Ältere Krebspatienten: Keine optimale Behandlung mehr?

Ältere Krebspatienten sind zunehmend
unter- und fehlversorgt. Das sagen Onkologen. Die Krebsärzte beklagen,
dass ältere Patienten im Verlgeich zu jüngeren Krebspatienten weniger
lebensverlängernde Maßnahmen erhielten und auch keine
leitliniengerechte Behandlung mehr stattfinde. Den Grund sehen sie
nicht nur im klammen Gesundheitswesen, sondern auch in mangelnder
Forschung und Arztausbildung speziell für ältere Menschen. Allerdings:
Mehr Geld darf es schon sein – für die Betreuung älterer Krebspatienten
wollen die Onkologen mehr Honorar.
Neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Ansätze in der Krebsdiagnostik
und -therapie verbessern schon jetzt die Lebensqualität vieler
Krebspatienten und steigern die Überlebensraten. „Wir rechnen in den
nächsten Jahren mit einem gewaltigen Innovationsschub. So ist zum
Beispiel die Stammzellforschung ein wichtiger Hoffnungsträger, um
langfristig maßgeschneiderte Therapien für den individuellen Patienten
entwickeln zu können,“ erklärt Prof. Anthony D. Ho, Ärztlicher Direktor
der Medizinischen Klinik V des Universitätsklinikums Heidelberg. Doch die medizinischen Errungenschaften in der Onkologie bedeuten auch
eine immense Steigerung der Behandlungskosten, die deutlich größer ist
als in allen anderen Fachgebieten. Außerdem erwarten die Onkologen,
dass durch die demografische Entwicklung und die verlängerten
Überlebenszeiten bei vielen Krebserkrankungen der Kostendruck in den
nächsten Jahren zusätzlich erheblich zunehmen wird. „Für uns Onkologen
bedeutet dies, dass wir im Spannungsfeld zwischen der möglichen
Anwendung teurer Therapieverfahren und den begrenzten Ressourcen im
Gesundheitswesen zwangsläufig mehr Verantwortung übernehmen müssen“,
klagt Prof. Gerhard Ehninger, geschäftsführender Vorsitzender der DGHO.
„Auch Mediziner dürfen Kostenaspekte in der Behandlung ihrer Patienten
heute nicht mehr außer Acht lassen.“ Grundlegend wichtig sei dabei, dass bei neuen Therapieverfahren und
Medikamenten nicht einzelne Patientengruppen benachteiligt werden, ohne
dass es dafür eine medizinische Begründung gäbe. Bereits heutzutage
erhalten alte Patienten nach Aussage von Ehninger weniger
lebensverlängernde Maßnahmen, und es findet keine leitliniengerechte
Behandlung mehr statt. „Es ist untragbar, dass ältere Krebspatienten
nicht im gleichen Ausmaß wie jüngere Patienten von den aktuellen
Entwicklungen der medikamentösen Tumortherapie profitieren“, kritisiert
er. Damit scheine bereits jetzt in der geriatrischen Onkologie eine
stille Rationierung im Gang zu sein. Mehr als die Hälfte der Tumorpatienten sei bei Diagnosestellung älter
als 65 Jahre. Aufgrund der demografischen Entwicklung sei zu erwarten,
dass die Zahl der Krebserkrankungen in den nächsten 20 Jahren weiter
ansteigen wird. „Wir müssen uns den Herausforderungen in der Versorgung
älterer Patienten mit Krebserkrankungen dringend stellen“, konstatiert
Prof. Carsten Bokemeyer, Vorsitzender des interdisziplinären
Arbeitskreises Geriatrische Onkologie der DGHO, der Deutschen
Gesellschaft für Geriatrie und der Arbeitsgemeinschaft Internistische
Onkologie der Deutschen Krebsgesellschaft. Bislang wurde es versäumt, so der Experte, umfassende klinische Studien
mit älteren Tumorpatienten durchzuführen, so dass es für ältere
Krebspatienten nur wenige gesicherte Erkenntnisse über die spezifischen
Behandlungs- und Therapiestandards gebe. Aus diesem Grund hat der
Arbeitskreis Geriatrische Onkologie anhand der verfügbaren Daten
Therapieempfehlungen zur Behandlung älterer Patienten mit verschiedenen
Tumorentitäten formuliert, zum Beispiel für das Kolon- und das
Bronchialkarzinom. Zunehmend werde in Studien für ältere Patienten ein
geriatrisch-onkologisches Assessment durchgeführt, um die
Therapiefähigkeit von Patienten besser zu beurteilen. „Als gegenwärtig
wichtigstes Projekt werten wir die Daten von über 3.000 älteren
Krebspatienten in der realen Behandlungssituation aus und vergleichen,
wie gut die Einschätzung des Arztes, die Erwartungen des Patienten und
das erzielte Therapieergebnis am Ende übereinstimmen“, berichtet
Bokemeyer. Laut Dr. Friedrich Overkamp, DGHO-Vorstandsmitglied und
niedergelassenem Onkologen, wurden geriatrisch-onkologische Patienten
lange in der medizinischen Ausbildung vernachlässigt. Dabei stellten
ältere Tumorpatienten besonders hohe Anforderungen an die Qualifikation
der Fachärzte. Im Praxisalltag zeige sich, dass über 70-jährige
Patienten oft das Thema Krankheit und Krebserkrankung im Besonderen
tabuisieren. Gerade hier seien regelmäßige, intensive ärztliche
Gespräche wichtig, was aber im Behandlungsalltag noch zu häufig
vernachlässigt werde. Zudem sei es notwendig, diese Patientengruppe wegen bestehender
Komorbiditäten, etwaiger Arzneimittelinteraktionen und schlechterer
Compliance engmaschiger zu betreuen. „Letzteres ist nur durch geschulte
und zeitintensive Kommunikation mit einem wachsamen behandelnden
Onkologen zu lösen“, meint Overkamp. Aber das ist natürlich nur zu
machen, wenn sich das „in der Vergütung der Ärzte abbilden könne“.
Overkamp schlägt darüber hinaus Schulungen für Patienten vor, um die
Therapietreue zu verbessern: „Die Onkologie kann hier von anderen
Bereichen der Inneren Medizin lernen, in denen Patienten mit
chronischen Erkrankungen schon heute an umfangreichen Schulungen
teilnehmen können“. WANC 05.10.09/ Quelle: DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/05_10_krebs_behandlung.php
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