Foto: obs/Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen - LfM
Informationsbroschüre zum Thema Computerspiele (Foto: obs/Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen - LfM)
> Computerspielabhängigkeit: Wie behandeln?

Lange hat man sich gefragt, ob
Computerspielabhängigkeit überhaupt eine Krankheit ist oder doch nicht.
Inzwischen hat die Schwere der Problematik für Fakten gesorgt: Die
Abhängigkeit von Computer und Internet ist eine vergleichbare Sucht wie
die nach Alkohol, sagen Mediziner. Doch die Behandlung dieser Krankheit
fällt Therapeuten nicht ganz leicht. Eine Behandlungs-Leitlinie soll
jetzt Abhilfe schaffen.
„Es gibt mittlerweile überprüfbare Kriterien für
Computerspielabhängigkeit, die sich an denen anderer Suchterkrankungen,
wie der Alkoholabhängigkeit, orientieren", erklärt Dr. Bert te Wildt,
Oberarzt in der Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und
Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Betroffen sind nach einer deutschlandweiten Repräsentativerhebung des
Kriminologischen Forschungsinstitutes Niedersachsen (KFN) mit rund
15.000 Schülern etwa 1,7 Prozent der unter 15-jährigen - sie weisen
Kernmerkmale einer Abhängigkeit auf. „Bei etwa 2,8 Prozent können wir
eine beginnende Symptomatik erkennen. Jungen sind dabei weit stärker
betroffen als Mädchen", unterstreicht der Diplom Psychologe Florian
Rehbein vom KFN. Insgesamt gehen die Forscher allein bei den heute
15-Jährigen von 14.300 computerspielabhängigen und weiteren 23.600
abhängigkeitsgefährdeten Jugendlichen in Deutschland aus. „Beim Thema Prävention ist es zunächst wichtig zu schauen, wo denn die
Faszination der Online-Welt liegt", betont Dorothee Mücken von der
Drogenhilfe Köln. „Man spielt nicht allein gegen ein
computergesteuertes Wesen, sondern gegen andere reale Menschen, das
wird nie langweilig." Wie sollten Angehörige reagieren, wenn sie erste Anzeichen einer
Online-Sucht bei ihrem Kind oder Partner bemerken? „Am wichtigsten ist
es, mit dem Betroffenen ins Gespräch zu kommen, damit er sich nicht
isoliert und zurückzieht. Man sollte Interesse zeigen für das, was
derjenige im Internet sucht, aber auch Grenzen ziehen und eigene Sorgen
und Befürchtungen mitteilen", rät Mücken. Hilft es, bereits im Kindergarten Medien einzusetzen, um den Kindern
Medienkompetenz zu vermitteln, wie häufig gefordert? „Kinder müss en
zuerst ihre motorischen und sensorischen Fähigkeiten ausbilden, damit
das Gehirn seine volle Leistungsfähigkeit erlangt. Die Fähigkeit,
Informationen aus verschiedenen Sinnesbezirken durch die eigene innere
Aktivität in einen Zusammenhang zu bringen, muss in einem langen
Lernprozess erworben werden", erläutert Arnhild Zorr-Werner von der
Stiftung Medien- und Onlinesucht in Lüneburg. Beim Fernsehen werden allerdings Hör- und Seheindrücke von der
körperlichen Aktivität abgekoppelt - der Einsatz dieser Medien macht
also keinen Sinn. „Sinnvoller ist es für Kinder, ihre gelebte
Medienerfahrung zum Beispiel in Wort und Bild auszudrücken und damit zu
kanalisieren", weiß Zorr-Werner. Bei der Behandlung Medienabhängiger sind drei Aspekte besonders
hervorzuheben: zum einen sei es für die Betroffenen nötig,
Medienkompetenz zu erwerben und gleichzeitig zu erkennen, welche
Medieninhalte eine besonders hohe Rückfallquote bergen. „Zum Zweiten
müssen die vorrangig konsumierten Medien genau untersucht werden, um
eine individuell abgestimmte und vollständige Verhaltensanalyse zu
erstellen und dann dementsprechend die Behandlungsstrategie zu planen",
betont Annette Teske, Diplom-Psychologin in der Realitas Fachklinik
Hemer. Der dritte Aspekt ist die Planung einer alternativen
Freizeitgestaltung, zum Beispiel durch freizeitpädagogische Elemente. Der im Jahr 2008 gegründete Fachverband Medienabhängigkeit beschäftigt
sich  mit Prävention, Diagnostik und Behandlung von
Computerspielabhängigkeit. Eine Behandlungs-Leitlinie soll dabei
helfen, Patienten richtig zu therapieren. Dabei zeigt sich, dass sich
hinter Internetabhängigkeit häufig andere bekannte psychische
Erkrankungen verbergen. So leiden viele Computerspiel- oder
Internetsüchtige am Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom
(ADHS), Depressionen oder Persönlichkeitsstörungen. WANC 26.10.09/ Quelle: Medizinische Hochschule Hannover
 
 
 
 
 
 
powered by webEdition CMS