> Depressionen machen Schmerzen heftiger
Wer unter Depressionen leidet, empfindet Schmerzen häufig viel heftiger, als jemand, der keine Depressionen hat. Eine Depression verändert sowohl die Verarbeitung von Schmerzimpulsen als auch das Schmerzempfinden. Warum das so ist? Die Verarbeitung von emotionalen Stimmungen und die von körperlichem Schmerz findet zum Teil in den gleichen Regionen im Gehirn statt und außerdem sind die gleichen Neurotransmitter zuständig. Der Nutzen dieser Erkenntnis: Sie gibt einen Hinweis auf neue Therapien, mit denen Schmerzen und Depression gleichzeitig behandelt werden können.

Eine Gruppe italienischer Forscher verglich die Schmerzschwelle sowie die Schmerztoleranz von 25 Patienten mit neu diagnostizierter und noch unbehandelter hochgradiger Depression mit den Werten einer gesunden Kontrollgruppe. 80% von ihnen berichteten von Muskel-, Gelenk- oder Kopfschmerzen, die zugleich mit oder nach dem Ausbruch der Depression aufgetreten waren. Im Verlauf der Studie wurden alle Patienten genormten elektrischen Schmerzimpulsen an beiden Händen und Füßen ausgesetzt. Dabei zeigte sich, dass sowohl die Schwelle, ab der ein Impuls als schmerzhaft empfunden wird (Schmerzschwelle), als auch die Toleranz gegenüber empfundenem Schmerz bei allen Patienten mit Depression wesentlich niedriger lag als in der Kontrollgruppe – diese also deutlich schmerzempfindlicher waren.

Die Studie belegt, sagt Dr. Sandro Zambito Marsala (Ospedale San Martino, Belluno, Italien), dass die Verarbeitung von Schmerz und Emotion anscheinend in den gleichen Gehirnregionen stattfindet. Er geht auch davon aus, dass die jeweiligen Signale über die gleichen Wege übertragen werden. Da letztere durch die Hormone Serotonin und Noradrenalin gesteuert werden, könnten antidepressive Medikamente (Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer) sowohl  Depressionen als auch Schmerz gleichzeitig bekämpfen.

Berliner Ärzteblatt 09.07.10/ Quelle: 20. Meeting der Europäischen Neurologen-Gesellschaft (ENS), Abstract: P308 Pain threshold and tolerance in major depression disorder

 
 
 
 
 
 
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