> Kann die Ernährung Depressionen vertreiben?

Studien stellen durchaus einen Zusammenhang zwischen Übergewicht bzw. Adipositas auf der einen und Depressionen auf der anderen Seite her. Oder anders ausgedrückt: Wer übergewichtig ist neigt auch eher zu einer sogenannten Major Depression, einer schweren Depression. Nun betonen Mediziner Hinweise, dass es anscheinend auch eine Abhängigkeit zwischen der Ernährung und der Schwere der Depressionen geben könnte. Doch zwei neue Studien bestätigen diese Ansicht nicht.

Seit einigen Jahren haben Wissenschaftler ein neues Forschungsfeld entdeckt: Sie wollen heraus finden, ob die Ernährung die geistige Gesundheit beeinflußt. Insbesondere jagen sie Erkenntnissen nach, ob eine spezielle Diät die Behandlung von Depressiven unterstützen kann. Und es gibt einige Analysen von verschiedenen Studien, die bestätigten, dass Veränderungen der Ernährung depressive Symptome reduzieren können.

Diese Untersuchungen tragen allerdings ein Manko, wie der australische Arzt Dr. Michael Berk von der Deakin Universität in Australien einwendet. Sie wurden an Patienten mit leichten depressiven Störungen oder sogar gesunden Menschen durchgeführt. Ob diese Daten wirklich aussagekräftig sind?

Jetzt liegen zwei Studien vor, die dieses Therapiefeld untersuchen. In der einen haben Mediziner aus den Niederlanden, Spanien, Großbritannien und Deutschland 1025 Patienten mit Übergewicht (durchschnittlicher BMI 31,4) und einem Durchschnittsalter von 46,5 Jahren sowie diagnostizierten depressiven Symptomen ein Jahr lang unterschiedlich behandelt. Die erste Gruppe erhielt ein sogenanntes Placebo (Pille ohne Wirkstoff) ohne eine zusätzliche psychologische Beratung, die zweite das Placebo mit Beratung, die dritte Nahrungsergänzungsmittel (Omega-3-Fettsäuren, Selen, Folsäure, Vitamin D3, Kalzium) ohne Beratung und die vierte Nahrungsergänzungsmittel mit psychologischer Beratung.

Innerhalb der Behandlungszeit erkrankten in Gruppe eins 9,7%, in Gruppe zwei 10,2%, in Gruppe drei 12,5% und in Gruppe vier 8,6% der Patienten an einer Major Depression. Auch wenn sich rein rechnerisch die Nahrungsergänzungsmittel plus der Beratung als am wirkungsvollsten erwies, kommen die Wissenschaftler doch zu dem Ergebnis, dass die Unterschiede so gering sind, dass man keiner der Therapien eigentlich einen Vorzug geben kann.

In einer zweiten Studie wurden 409 Patienten mit starkem Übergewicht (durchschnittlicher BMI 36,7) und Depressionen entweder mit einer Beratung, zusätzlich einem Aktivierungsprogramm, das Ernährungs- und Bewegungskompenenten enthält, sowie der notwendigen Medikation (Gruppe 1) behandelt oder „nur“ durch eine reguläre Therapie (Gruppe 2).

Nach einem Jahr hatte sich das Gewicht in der Gruppe 1 gegenüber der Gruppe 2 ganz leicht vermindert: auf einen BMI von 35,9, während er in der Gruppe 2 bei 36,6 verharrte. Bezogen auf die Schwere der Depressionen ging auf dem SCL-20-Score, das ist eine Maßeinheit, mit der die Schwere von Depressionen bewertet werden, in der Gruppe 1 von 1,5 auf 1,1 zurück, in Gruppe 2 nur von 1,5 auf 1,4.

Während die Ärzte, die diese Untersuchung durchgeführt haben, das als einen Erfolg bewerten und von signifikanten Verbesserungen beim Gewicht und der Schwere der depressiven Symptome sprechen, sehen das andere etwas anders. In einer kritischen Würdigung der Studie im Deutschen Ärzteblatt heißt es dazu, dass die Ergebnisse letztlich „wohl ohne klinische Bedeutung“ sind.

12.3.2019 cs / Quelle: JAMA

 
 
 
 
 
 
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