Neurologische Erkrankungen: Mangelernährung droht

Patienten mit einer neurologischen Erkrankung haben aufgrund ihres Krankheitsbildes  erhebliche Schwierigkeiten, sich richtig zu ernähren. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) warnt davor, dass deshalb ein erhöhtes Risiko für Mangel- und Unterernährung besteht.  


Das Problem einer neurologischen Erkrankung ist weit verbreitet. Laut dem European Brain Council leiden 220,7 Millionen Menschen in Europa an mindestens einer dieser Erkrankungen (die zehn häufigsten sind laut der Deutschen Gesellschaft für Neurologie - DGN: Schlaganfall, Hirnblutungen, Schädel-Hirn-Trauma, Parkinson, Multiple Sklerose, Hirnhautentzündung, Epilepsie, Kopfschmerzen und Migräne, Polyneuropathie, Gehirntumore). Diesen Patienten fällt es schwer, eine adäquate Ernährung sicher zu stellen. Das liegt häufig daran, dass viele neurologische Erkrankungen mit Schluckstörungen einher gehen.


„Vor allem bei Schlaganfall-Patienten, aber auch bei Patienten mit Morbus Parkinson, Multiple Sklerose und Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) sind Schluckstörungen ein häufig auftretendes Problem“, sagt Dr. Frank Jochum, Präsident der DGEM und Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Evangelischen Waldkrankenhauses Spandau sowie Chefarzt der Klinik für Neugeborenenmedizin des Martin-Luther-Krankenhauses in Berlin-Wilmersdorf. Schluckstörungen könnten aber nicht nur eine unzureichende Ernährung bewirken, sondern aufgrund des Aspirationsrisikos (Eindringen von Flüssigkeiten in die Atemwege) auch zu lebensbedrohlichen Lungenentzündungen führen. Daneben könnte Schmerzen, Appetitlosigkeit – beispielsweise durch die Einnahme bestimmter Medikamente – oder Einschränkungen im Bewegungsapparat die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme der Patienten zunehmend erschweren.


Bei unzureichender Nahrungsaufnahme könne es in der Folge zu einer Mangelernährung kommen. „Patienten mit neurologischen Erkrankungen sind einem erhöhten Risiko für Mikronährstoffmangel und Dehydration ausgesetzt“, erklärt Professor Dr. med. Stephan C. Bischoff, geschäftsführende Direktor des Instituts für Ernährungsmedizin der Universität Hohenheim. „Sie verlieren Gewicht und bauen Muskulatur ab, was wiederum zu Einschränkungen in der Beweglichkeit und Selbstständigkeit führt.“ Energie- und Nährstoffmangel können zudem Heilungsprozesse beeinflussen: Bei den Patienten kommt es häufiger zu Behandlungskomplikationen, sie liegen länger im Krankenhaus, haben eine schlechtere Lebensqualität und ein höheres Sterberisiko.


In der Kinder- und Jugendmedizin ist die Gruppe der Patienten mit neurologischen Erkrankungen die mit dem schlechtesten Ernährungsstatus. Erklärt Jochum: „Je nach untersuchter Patientengruppe waren bis zu 68 Prozent der neurologisch erkrankten Kinder mangelernährt. Das ist vor allem deshalb kritisch, weil sich die jungen Patienten noch in der Wachstumsphase befinden und somit für Wachstumsstörungen, verminderte Gehirnentwicklung und andere Folgen der Mangelernährung besonders anfällig sind.“ 


Damit bei einem unzureichenden Ernährungszustand schnell eingegriffen werden kann, sollten behandelnde Ärzte den Ernährungsstatus ihrer Patienten regelmäßig prüfen und bewerten. So könnten eventuelle Mangelerscheinungen frühzeitig entdeckt und ihnen entgegengewirkt werden. Denn manche Patienten würden beispielsweise gar nicht bemerken, dass sie an Schluckstörungen leiden. Deshalb sei es umso wichtiger, dass danach gezielt untersucht werde. 


Als Behandlungsmöglichkeiten bei Mangelernährung kommt eine Erhöhung der Nährstoffzufuhr in Frage. „Je nach Krankheitsbild und Symptomatik können die Speisen zusätzlich angereichert und in ihrer Beschaffenheit und Textur angepasst werden, zum Beispiel in Form von Trinknahrung. Neurologische Erkrankungen wie Schlaganfall oder ALS machen häufig eine Ernährung mithilfe einer Sonde notwendig. Eine künstliche Ernährung wird erst dann in Erwägung gezogen, wenn eine Sondenernährung nicht mehr möglich ist,“ weiß Jochum.


29.10.2018 cs / Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin e.V. (DGEM)





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/magnelernaehrung-neurologie-29-10-2018.php
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