Gestresster Mann
Stress am Arbeitsplatz: Belastet die Psyche und führt zu immer mehr Ausfalltagen
> Psychische Gesundheit: Arbeitsbedingungen machen krank

Die Veränderungen in der
Arbeitswelt haben ihren Preis, den viele Mitarbeiter zahlen müssen.
Das muss jedenfalls aus einem Bericht zur psychischen Gesundheit am
Arbeitsplatz schließen. Danach nimmt der Anstieg psychischer
Probleme in der Arbeitswelt schon fast dramatische Züge an.


Deutschland erreicht die von der
Weltgesundheitsorganisation gesteckten Ziele zur Gesundheitsförderung
am Arbeitsplatz nicht. Dies geht aus dem Bericht des Berufsverbandes
Deutscher Psychologen (BDP) 2008 zur psychischen Gesundheit am
Arbeitsplatz hervor. Während die Zahl der Arbeitsunfälle
zurückgeht, nimmt die der psychischen und Verhaltensstörungen
drastisch zu. Ihr Anteil an den Ausfalltagen ist von 6,6 Prozent
auf 10,5 Prozent angewachsen. Es wird geschätzt, dass
allein die depressiven Verstimmungen bereits 2020 nach den
Herzerkrankungen an zweiter Stelle stehen werden.



Dieser Anstieg ist zu hoch, um sich aus
der größeren Bereitschaft und Fähigkeit, eine
psychische Störung als solche zu diagnostizieren, zu erklären.
Ursachen liegen dem BDP-Bericht zufolge in Zeitdruck, Komplexität
der Arbeit und Verantwortung der Beschäftigten, fehlenden
Partizipationsmöglichkeiten, prekären Arbeitsverhältnissen,
wie Leiharbeit und Zeitarbeit, mangelnder Wertschätzung,
defizitärem Führungsverhalten sowie einem Ungleichgewicht
zwischen beruflicher Verausgabung und erhaltener Entlohnung. "Wir
haben in Deutschland nicht nur ein Problem mit Managergehältern,
wir haben einen weit verbreiteten Mangel an Managerqualitäten",
so BDP-Vizepräsidentin Thordis Bethlehem.



Nicht nur Arbeitslosigkeit, sondern
auch die permanente Sorge um den Arbeitsplatz, so geht aus dem
Bericht hervor, ist mit erheblichen psychischen Belastungen
verbunden. Arbeitsüberlastung, hoher Erfolgsdruck und Mangel an
sozialer Anerkennung führen unter denen, die permanent um ihren
Job fürchten, zu ausgeprägten sozialen Spannungen und
chronischem Stress. Arbeitslose, so zeigte sich bei Untersuchungen,
haben ein hohes Maß an somatoformen Beschwerden und eine
besonders niedrige Lebensqualität. Etwas geringer sind diese
Beschwerden bei Berufstätigen, die sich Sorgen um ihren
Arbeitsplatz machen, während Berufstätige in einem sicheren
Arbeitsverhältnis weniger betroffen sind.



Kosteneinsparungen in Unternehmen und
die daraus zum Teil erwachsende stärkere Arbeitsbelastung führen
aber nicht nur zu einer höheren Zahl von Krankentagen aus
psychischen Gründen, sondern verändern das Arbeitsklima:
Intrigen und Mobbing nehmen zu. Auch die berufsbedingte Trennung von
Partnern, die mit der gesellschaftlich geforderten Flexibilität
von Arbeitnehmern häufig einhergeht, führt zu psychischen
Belastungen, insbesondere bei Frauen, die mit Berufstätigkeit
und Familienarbeit stärker gefordert bis überfordert sind.



Der Bericht widmet einzelnen
Berufsgruppen mit besonderen Belastungen spezielle Aufmerksamkeit.
Dazu gehören Ärzte, Lehrer und Lokführer. Mindestens
20 Prozent der Ärzte, heißt es im Bericht, leiden an
einem Burnout-Syndrom, einer individuellen Reaktion auf berufliche
Überforderung bzw. ungünstige Stressbewältigung, rund
10 Prozent an einer substanzbezogenen Störung; die
Suizidraten sind bei Medizinern bis zu 3-fach erhöht, bei
Medizinerinnen bis zu 5-fach. Die Risikofaktoren für Lehrer
liegen laut BDP-Bericht vor allem in der fehlenden Balance von
Wollen, Sollen und Können. Die nach wie vor hohe Zahl von
Frühpensionierungen (24 Prozent), insbesondere an Grund-
und Hauptschulen, ist alarmierend.



WANC 29.04.08/Quelle: BDP

 
 
 
 
 
 
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