Wir bleiben heute im Alter jünger: und zwar um 19 Jahre

Es geht um die unsere geistige Leistungsfähigkeit und unser Wohlbefinden. Die sogenannte Berliner Altersstudie hat jetzt heraus gefunden, das das Alter jünger wird, wie die Wissenschaftler es ausdrücken. Sie stellten fest, dass geistige Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden im Alter länger erhalten bleiben als noch vor 20 Jahren. Zum Lebensende hin, verlieren wir diese Vorteile aber rasant wieder.

Versuche die Veränderungen unser Lebensgewohnheiten und des medizinischen Fortschrittes und die Auswirkungen auf das Altern zu erfassen, gibt es schon einige. In Dänemark wurde die geistige Leistungsfähigkeit  über 90jähriger, die nach 1915 oder vor 1905 geboren wurden, miteinander verglichen. Die später geborenen erreichten im gleichen Alter viel bessere Ergebnisse bei geistigen Leistungstests. In Großbritannien lag das Risiko für eine Demenz der über 75jährigen im Jahr 1989/94 höher als im Vergleichszeitraum 2008/11. Und in einer Befragung, deren Ergebnisse 2013 veröffentlicht wurden, war der Anteil der 75jährigen unter den nach 1925 geborenen, die sich noch fit und gut fühlten höher als bei denjenigen, die vor 1905 geboren worden waren - und natürlich zu einem früheren Zeitpunkt befragt worden waren.

Allerdings: Es gibt auch einige Studien, die diesen Trend nicht unbedingt bestätigen. Dabei ist aber nicht ganz klar, wie es zu den Unterschieden kommt. Möglicherweise liegt das an den verschiedenen Regionen, in den gefragt wurde, oder auch an verschiedenen Einschätzungen von Wohlbefinden.

In der Berliner Altersstudie wurden Daten von 516 Berlinern (BASE I: Alter 70 -102 Jahre, 50% Frauen) in den Jahren 1990 - 93 und dann von 708 Berlinern (BASE II: Alter 61 - 88 Jahre, 51% Frauen) in den Jahren 2013 - 14 erhoben. Diese Daten wurden miteinander verglichen - und zwar vor allem die geistige Leistungsfähigkeit, die mit der gleichen Version eines Zahlen-Symbol-Tests ermittelt wurde, und das Wohlbefinden, das nach bestimmten Skalenwerten erfasst und bewertet wurde.

Bei dem Vergleich der Werte stellte sich heraus, dass die heute 75-Jährigen im Durchschnitt geistig erheblich fitter sind als die 75-Jährigen vor 20 Jahren. Zugleich zeichnet sich die Generation der heute 75-Jährigen durch höheres Wohlbefinden aus und ist insgesamt zufriedener mit ihrem Leben. So ergab der Zahlen-Symbol-Test, dass die Ergebnisse von BASE II um bis zu 80% besser lagen als in BASE I, es wurden 9,02 Elemente mehr richtig erkannt. Die Wissenschaftler ordnen das mit einer bemerkenswerten Zahl ein: Diese Verbesserung bedeutet, dass die BASE II-Teilnehmer geistig um 19,61 Jahre jünger sind, als die Teilnehmer von BASE I.  

„Die Zugewinne, die wir an kognitiver Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden in Berlin gemessen haben, sind beträchtlich und von großer Bedeutung für die Lebensqualität im Alter“, sagt dazu Ulman Lindenberger, Direktor am Forschungsbereich Entwicklungspsychologie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung (MPIB). Die Begründung dafür sehen sie in sogenannten soziokulturellen Faktoren wie dem Bildungsniveau, aber auch in der besseren körperlichen Fitness und der damit verbundenen höheren Selbstständigkeit im Alter.

Was in anderen Studien zu dem Thema allerdings beobachtet wurde, bestätigt sich auch in der Berliner Altersstudie. Es gibt einen starken Zuwachs an guten Lebensjahren. Doch zum Lebensende hin nehmen "die beobachteten positiven Effekte auf die geistige Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden am Lebensende deutlich" ab. Denis Gerstorf, Professor für Entwicklungspsychologie am Institut für Psychologie, Humboldt-Universität zu Berlin (HU), erkennt nach einem Zuwachs an guten Lebensjahren nach wie vor ein schnelles und deutliches Nachlassen der Leistungsfähigkeit und des Wohlbefindens am Lebensende.

Berliner Ärzteblatt 24.03.2015/ Quelle: Psychology and Aging





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/wohlbefinden-geistige-leistung-24-03-15.php
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