Die Gesundheitsgefahren der Kombination von Energydrinks und Alkohol sind noch zu wenig erforscht (Foto: andi-h / pixelio.de)
Die Gesundheitsgefahren der Kombination von Energydrinks und Alkohol sind noch zu wenig erforscht (Foto: andi-h / pixelio.de)
> Energydrinks sind sicher. Wirklich?

Die Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke (wafg), eine Interessenvertretung der Getränkewirtschaft, jubelt in einer Pressemeldung: Europäische Behörde bestätigt Sicherheit von Energydrinks. Erstaunlich, wie unterschiedlich man Studienergebnisse auslegen kann. Denn nicht nur Foodwatch liest das Dokument ganz anders: Das Gesundheitsrisiko durch Energy Drinks werde bestätigt. Dabei dreht es sich hauptsächlich um den Koffeingehalt der Drinks und wie viel davon schädlich ist. Vor allem für Kinder und Jugendliche.

Durchgeführt hat die Untersuchung die nicht ganz unumstrittene Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass Einzeldosen von bis zu 200 mg Koffein für Erwachsene - ausgenommen Schwangere - keine Gesundheitsgefahren bergen. Die Tagesdosis Koffein wird bis zu einem Wert von 400 mg als unbedenklich bewertet. Kinder (3 - 10 Jahre) und Jugendlichen (10 - 18 Jahre) sollten nicht mehr als 3 mg Koffein pro kg Körpergewicht täglich zu sich nehmen.

Was das für Kinder und Jugendliche bedeutet, hat die Vernetzungsstelle Schulverpflegung NRW ausgerechnet: "Diese Menge erreicht ein 13-jähriger Junge mit einem Körpergewicht von circa 54 Kilogramm mit 0,5 Liter (zwei Dosen) Energy Drink." Eine 250-ml-Getränkedose eines typischen Energydrinks enthält in 80 mg Koffein, in etwa so viel wie eine Tasse Filterkaffee.

Alles gar kein Problem, sagt nun die wafg. Denn das EFSA-Gutachten habe ergeben, dass in Deutschland mehr als 99% der täglichen Koffeinaufnahme bei Kindern und Jugendlichen aus dem Konsum von Schokolade, Tee, Kaffee und anderen Lebensmitteln. Nur 0,6% steuern Energydrinks dazu bei. In einer Antwort (Drucksache 18/4394, 23.3.2015) auf eine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen folgert die Bundesregierung denn auch lapidar: "Energydrinks haben demnach so gut wie keine statistische Bedeutung für die tägliche Koffeinaufnahme über alle Lebensmittel unter Kindern und Jugendlichen, Energyshots sind in dieser Hinsicht gar nicht relevant."

So kann man sich es auch leicht machen. Foodwatch konstatiert jedenfalls: "Millionen Jugendliche in Europa konsumieren allerdings regelmäßig deutlich mehr der Getränke: In fünf von 13 EU-Mitgliedstaaten, die die EFSA-Forscher untersucht hatten, nehmen Jugendliche mehr Koffein auf als empfohlen. In Deutschland gelten bis zu 6,6% der Jugendlichen als „Hochverzehrer“ und überschreiten die EFSA-Höchstmengen für Koffein. Als wesentliche Quelle für die Koffeinaufnahme unter Jugendlichen nennt die EFSA Energy Drinks."

Einige Fakten können einen wirklich verwirren. In einer früheren Untersuchung hat die EFSA folgende Erkenntnisse gesammelt: 68% der Heranwachsenden gehörten zu den Konsumenten von Energydrinks. 12% der Jugendlichen und 16% der Kinder gehören der chronischen Vieltrinker an, das bedeutet sie trinken an vier bis fünf Tagen ein oder mehr Liter eines Energydrinks. 12% der Heranwachsenden zählen zu den akuten Vieltrinker, das heißt, sie trinken bei einem Anlaß ein oder mehr Liter eines Energydrinks.

Den durchschnittlichen Anteil von Energydrinks am täglichen Koffeinkonsum bezifferte de EFSA im Durchschnitt auf 8% bei Erwachsenen, 13% bei Jugendlichen und 43% bei Kindern. Bei Vieltrinkern erhöhte sich dieser Anteil bei Erwachsenen auf 13%, bei Jugendlichen auf 16% und bei Kindern auf 48%.

Auch in der jetzt vorliegenden neuen Bewertung der EFSA bleiben ein paar Ungereimtheiten. So gibt es Hinweise, dass Enegydrinks bei sportlichen Aktivitäten Gesundheitprobleme aufwerfen können, z.B. für Herz und Kreislauf. Dazu stellt die EFSA nur fest, dass in Studien sich wiedersprechende Ergebnisse gefunden wurden. Auch dem Thema Energydrinks und Alkohol nähert sich die Studie sehr vorsichtig. Das Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) jedenfalls sieht das Problem darin, dass Jugendliche und junge Erwachsene Energy-Drinks meist schneller und in größeren Mengen trinken. Vor allem Männer im Alter zwischen 20 und 25 Jahren würden große Mengen Energy Drinks gemischt mit Alkohol konsumieren. In Diskotheken oder auf LAN-Partys mit langen Wachzeiten würden zum Beispiel innerhalb von 24 Stunden bis zu 5 Liter in Kombination mit Alkohol konsumiert. Die EFSA glaubt dagegen an eine Limitation der vorhandenen Daten und an den Effekt von Alkohol und anderen psychoaktiven Substanzen.

Überhaupt stellt sich die Frage, ob eine Diskussion um den Anteil von Energydrinks am Koffeinkonsum von Kindern weiter hilft. Der "Schweizerische Nationalfond zur Förderung der Wissenschaften (SNF)" hat eine Studie des Wissenschaftlers Reto Huber vom Kinderspital Zürich veröffentlicht. Die besagt, dass Koffein nicht nur für Kinder tabu sein sollte. Regelmäßiger Koffeinkonsum habe sogar noch im Jugendlichenalter eine schädigende Wirkung. Denn er hemme die Gehirnentwicklung.

Und noch eines. Wenn man Energydrinks vielleicht doch lieber meiden sollte, dann muss es nicht nur am Koffein liegen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt vor dem Zuckergehalt der Energiedrinks. Eine Dose enthält genauso viel Zucker wie die vergleichbare Menge Coca-Cola. Manche kommen so auf bis zu 40 Gramm Zucker pro Getränk. Ernährungswissenschaftler raten zu einer Tageshöchstdosis an Zucker bei Kindern in Abhängigkeit vom Alter zwischen 21 und 33 Gramm.

Anmerkung der Redaktion: In wie weit es daher angebracht ist, davon zu sprechen, dass Energydrinks sicher sind, das muss zwar jeder für sich selbst entscheiden - aber irgendwie bleiben Zweifel.

27.05.2015/ Quelle: European Food Safety Authority (EFSA) - Scientific Opinion on the safety of caffeine

 
 
 
 
 
 
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