Seniorin
Frauen über 60 bekommen häufiger Medikamente verschrieben, die süchtig machen können
> Medikamentenabhängig: Weit über 1 Mio. Deutsche betroffen

Die Bundesregierung schätzt die
Zahl der Medikamentenabhängigen in unserem Land auf 1,4 bis
1,5 Millionen Menschen. Eine ähnlich große Zahl gilt
als gefährdet. Das Problem wird oft unterschätzt.


Nach Angaben der Bundesregierung
schätzt die Deutsche Hauptstelle für Suchtgefahren die Zahl
der Medikamentenabhängigen auf 1,4 bis 1,5 Millionen.
Andere Studien sprechen von bis zu 1,9 Mio. Betroffenen. Der
Abhängigkeit liege ein komplexes Ursachengeflecht zugrunde,
heißt es in der Antwort der Bundesregierung (16/7973)
auf eine Kleine Anfrage der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen
(16/7813).



Mit diesen Zahlen liegt die
Medikamentenabhängigkeit mit der der Alkoholabhängigen fast
gleich auf. Frauen sind anscheinend doppelt so häufig betroffen
wie Männer. Die Anfrage formuliert die Gefahr, dass Menschen ab
dem 60. Lebensjahr einer Medikamentenabhängigkeit besonders
ausgesetzt sind. Nach Erkenntnissen der Bundesregierung ist die
sichere Feststellung einer Medikamentenabhängigkeit im
Einzelfall schwierig. „Gerade bei älteren Menschen lässt
sich die Grenze von risikoreichem Konsum zur nachweisbaren
Abhängigkeit u. a. aufgrund altersbedingter Veränderungen
des Stoffwechsels nicht eindeutig festlegen. Auswertungen von
Langzeitverordnungen geben einen Hinweis darauf, dass Verordnungen in
dieser Altersgruppe besonders hoch sind. So erhalten bis zu 8 Prozent
der Frauen über 70 Jahren eine Langzeitmedikation von
Benzodiazepinen. Im Bundes-Gesundheitssurvey 1998 wurde in der Gruppe
der Teilnehmer im Alter von 60 bis 79 Jahren bei 20,1 Prozent
ein Konsum von psychotropen Medikamenten festgestellt.



Gerade der Bereich der Schlaf- und
Beruhigungsmittel bereitet die meisten Kopfzerbrechen. Die
Bundesregierung stellt dazu fest: Benzodiazepine sind die
Medikamentengruppe, deren Konsumenten die größte Zahl der
Medikamentenabhängigen stellen. Ihre Verordnungshäufigkeit
bei der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) war in den letzten
Jahren rückläufig. Dies wird jedoch durch die zunehmenden
Verordnungen von Zolpidem und Zopiclon
(Benzodiazepinrezeptoragonisten, Z-Drugs) sowie Privatrezepten
weitestgehend kompensiert. Eine vorläufige Auswertung der Daten
zum Benzodiazepinkonsum im Rahmen der Studie unter der Leitung von
Prof. Raschke schätzt die Zahl der Patientinnen und Patienten
mit problematischem Konsummuster auf ca. 1,2 Millionen. Die Zahl
der Schmerzmittelabhängigen wird auf ca. 300 000 bis
500 000 Menschen geschätzt.



Da der größte Teil der
Präparate mit Suchtpotenzial – Schätzungen gehen davon
aus, dass 5 bis 6 Prozent aller Medikamente eine Missbrauchs-
und Abhängigkeitsgefahr bergen - verschreibungspflichtig sei,
komme insbesondere den Ärzten eine große Verantwortung zu.
Die volkswirtschaftlichen Folgekosten der Medikamentenabhängigkeit
liegen nach Auskunft der Bundesregierung derzeit bei schätzungsweise
14 Milliarden Euro jährlich, so die Bundesregierung.



Das Bundesministerium für Bildung
und Forschung fördere wissenschaftliche Projekte zur
Suchtforschung bereits seit 1991. Im Programm der Bundesregierung
"Gesundheitsforschung: Forschung für den Menschen"
würden zurzeit vier Suchtforschungsverbünde mit etwa
26 Millionen Euro gefördert.



20.02.08 Quelle: Deutscher Bundestag

 
 
 
 
 
 
powered by webEdition CMS