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Lärm beeinträchtigt bei Kindern Hörfähigkeit und Gesundheit (Foto: Stock photo)
> Lärm macht Kinder krank
Lärm beeinträchtigt bei Kindern nicht
nur die Hörfähigkeit. Die Gesundheit von Kindern leidet unter ständigem
Lärm. Vor allem das Herz-Kreislauf-System ist davon betroffen. Lärm
wirkt sich auf den Stoffwechsel und das Nervensystem. Folgen sind
Schlafstörungen, Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit,
Konzentrationsprobleme und ein erhöhtes Unfallrisiko.
Der Alltag gibt den Kindern permanent etwas auf die Ohren.
Untersuchungen des Umweltbundesamtes (UBA) zur Lärmbelästigung und zu
Lärmwirkungen bei 1.084 Kindern im Alter von acht bis 14 Jahren zeigen:
Jedes achte Kind weist eine auffällige Minderung der Hörfähigkeit auf.
Jedes sechste Kind wohnt an stark befahrenen Haupt- oder
Durchgangsstraßen, wobei bei fast zwei Dritteln davon das Kinderzimmer
zur Straße ausgerichtet ist. Letztere Gruppe hatte andeutungsweise im
Mittel einen leicht erhöhten Blutdruck. Jedes sechste der 11- bis
14-jährigen Kinder fühlt sich tags und jedes zwölfte nachts durch
Straßenverkehrslärm belästigt. Kinder aus Familien mit niedrigem
Sozialstatus sind insgesamt stärker betroffen. „Wir sollten uns bewusst werden, dass wir in einer zu lauten Welt
leben. Lärm ist ein Stressfaktor für Erwachsene wie auch für Kinder.
Hohe Schallpegel führen zu Gehörschäden, die sich über das gesamte
Leben hinweg summieren. Deshalb müssen wir besonders Kinder und
Jugendliche vor Lärm schützen“, warnte Dr. Thomas Holzmann,
Vizepräsident des UBA. Wie der Kinder-Umwelt-Survey des UBA ergibt, weisen 12,8 Prozent der
Kinder bei hohen und mittleren Tönen (Frequenzbereich 1-6 kHz) eine
auffällige Hörminderung von mehr als 20 Dezibel (dB) auf mindestens
einem Ohr auf. Betrachtet man nur die Tonhöhen, bei denen sich
lärmbedingte Hörverluste vornehmlich zeigen (Frequenzbereich 4-6 kHz),
so sind es 10,6 Prozent. Jungen hören bei diesen Testtönen schlechter
als Mädchen. 11,4 Prozent der Kinder berichten über vorübergehende Ohrgeräusche
(Tinnitus) nach dem Hören lauter Musik. Ein direkter Zusammenhang
zwischen den Fragebogenangaben zur Benutzung von Musikabspielgeräten
mit Kopfhörern (etwa MP3-Player) und der Hörfähigkeit wurde bei den
noch jungen Kindern jedoch nicht festgestellt. 44,6 Prozent der 8- bis
10-Jährigen und 70,3 Prozent der 11- bis 14-Jährigen hören Musik mit
solchen Geräten. Bei letzterer Altersgruppe beträgt die
durchschnittliche Hördauer eine halbe Stunde pro Tag; fünf Prozent von
ihnen hören immerhin täglich mindestens zwei Stunden Musik über
Kopfhörer. 23,5 Prozent der Gerätebenutzer geben an, die Musik laut zu
hören, wobei 11,4 Prozent von ihnen den Lautstärkeregler immer am
oberen Anschlag haben. Kinder mit niedrigem Sozialstatus benutzen die
Geräte länger und hören lauter. 16,5 Prozent der Kinder wohnen an stark befahrenen Haupt- oder
Durchgangsstraßen. Bei Familien mit niedrigem Sozialstatus ist das
häufiger der Fall. Insgesamt ist das Kinderzimmer bei rund der Hälfte
der Kinder (47,7 Prozent) zur Straße hin ausgerichtet; bei Kindern mit
Wohnungen an lauten Straßen jedoch häufiger (61 Prozent). Von den 8-
bis 10-Jährigen fühlen sich 7,3 Prozent tags und 6,8 Prozent nachts
durch Straßenverkehrslärm belästigt. Bei den 11- bis 14-Jährigen liegen
die Anteile etwas höher (16,4 und 7,9 Prozent). Im Vergleich zu
repräsentativen Untersuchungen bei Erwachsenen sind die Kinder
insgesamt jedoch weniger durch Straßenverkehrslärm belästigt. Lärm wirkt sich aber nicht nur auf die Hörfähigkeit aus. Die
gesundheitlichen Folgen sind weitreichender. Zusammenhänge zwischen
Umweltlärm (Straßen- und Flug- verkehr) und Bluthochdruck sowie ischämische Herzkrankheiten (besonders
Herzinfarkt) in Sinne eines erhöhten Kerz-Kreislaufrisikos bei
stärkerer Lärmbelastung bestehen bei Erwachsenen. Die gesundheitlichen
Auswirkungen von Lärm stellen sich allerdings erst im fortgeschrittenen
Alter und nach jahrelangem Ausgesetztsein ein. Die Folgen für Kinder sind in wissenschaftlichen Studien deshalb nicht
einheitlich. In einigen wurden im Mittel höhere systolische und/oder
diastolische Blutdruckwerte bei stärker lärmbelasteten Kindern
gefunden, die zum Teil auch bedeutend waren. Die mittleren
Blutdruckunterschiede lagen zumeist in der Größenordnung von 1-5 mmHg.
In anderen Studien deuteten sich keine Zusammenhänge in Richtung eines
höheren Blutdrucks bei stärker lärmbelasteten Kindern an. In neueren
Studien war eher der systolische Blutdruck betroffen, und der
Blutdruckunterschied zwischen den Belastungsgruppen war geringer als in
älteren Untersuchungen. Wie sich diese Veränderungen im Alter auswirken
ist bisher nicht untersucht. Allerdings betont das UBA, dass der
Blutdruck im Kindesalter grundsätzlich einen Prädiktor für den
Blutdruck im höheren Alter darstellt. Lärm fördert den Ausstoß von Stresshormonen. Bei Kindern aus stärker
lärmbelasteten Schulen oder Wohngebieten wurde diese Folge auch
beobachtet. Allerdings sind diese Zusammenhänge nicht eindeutig. Das
UBA führt das auf Probleme bei der Messtechnik sowie die starke
Abhängigkeit der Cortikosteroide vom cirvadianen (täglich) und
circaseptanen (wöchentlichen) Ausscheidungsrhythmus zurück. WANC 29.04.09/Quelle: Kinder-Umwelt-Survey, UBA
 
 
 
 
 
 
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