Stress im Mutterleib lässt Kinder schneller altern

Viele Weichen, wie die Gesundheit eines Menschen später
einmal sein wird, werden schon im Stadium des Ungeborenen gestellt. So wirken
sich Erkrankungen, aber auch bestimmte Verhaltensmuster während der
Schwangerschaft von der Mutter auf den Fötus aus. Beispielsweise verzögert und
stört eine Schlankheitsdiät der Schwangeren die Gehirnentwicklung des
ungeborenen Kindes. Neurologen haben erforscht, dass sich Stressfaktoren vor
der Geburt auf die Alterung des Gehirns und dessen Anfälligkeit für
altersassoziierte Erkrankungen wie Demenz oder Schlaganfall auswirken. Doch wie
weit derartige Einflüsse die Verarbeitung von Stresssignalen im Gehirn des
Kindes langfristig verändern, das wird jetzt untersucht. Dabei sollen auch
Therapie gefunden werden, um diesen Veränderungen therapeutisch
entgegenzuwirken.


Zeichnet sich bei einer Schwangeren eine drohende Frühgeburt
ab, so erhält sie häufig Glucocorticoide, um die Reifung der Lunge des Babys zu
beschleunigen. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass das Baby atmen kann, wenn
es doch zu früh ins Leben starten muss. Doch welche anderen Auswirkungen hat
die Gabe dieser Stresshormone, zu denen auch das Kortisol gehört, für die Gesundheit
im späteren Leben? „Wir wissen, dass diese Kinder später weniger stresstolerant
sind und sich schlechter konzentrieren können als Alterskameraden, deren Mütter
keine Glucocorticoide erhielten“, weiß Professor Matthias Schwab von der
Universität Jena.

Doch die Auswirkungen sind noch weitreichender. „Die
Regulierung der Stresssignale wird nachhaltig gestört, was möglicherweise zur
vorzeitigen Alterung insbesondere des Hirns beiträgt“, erklärt der Neurologe.
Die Untersuchungen belegen, dass auch Stress, wie ihn jede Schwangere erleben
kann, die Hirnentwicklung beim Ungeborenen stört. Solche Stresssituationen
können etwa bei psychischer Belastung oder bei moderater Mangelernährung
auftreten, z.B. durch zu wenig Nahrungsaufnahme der Mutter oder eine
Plazentastörung, die bei älteren Schwangeren nicht ungewöhnlich ist. Und auch
bei Herz-Kreislaufsystem und Stoffwechsel scheint der mütterliche Stress die
Weichen für ein erhöhtes Krankheitsrisiko zu stellen, für Bluthochdruck und
Diabetes mellitus beispielsweise.

Das Ausmaß dieser Prozesse, ihre Mechanismen und die Folgen für
Alterserkrankungen wie Schlaganfall, Depression oder kognitive Störungen sind
allerdings noch nicht vollständig erforscht. Das wollen die Neurologen des Universitätsklinikums
Jena jetzt systematisch untersuchen. Dabei wollen sie nach den
Schwangerschaftsabschnitten suchen, in denen das sich entwickelnde Gehirn
besonders empfindlich auf Stress reagiert. Und sie werden versuchen, mit
pharmakologischen Wirkstoffen gegen die erhöhte Stressempfindlichkeit und die
daraus resultierende größere Anfälligkeit für Alterserkrankungen vorzugehen.

wanc 08.03.2012/ Quelle: Universitätsklinikum Jena





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/schwangerschaft/schwangerschaft_altern_08_03_12.php
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