"Eine stabile Gewichtsreduzierung ist nur zu erreichen, wenn sich die Essgewohnheiten und der Lebensstil langfristig ändern." (Foto: Benjamin Thorn / pixelio.de)
"Eine stabile Gewichtsreduzierung ist nur zu erreichen, wenn sich die Essgewohnheiten und der Lebensstil langfristig ändern." (Foto: Benjamin Thorn / pixelio.de)
> 18 Gründe, warum Diäten scheitern

Wer hat das noch nicht versucht? Mit Hilfe einer Diät das Gewicht zu reduzieren. Und wer hat noch nicht nach der ganze Hunger-Plackerei frustriert festgestellt: Hat mal wieder nichts genützt? Warum Abnehmen mit Diäten meist nicht gelingt, hat das Institut für Ernährungspsychologie an der Universitätsmedizin Göttingen erforscht und insgesamt 18 Gründe gefunden, warum so viele Diäten scheitern.

Dr. Thomas Ellrott, Leiter des Instituts für Ernährungspsychologie (IfE) an der Universitätsmedizin Göttingen, weiß es genau: 80% der Deutschen haben bereits versucht, mit Hilfe einer Diät ihr Gewicht zu reduzieren. Und Ellrott weiß auch, was dabei herausgekommen ist: „Diäten sind als Einzelmaßnahme zum Gewichtsmanagement nur in seltenen Fällen langfristig erfolgreich.“ Der Ernährungsexperte macht den sogenannten „Jo-Jo-Effekt“ dafür verantwortlich, dass die Waage nach dem Abnehmversuch oftmals genau so viel oder sogar noch mehr Kilos anzeigt als vorher.

Als eine der Ursachen für erfolgloses Diäten hat er ermittelt, dass Abnehmwillige die Kur meist als eine zeitlich begrenzte Maßnahme ansehen. Und der Erfolg muss sich sofort einstellen, das Gewicht möglichst schnell gesenkt werden. Außerdem bewertet er viele Diäten von vornherein so aufwändig angelegt, dass sie selbst die willigsten Abnehmaspiranten nur kurzfristig durchhalten können.

Und wenn die Kilos dann endlich purzeln? Sobald das angestrebte Gewicht erreicht ist, wird die Diät beendet. Da kann Ellrott nur mit dem Kopf schütteln: „Eine stabile Gewichtsreduzierung ist nur zu erreichen, wenn sich die Essgewohnheiten und der Lebensstil (u.a. mehr körperliche Aktivität) langfristig ändern, also über die Phase der Gewichtsreduktion hinaus. Bei vielen Diäten wird dies nicht berücksichtigt.“ Dabei ist eigentlich genau das das Ziel einer Diät. Das Wort stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Lebensführung“.



Eine weitere Ursache für das Scheitern von Diäten sieht Ellrott in völlig unrealistischen Zielen, die viele Abnehmwillige sich setzen. Wer fünf Kilogramm Körpergewicht pro Woche abnehmen wolle, habe in der Regel schon verloren. Weil derartige Ziele mit hoher Wahrscheinlichkeit verfehlt werden, bricht die Motivation zusammen und die begonnenen Maßnahmen werden komplett abgebrochen, berichtet Ellrott.



Diejenigen, die Fettpolster verlieren wollen, sollten sich von dem Gedanken, dass eine „One-size-fits-all-Diät“, also „eine Diät für alle“, gebe, mit der jeder gleichermaßen erfolgreich sein könne. Mit einer bestimmten Diät könnte auch nur eine gewisse Anzahl Übergewichtiger Erfolg haben. Und auch nur dann, wenn die Diät mit Bewegung und Verhaltensänderungen gekoppelt sei. Aus Erfahrung setzt Ellrott auf  Diätkonzepte mit Verhaltensspielräumen und ohne Verbote oder absolute Gebote, weil die langfristig grundsätzlich erfolgreicher seien. So lasse sich auch die Einstellung vermeiden: „Ich habe es schon wieder nicht geschafft, jetzt ist es auch egal!“



Einen zusätzlichen Grund des Diätversagens sieht der Experte auch in der unüberschaubaren Flut von Lebensmitteln. Studien hätten gezeigt, dass eine große Vielzahl und Auswahl an Lebensmitteln einer erhöhten Kalorienaufnahme Vorschub leiste. Eine weitere Verführung liege in Großpackungen. Mehr Ware für angeblich weniger Geld sorge dafür, dass letztlich mehr Kalorien aufgenommen und nicht später durch weniger Verzehr ausgeglichen werden.  



Dafür, dass der Diätwahn erst gar nicht entstehe, könnten im übrigen schon die Eltern sorgen. Würde Essen zur Belohnung oder Bestrafung sowie als Maßnahme gegen Langeweile "missbraucht", wäre schon der Grundstein für spätere Frust- oder Stress-Esser gelegt.



Und was hat überhaupt Aussicht auf Erfolg? Dazu merkt Ellrott zuerst einmal an, dass sich ein Scheitern von Diäten nicht grundsätzlich vermeiden lasse. Beispielsweise gebe es genetische Veranlagungen, die das verhinderten. Doch die Wahrscheinlichkeit eines nachhaltigen Erfolges begünstigten: Verhaltensstrategien zur Gewichtsstabilisierung, die Kombination von Diäten mit Bewegungssteigerung und Verhaltensänderung, durch die Wahl individuell passender Diätstrategien, eine Kommunikation mit dem Arzt, die Einbeziehung des sozialen Umfelds und durch realistische Ziele sowie flexible Kontrollvorgaben.



Berliner Ärzteblatt 21.03.2013/ Quelle:  Institut für Ernährungspsychologie an der Universitätsmedizin Göttingen, MMW 2013
 
 
 
 
 
 
powered by webEdition CMS