Übergewicht: Werden die Folgen hochgespielt (Foto: vienna-doctor.com)?
Die Wissenschaft streitet sich, ob und
wie gefährlich Übergewicht wirklich ist. Inzwischen werden
Stimmen lauter, die glauben, das Problem werde überdramatisiert.
Die Gleichung dick gleich automatisch krank stimme eben nicht.
Fettleibigkeit kann Diabetes, hohen
Blutdruck und Herzerkrankungen auslösen. So lautet seit Jahren
der wissenschaftliche Tenor zum Problem der übergewichtigen
westlichen Gesellschaft. Genau dieser Zusammenhang wird nun jedoch
von einigen Forschern in Frage gestellt. "Das Problem der
Adipositas-Epidemie wird vollkommen übertrieben", wird
Vincent Marks von der Universität von Surrey in US-Medien
zitiert. Marks ist Teil einer Minderheit, die die Schwere der Folgen
von Übergewicht anzweifelt. "Das Ausmaß des
Adipositas-Problems, das wir im Moment sehen, ist nicht
wegzudiskutieren", entgegnet Thomas Wascher, ehemaliger
Präsident der Österreichischen Adipositas Gesellschaft.
Neben Diabetes und Herzerkrankungen
wurde Übergewicht in der Vergangenheit immer öfter für
ein erhöhtes Krebsrisiko verantwortlich gemacht. Kausale
Zusammenhänge seien nicht bewiesen, kritisieren nun einige
Wissenschaftler. Faktoren wie genetische Veranlagung, Bewegungsmangel
und Ernährung seien schwerer zu messen und würden deshalb
außer Acht gelassen. "Natürlich spielen auch andere
Faktoren eine Rolle und kein echter Experte wird das unter den Tisch
kehren", so Wascher. "Aber der kausale Zusammenhang steht
völlig außer Zweifel. Interventionsstudien zeigen, dass
das Risiko der Folgeerkrankungen nach einer Gewichtsreduktion
abnimmt."
Britische Forscher kritisieren zudem
Vorhersagen, nach denen im Jahr 2050 beinahe die Hälfte der
Bevölkerung Großbritanniens übergewichtig sein würde.
Laut Statistik habe es in den vergangenen Jahren nur geringfügige
Veränderungen gegeben. "Solche langfristigen Diagnosen
halte ich auch für Humbug", so Wascher. Die Statistik
spricht aber zumindest in Österreich eine deutliche Sprache.
"Bei der jährlichen Untersuchung der Wehrpflichtigen zeigt
sich bei Adipositas in den vergangenen elf Jahren ein Anstieg von
60 Prozent", erklärt der Mediziner.
"Die Beweise, die Adipositas mit
Diabetes und kardiovaskulären Erkrankungen verknüpfen, sind
sehr aussagekräftig", meint auch James Hill von der
Universität von Colorado. "Typ-2-Diabetes tritt bei
normalgewichtigen Menschen kaum auf." Skeptiker kritisieren,
dass übergewichtige und fettleibige Personen zu oft in einen
Topf geworfen werden. Mollig zu sein, sei noch kein gesundheitlicher
Nachteil. "Man kann sagen, ein schlanker Mensch, der sich nicht
bewegt, trägt das selbe Risiko wie ein übergewichtiger
Mensch, der sich bewegt", so Wascher.
WANC 06.03.08/pte