ADHS: Immer mehr Kinder bekommen Pillen

Medikamente gegen die
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) werden so viel
verschrieben wie noch nie. Aufgrund einer aktuellen Studie der DAK
erhalten 4,2 Prozent der Kinder zwischen sechs und 18 Jahren entweder
Methylphenidat oder Atomoxetin. Umstritten ist, ob wirklich so viele
Kinder Medikamente gegen das Zappelphillipp-Syndrom einnehmen müssen.
Bei den versicherten Kindern der DAK erhält derzeit jedes 24. Kind
Medikamente gegen ADHS. Die Anzahl dieser Medikamentenverordnungen ist
bundesweit im Vergleich zum Vorjahr um 4,1% angestiegen. Dabei gibt es durchaus regionale Unterschiede. In Nordrhein-Westfalen
hat im vergangenen Jahr im Schnitt fast ein Kind je Schulklasse
regelmäßig Pillen gegen ADHS geschluckt. Das sind 3,1 Prozent der
Kinder sei 2008 – oder etwa jedes 32. Kind. Die Anzahl der Verordnungen
stieg um 4,8 Prozent. In Baden-Württemberg sind es sogar 8 Prozent
mehr. Jungen werden nach DAK-Angaben viermal so häufig behandelt wie
Mädchen. Wegen möglicher Nebenwirkungen und Fehlverordnungen ist die Zulassung
für Methylphenidat durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte (BfArM) jetzt eingeschränkt worden. Damit reagierte das
Institut auf eine Entscheidung der Europäischen Kommission. Unter
anderem muss die Behandlung unter Aufsicht eines Spezialisten für
Verhaltensstörungen erfolgen. Blutdruck, Körpergröße und Gewicht sollen
zudem regelmäßig kontrolliert werden. „Im Zusammenhang mit Methylphenidat sind Nebenwirkungen wie verstärkte
Reizbarkeit, Hypertonie und Wachstumshemmungen bekannt geworden.
Deshalb begrüßen wir, dass das BfArM die Verschreibung an bestimmte
Kriterien gekoppelt hat“, sagt DAK-Landeschef Hans-Werner Veen. Zur
Untersuchung von Langzeiteffekten seien klinische Studien angeordnet
worden. Auch das NRW-Gesundheitsministerium weist in seinem
ADHS-Behandlungswegweiser darauf hin, dass die Entscheidung zur
medikmentösen Therapie nur von erfahrenen Fachärzten getroffen werden
dürfe. Hierbei müsse die Aufklärung über die Wirkungsweise, mögliche
Nebenwirkungen und die Dosierung im Vorfeld geschehen. Das Ministerium
vertritt außerdem die Auffassung, eine alleinige medikamentöse Therapie
sei nicht zu empfehlen. Ob überhaupt in einem solchen Umfang Medikamente verschrieben werden
müssen, wird von vielen – auch Ärzten – stark in Frage gestellt.
Kritiker merken an, dass es zwar Fälle gebe, in denen Medikamente
durchaus helfen können. Aber Eltern, Lehrer und Ärzte machten es sich
mit der Diagnose ADHS oft zu leicht, befand Prof. Marianne
Leuzinger-Bohleber, Sigmund-Freud-Institut, Frankfurt. Wenn Kinder
zappelig, unkonzentriert oder aggressiv seien, könne das ganz
verschiedene Ursachen haben. Medikamente würden das nur verdecken. Wer
schwierige Kinder ausschließlich medikamentös behandle, verpasse die
Chance, herauszufinden, woran es wirklich liege und damit einen Weg zu
finden, dem Kind dauerhaft zu helfen. Eine Frankfurter Studie habe
ergeben, dass psychosoziale und psychoanalytische Angebote auch ohne
Medikamente zu einem bedeutsamen Rückgang von Aggression, Ängstlichkeit
und Hyperaktivität führen könnten, vor allem bei Mädchen. Die ADHS ist laut adhs.ch gekennzeichnet durch “behindernd stark
ausgeprägte und seit der Kindheit bestehende Störungen der
Konzentrationsfähigkeit, der Planungs- und Handlungskontrolle, durch
Störungen der Impulskontrolle sowie in zahlreichen (aber nicht in
allen) Fällen durch motorische Hyperaktivität. Unter der Diagnose ADHS
verbergen sich wahrscheinlich mehrere unterschiedliche Erkrankungen.
Die Ursachen- und Therapieforschung laufen weltweit auf Hochtouren. Die
ADHS stellt eine ernsthafte Beeinträchtigung dar: Sie kann bei Kindern,
Jugendlichen und Erwachsenen Lern- und Verhaltensstörungen hervorrufen
und zu Depressionen, Angststörungen, Suchtproblemen und anderen
psychischen Erkrankungen führen”. WANC 10.12.09/ Quelle: DAK, ADD, wireltern.eu





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/kind/10_12_adhs.php
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