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Wenn das tägliche Quantum Alkohol zur Gewohnheit geworden ist..... (Foto: Stock photo)
> Alkoholentzug: Schon bald maßgeschneiderte Therapien

Das Profil von Alkoholikern
unterscheidet sich. So aktiviert der Alkohol bei Trinkern ganz
verschiedene Hirnarreale und in unterschiedlicher Intensität.
Therapien, sagen Experten, müssen deshalb aus einer genau
zugeschnittenen medikamentösen und weiteren Behandlung bestehen. Das
könne den Therapieerfolg bei Alkoholabhängigen deutlich verbessern.
Die Forscher unterscheiden zwei Ausprägungen der Alkoholabhängigkeit,
wobei es natürlich auch einen überlappenden Mittelbereich gibt. Der
erste Prägnanztyp trinkt Alkohol zur Erleichterung, um zum Beispiel
Stress und Ängste abzubauen. Der zweite Prägnanztyp versucht dagegen,
mit Alkohol eine im Rahmen der Norm befindliche Stimmung weiter zu
heben („etwas zu erleben"). Beide Gruppen unterscheiden sich nicht nur
durch das Trinkverhalten. „Auch mit der funktionellen
Magnetresonanztherapie kann im Rahmen von Forschungsprojekten eine
Zuteilung in diese Gruppen vorgenommen werden," erläutert Professor Dr.
med. Karl Mann, Lehrstuhl für Suchtforschung am Zentralinstitut für
Seelische Gesundheit in Mannheim. Neben der funktionellen Bildgebung spielen auch genetische Analysen,
vor allem der Vergleich zwischen den Erbanlagen von alkoholabhängigen
Patienten und gesunden Kontrollprobanden, eine Rolle in dem genannten
Zusammenhang. Es zeichnet sich ab, dass die medikamentöse
Rückfallprophylaxe ebenfalls genetisch beeinflusst wird, so dass in der
Zukunft unter Umständen Patienten herausgefunden werden können, bei
denen diese medikamentöse Behandlung einen deutlich besseren Erfolg
verspricht als bei anderen. Dazu muß man verstehen, wie Alkohol im Körper des Menschen
funktioniert. Alkohol steigert die Signalübertragung der Nerven (wobei
γ-Aminobuttersäure – GABA – die Hauptrolle spielt). Gleichzeitig wird
die Übertragung von Serotonin gedrosselt. Das hat die Dämpfung von
Ängsten und eine aufkommende Müdigkeit aber auch Impulsivität und
Kontrollverlust zur Folge. Alkohol steigert  die Spiegel von
Dopamin und körpereigenen Opioiden. Bei regelmäßigen Alkoholkonsums
setzen bestimmte Gewöhnungsprozesse ein. Eine Unterbrechung der
Alkoholzufuhr bedeutet, dass die unnatürlich regulierten
Übertragungswege (Neurotransmittersysteme) zwischen den Nervenzellen
und die dort transportierten und die chemischen Botenstoffe schlagartig
ins Ungleichgewicht geraten. Und das, sagt Mann, erkläre die
Schwierigkeiten beim Entzug. Inzwischen gibt es einige Wirkstoffe, die in die
Neurotransmittersysteme eingreifen können. Doch nicht alle dämpften in
klinischen Studien das Verlangen nach Alkohol. Die bislang besten
Ergebnisse beim Alkoholentzug haben laut Pharmazeutische Zeitung zwei
Arzneistoffe geliefert: - Acamprosat dämpft Übererregbarkeit des Gehirns, indem es die Rezeptoren der Nervenzellen besetzt. - Naltrexon hebt die Wirkung der körpereigenen Opioide auf. Inzwischen ist man sich sicher, dass die unterschiedliche Wirkungsweise
der Medikamente auch einen unterschiedlichen Einsatz bei den
Alkohlabhängigen erfordert. Da beide Medikamente auf unterschiedliche
Botenstoffe im Gehirn wirken, beeinflusst eine genaue Unterscheidung
der Suchtformen den Therapieerfolg. „Unsere Annahme war, dass
diejenigen, die mit Alkohol Stress abbauen wollen, eher unter einer
Therapie mit dem Wirkstoff Acamprosat abstinent werden. Betroffenen,
die durch das Trinken ihre Stimmung heben möchten, gelingt dagegen eher
mit Naltrexon der Weg aus der Abhängigkeit", erklärt Mann. Genauerer Ergebnisse soll die PREDICT-Studie lierfern. Darin wurden die
Gehirne all seiner Testpersonen im  Kernspintomografen
durchleuchtet, während diese Bilder mit Alkohol anschauten. Die
Aktivierung der Hirnregionenn fiel bei den Personen individuell ganz
unterschiedlich aus. Was diese Erkenntnis bringt? Sie zeigt, dass
Alkoholabhängige nicht mit einem Standardentzug erfolgreich behandelt
werden können. Sondern jeder Einzelfall muss vom Arzt gesondert
beurteilt und die Therapie auf das Profil des Alkoholikers angepasst
werden. In Deutschland trinken etwa zehn Millionen Menschen zu viel Alkohol. Zu
viel bedeutet bei Fraune mindestens 12 g Ethanol am Tag (also etwa 0,3
l Bier), bei Männern das Doppelte. Die Folgen des „riskanten
Alkoholkonsums“ sind psychische Symptome, Leberzirrhose, Bluthochdruck,
Gastritis, Pankreatitis, Brustkrebs oder Tumoren im Mund- und
Rachenraum. WANC 14.09.09/ Quelle: Karl Mann, Falk Kiefer, Michael Smolka, Horst
Gann, Stefan Wellek, Andreas Heinz and the PREDICT Study research team:
Searching for Responders to Acamprosate and Naltrexone in Alcoholism
Treatment: Rationale and Design of the Predict Study. In: Alcoholism:
Clinical and Experimental Research. 2009 Apr;33(4): 674-83
 
 
 
 
 
 
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