte über dem Richtwert des Umweltbundesamtes von 10 Mikrogramm Uran pro Liter Trinkwasser.

In manchen Gemeinden wird sogar der Maßnahme(höchst)wert von 20 Mikrogramm pro Liter überschritten. Rund 800 Messwerte liegen der Erhebung zufolge über 2 Mikrogramm Uran pro Liter; dies ist bei Mineralwasser im Handel der gesetzliche Grenzwert für Säuglinge: Nur wenn die Wasser den Grenzwert von 2 Mikrogramm nicht überschreiten, dürfen sie mit der Aussage "für Säuglingsnahrung geeignet" deklariert werden.

„Schon sehr geringe Konzentrationen an Uran haben eine schädigende Wirkung auf lebenswichtige Vorgänge in der Niere", warnt der Toxikologe Hermann Kruse von der Universität Kiel. Die gesundheitliche Gefahr von Uran im Trinkwasser liegt dabei nicht in seiner vernachlässigbaren Radioaktivität, so der Toxikologe, sondern vor allem in der chemisch-toxischen Wirkung bei anhaltender Einnahme.

Nach Recherchen von Report München gehen die betroffenen Kommunen höchst unterschiedlich mit der Uran-Belastung um. Die Ostsee-Gemeinde Palmzin der Kommune Semlow in Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise hat erst durch die Nachfrage von Report von der hohen Uran-Belastung mit sehr hohen Werten von mehr als 23 Mikrogramm pro Liter Trinkwasser erfahren. Das zuständige Gesundheitsamt war zwar schon seit 2006 über die besorgniserregende Messung informiert, hatte aber seither nicht entsprechend reagiert, d.h. „dem Vorgang nicht die angemessene Aufmerksamkeit geschenkt. Dieses wurde inzwischen ausgewertet und wird so in dieser Form nicht wieder vorkommen", so der zuständige Landrat.

Andere Gemeinden versuchen durch Vermischung von Wasser aus belasteten und unbelasteten Quellen oder Schließung einzelner Brunnen den Uran-Gehalt im Trinkwasser abzusenken. In Gemeinden, in denen nach dieser Maßnahme der Richtwert von 10 Mikrogramm pro Liter immer noch überschritten wird, könnten Uran-Filter-Anlagen eingebaut werden. Doch solange der bisherige Richtwert von 10 Mikrogramm noch immer nicht zum gesetzlich verbindlichen Grenzwert erhoben ist, warten betroffene Gemeinden nicht selten ab, weil sie etwa die Kosten einer Filteranlage scheuen.

Ohne gesetzlichen Zwang sind die betroffenen Verbraucher auf den guten Willen der örtlichen Rathäuser und Wasserversorger angewiesen, damit entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden. „Es wird empfohlen dies zu tun, verlangen kann man es formal noch nicht, weil es noch keinen Grenzwert in der Trinkwasserverordnung gibt", so Prof. Herrmann Dieter vom Umweltbundesamt. „Das bedeutet aber nicht, dass der Wert von zehn überschritten werden darf, denn §6, Abs. 1 der Trinkwasserverordnung sagt ganz klar, dass Trinkwasser keinerlei Anlass zu gesundheitlicher Besorgnis bieten darf."

Das Bundesgesundheitsministerium will nach Informationen der Mitteldeutschen Zeitung jetzt einen Grenzwert für Uran im Trinkwasser festlegen. In der Folge könnte ein solcher Grenzwert auch bei Mineralwässern eingeführt werden. Gegen die Pläne des Ministeriums gibt es offenbar Widerstand aus anderen Ministerien und Teilen der Länder. „Die Gespräche zur Novellierung der Trinkwasserverordnung laufen, ob es einen Grenzwert gibt und wo er liegt, wird noch verhandelt", sagte eine Sprecherin. Mit Ergebnissen sei Ende des Jahres zu rechnen. So lieben wir sie doch unsere Politiker – immer schön im Ungefähren bleiben.

Erste Gemeinden wie zum Beispiel Hirscheid bei Bamberg in Bayern lassen sich von der Abwartehaltung nicht einschüchtern und haben bereits Filter eingebaut und so die Kontamination mit Uran auf nahezu Null gesenkt. Prof. Dieter: „Das ist auch machbar, weil die Aufbereitungsverfahren existieren. Man kann sie einbauen, sie kosten nicht die Welt."

Das Schlimme ist, dass die wenigsten Verbraucher um die bedenkliche Uranbelastung in kontaminierten Gemeinden wissen, weil die Informationspolitik der Rathäuser und Wasserversorger höchst unterschiedlich ist. Verbraucherschützer Thilo Bode sieht darin eine Verletzung der gesetzlichen Vorsorgepflicht des Staates: „Es ist absolut wichtig und notwendig, dass die Behörden von sich aus die Bürger informieren und zwar verständlich und deutlich, zum Beispiel auf der Wasserrechnung und nicht in irgendeinem Amtsblatt, das niemand liest."

WANC 05.08.08/ Quelle: Report München





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http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/05_08_leitungswasser.php
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