Die Innere Uhr: Großer Einfluß auf die Gesundheit

Ja, es gibt sie wirklich – die innere
Uhr. Und sie beeinflusst unser Leben mehr, als wir uns das oft
vorstellen können. So wirkt sie sich nicht nur auf das Schlafverhalten
aus, sondern auch auf zahlreiche andere Körperfunktionen. Und weil sie
so einen großen Einfluß auf uns hat, können Störungen auch schwere
Erkrankungen auslösen.  
Die Innere Uhr ist eine Ansammlung von Zellen am Boden des Großhirns –
genau an der Stelle, wo sich beide Sehnerven kreuzen. Der Ort ist nicht
zufällig, denn der sogenannte Nucleus suprachiasmaticus erhält Signale
aus beiden Augen. Die Signale gehen von speziellen Sinneszellen aus,
die 1991 von einer Arbeitsgruppe um Professor Russel Foster entdeckt
wurden. Er leitet heute das Nuffield Laboratory of Ophthalmology an der
Universität Oxford und hat sich auf die Erforschung der Chronobiologie
spezialisiert. Gene sind die Taktgeber in den 20.000 Zellen des Nucleus
suprachiasmaticus, und ihre Bedeutung zeigt sich bei Menschen mit
seltenen Gendefekten. Der Austausch eines einzelnen Basenpaares im
Erbgut hatte in einer amerikanischen Familie zur Folge, dass die
Betroffenen abends spätestens um halb acht ins Bett mussten, dafür aber
morgens um halb fünf hellwach waren. Und wenn ein Schlaganfall die
Innere Uhr vollständig zerstört, hat dies laut Foster nicht nur
Schlafstörungen zur Folge. Auch die normalen tageszeitlichen
Schwankungen von Blutdruck, Körpertemperatur und Hormonhaushalt
entfallen.   Fast jede Körperfunktion und viele Aspekte des menschlichen Verhaltens
werden von der Inneren Uhr beeinflusst, schreibt Foster. Und wehe, wenn
die Innere Uhr absichtlich verstellt wird: Menschen, die dauerhaft
nachts arbeiten müssen, leiden unter vielfältigen Beschwerden. Sie sind
unkonzentrierter, machen häufiger Fehler, gehen unnötige Risiken ein,
und sie sind häufiger krank. Schichtarbeiter haben ein erhöhtes
Herzkreislaufrisiko, sie erleiden achtfach häufiger Magengeschwüre, und
auch einige Krebserkrankungen treten bei ihnen vermehrt
auf.   Außerdem leiden Schichtarbeiter dem Experten zufolge unter einem
permanenten Jet-Lag, an den sie sich anders als nach Flugreisen über
Zeitzonen niemals gewöhnen. Denn das Tageslicht, das die Innere Uhr
jeden Tag neu einstellt, ist selbst in Nordeuropa 500- bis 1000-mal
stärker als jede künstliche Beleuchtung. Viele Menschen versuchen den
Schlaf-Wach-Rhythmus zu beeinflussen, was durch Kaffee, Alkohol und
Nikotin begrenzt möglich ist. Nicht zufällig nehmen Schichtarbeiter
häufiger diese Stimulanzien, um wach zu bleiben. Um besser einschlafen
zu können, greifen sie zu alkoholischen Getränken, die aber die
Schlafqualität verschlechtern. Die Folge ist Müdigkeit am nächsten Tag.
Auch Nikotin verkürzt die Schlafdauer und verschlechtert die Qualität
des Schlafs.   Ein idealer Wachhalter wurde laut Foster bisher nicht gefunden, auch
wenn viele Chronobiologen danach suchen. Besonders experimentierfreudig
zeigt sich das Militär. Die US-amerikanische Luftwaffe bereitet ihre
Kampfpiloten durch Amphetamine auf den Einsatz vor, berichtet der
Experte: Die Nebenwirkungen sind Unruhe, Reizbarkeit, Übelkeit und
Impotenz. Französische Fremdenlegionäre würden mit dem neueren
Wirkstoff Modafinil wach gehalten, dessen Risiken noch nicht restlos
erforscht seien. In vielen Bereichen, so Foster, steht die
Chronobiologie noch am Anfang. Selbst die Frage, warum wir überhaupt
schlafen, sei letztlich noch nicht geklärt.   WANC 22.12.10, Quelle: R. G. Foster: A sense of time: body clocks,
sleep and health. DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2010;
135(51/52): S. 2601-2608





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/22_12_innere_uhr.php
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