Unerfüllter Kinderwunsch – ist die Schilddrüse schuld?

Erkrankungen der Schilddrüse verlaufen
häufig unbemerkt. Während der Schwangerschaft gefährden sie die
Gesundheit des Babys - wenn es überhaupt zu einer Schwangerschaft
kommt. Denn Unter- und Überfunktion der Schilddrüse sind eine häufige
Ursache für einen unerfüllten Kinderwunsch.
Ohne genügend Schilddrüsenhormone ist eine normale kindliche
Entwicklung nicht möglich, betont Prof. Roland Gärtner von der
Universität München. In den ersten Schwangerschaftswochen ist das Kind
sogar ganz auf die Hormone der Mutter angewiesen. Ihre Schilddrüse muss
bis zu 50 Prozent mehr Hormone bilden, wofür sie ausreichend mit Jod
versorgt werden muss. Beim Mangel kommt es zum Kropf, der früher in Jodmangelgebieten wie
Bayern sehr häufig war. Ein enges Kropfband – Teil der traditionellen
bayerischen Tracht - war ein sicheres Schwangerschaftszeichen, erinnert
sich Gärtner. Heute nehmen 80 Prozent aller Schwangeren in Bayern
Jodtabletten (meist kombiniert mit Folsäure) ein, und ein Kropf ist
auch in der Schwangerschaft selten geworden. Dennoch ist eine Unterversorgung des Kindes im Bauch der Mutter
möglich. Die Ursache ist dann häufig die Thyreoiditis, eine durch das
Immunsystem ausgelöste Entzündung der Schilddrüse. Es bildet sogenannte
Autoantikörper, die Zellen der Schilddrüse angreifen und zerstören.
Laut Gärtner hat jede sechste Frau eine Veranlagung für diese
Autoimmunthyreoiditis, bei bis zu zehn Prozent kommt es tatsächlich zur
Bildung von Autoantikörpern. Die jungen Frauen spüren in der Regel nichts. Die
Schilddrüsenunterfunktion ist milde. Für die Versorgung der Mutter sind
genügend Hormone vorhanden. Bei einer Schwangerschaft ist die Drüse
dann aber rasch überfordert. Eine mögliche Folge ist eine Fehlgeburt.
Etwa 30 Prozent aller Schwangerschaften enden in einer Fehlgeburt. Oft gehe das Kind sehr früh verloren. Nur ein Drittel der Frauen
bemerke dies überhaupt. Frauen mit Autoimmunthyreoiditis haben ein
deutlich erhöhtes Fehlgeburtrisiko, weiß der Schilddrüsenexperte: Bei
nicht erfülltem Kinderwunsch sollte deshalb immer untersucht werden, ob
eine Autoimmunthyreoiditis oder eine andere Störung der
Schilddrüsenfunktion vorliegt. Fallen die Tests positiv aus, kann eine
Behandlung mit Schilddrüsenhormonen eine Schwangerschaft ermöglichen. Aber auch eine Überproduktion von Schilddrüsenhormonen kann eine
Schwangerschaft verhindern. Bei diesen Frauen müssen Ärzte die
Hormonproduktion bremsen, auch wenn die Frauen bereits schwanger sind.
Denn ebenso wie ein Hormonmangel, kann auch eine Überproduktion der
Entwicklung des Kindes schweren Schaden zufügen. Am häufigsten ist die Überproduktion während der ersten
Schwangerschaftswochen. Auslöser ist dann häufig das Hormon HCG, das
vom Mutterkuchen, der Plazenta, gebildet wird. Es steigert bei der
Mutter die Produktion der Schilddrüsenhormone. Eine sinnvolle
Einrichtung der Natur, da das Kind ja auf die Hormone der Mutter
angewiesen ist. Gelegentlich wird aber zu viel Schilddrüsenhormon
gebildet. Besonders groß ist das Risiko wenn die Plazenta doppelt
vorhanden ist, weil die Frau Zwillinge bekommt. Im Verlauf der Schwangerschaft sinkt die Hormonproduktion meistens
wieder. Gärtner sagt, dass die Therapie sehr vorsichtig sein müsse.
Eine Unterversorgung des Kindes müsse unbedingt vermieden werden.
Regelmäßige Hormonchecks der Mutter sind Pflicht. Aber geht es der
Mutter gut, ist auch das Kind gesund. Noch nach der Geburt können Störungen an der Schilddrüse auftreten. Bis
zu acht Prozent der Frauen erleiden eine dann eine
Postpartum-Thyreoiditis. Die Entzündung der Schilddrüse führt entweder
zu einer Überproduktion oder zu einem Hormonmangel – oder zu einem
Wechsel beider Funktionsstörungen. Gärtner empfiehlt, dass Frauen mit
Schilddrüsenproblemen nach der Geburt noch ein Jahr lang betreut werden. WANC 29.01.09, Quelle: Gärtner, R.: Schilddrüsenerkrankungen in der
Schwangerschaft. Deutsche Medizinische Wochenschrift 2009; 134 (3): S.
83-86





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/schwangerschaft/29_01_kinderlos_schilddruese.php
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