Psychosoziale Gesundheit: Mädchen und Hauptschüler besonders stark betroffen

Jeder fünfte Heranwachsende in
Deutschland leidet an Problemen der psychosozialen Gesundheit. Dies
zeigt eine repräsentative Studie der Universität Bielefeld an mehr als
4300 Schülern aus Nordrhein-Westfalen im Alter von elf bis 15 Jahren.
Demnach hängt das körperliche und seelische Wohlbefinden deutscher
Kinder und Jugendlicher vor allem vom Geschlecht und der sozialen
Herkunft ab: Mädchen sind wesentlich stärker beeinträchtigt als Jungen,
und Hauptschülerinnen und Hauptschüler haben weit häufiger derartige
Probleme als Gymnasiasten.
Im Leben eines Menschen gilt die Jugend allgemein als Phase der besten
Gesundheit. „Für viele gesundheitliche Beeinträchtigungen im
Erwachsenenalter wird der Grundstein während der Adoleszenz gelegt“,
erläutert Studienleiter Professor Matthias Richter. „Probleme während
dieser Phase können später zu chronischen Erkrankungen führen.“ Wie stark das körperliche und psychische Wohlbefinden Heranwachsender
von Alter, Geschlecht und Herkunft abhängt, prüften die Bielefelder
Forscher durch Befragungen von Schülern der fünften, siebten und
neunten Klasse. Dabei achteten sie auch darauf, welchen Schultyp die
Befragten besuchten. „Die Wahl der Schule wird durch die soziale
Herkunft der Kinder zentral mitbestimmt“, erklärt Richter.  


 Zwar schätzten 85 Prozent aller Teilnehmer ihre körperliche Gesundheit
als gut oder sogar ausgezeichnet ein. Bei den 15 Prozent der
unzufriedenen Schüler stießen die Forscher jedoch auf eine deutliche
soziale Diskrepanz: Nur zehn Prozent der Gymnasiasten bewerteten ihre
Gesundheit eher negativ, aber 21 Prozent der Hauptschüler. Unabhängig
von der jeweiligen Schulform klagten Mädchen weit häufiger über
Probleme als Jungen.   

 Geschlechtsspezifische Unterschiede fanden die Wissenschaftler
ebenfalls bei psychosomatischen Beschwerden. Dazu zählen etwa
regelmäßige Kopf- oder Rückenschmerzen, Schlafstörungen oder
Nervosität. An mindestens zwei solcher, täglich auftretenden Problemen
litten fast 27 Prozent der Mädchen, im Vergleich zu rund 18 Prozent der
Jungen. Auch die generelle Lebenszufriedenheit der Schüler schwankte in der
Studie je nach Geschlecht und sozialer Herkunft: Während nur zwölf
Prozent der Gymnasiasten mit ihrem Leben haderten, war Unzufriedenheit
unter den Hauptschülern mit 28 Prozent mehr als doppelt so weit
verbreitet. In fast allen untersuchten Kategorien nahmen die Probleme
mit steigendem Alter der Schüler zu.   

 „Relativ viele Jugendliche leiden unter Beeinträchtigungen der
psychosozialen Gesundheit“, fasst Richter die Studienresultate
zusammen. „Besonders stark betroffen sind Mädchen und Hauptschüler.“
Aus dieser Erkenntnis leitet der Forscher praktische Folgerungen für
die Vorbeugung späterer Gesundheitsprobleme ab: „Präventionsstrategien
sollten sich vor allem an diese beiden Gruppen richten.“  

 WANC 28.05.10, Quelle: V. Bohn, K. Rathmann, M. Richter: 
Psychosoziale
Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen: Die
Bedeutung von Alter, Geschlecht und Schultyp. 
Das Gesundheitswesen
2010; 72 (5): S. 293-300





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/28_05_psychosoziale_gesundheit.php
powered by webEdition CMS