Ärzte im Krankenhaus
Ärzte im Krankenhaus: Lange Arbeitszeiten, mangelnde Wertschätzung und geringes Einkommen sind häufig die Ursachen für Depressionen, Suchterkrankungen und Partnerkonflikte
> Wenn der Arzt zum Patienten wird

Auch Ärzte können
gesundheitliche Probleme bekommen. Am häufigsten leiden sie
unter Depressionen, Sucht oder Eheproblemen. Die Gründe dafür
habe Ärzte jetzt herausgefunden: zu viel Stress und zu wenig
Geld.


Leistungsdruck, starre Hierarchien,
lange Arbeitszeiten, mangelnde Wertschätzung und geringes
Einkommen nagen an der gesundheitlichen Konstitution der Ärzte
in Deutschland. Viele deshalb werden selbst zum Patienten, gestehen
sich dies wegen einer falsch verstandenen Berufsehre aber oft nicht
ein.



Der Psychiater Dr. Bernhardt Mäulen
aus Villingen-Schwenningen hat im Internet ein virtuelles Institut
für Ärztegesundheit eingerichtet, das hilfesuchenden
Medizinern Rat anbietet. Auch unter den Patienten seiner realen
Praxis sind zu 40 Prozent Ärzte, die ihn zumeist wegen drei
Leiden aufsuchen: Depressionen, Suchterkrankungen und
Partnerkonflikte.



Depressionen sind laut Mäulen
dafür verantwortlich, dass Ärzte doppelt und Ärztinnen
vierfach häufiger selbstmordgefährdet sind als der Rest der
Bevölkerung. Wegen der langen Dienste kriselt es auch häufiger
in der Ehe. Den unverwüstlichen Hausarzt früherer Zeiten
gebe es längst nicht mehr, sagt Mäulen.



Bei den Abhängigkeiten stünden
Alkohol und Beruhigungsmittel im Vordergrund. Süchtige Ärzte
sind aber eine Gefahr für Gesundheit und Leben der Patienten,
weshalb Dr. Harald Jurkat von der Universität Gießen
dringenden Handlungsbedarf anmahnt. Einer Studie des
Diplom-Psychologen zufolge machen sich die Ärzte das Leben oft
gegenseitig schwer. Starre Hierarchien und zu viel bürokratische
Schreibarbeit verhindern, dass sich die Ärzte in ausgeglichener
Verfassung ihren Patienten zuwenden können.



Jurkat fordert, dass die Arbeitszeiten
der Ärzte verringert und die Einkommen gesteigert werden
müssten. Deutschland sei in dieser Beziehung Schlusslicht. In
den USA würden die Mediziner 7 bis 8-mal mehr verdienen. Dort
seien die Ärzte zufriedener als der Rest der Bevölkerung.
In Deutschland gelte dies nur für Chefärzte.



Psychisch kranke Ärzte können
sich auch an die Oberbergkliniken wenden, die mittlerweile drei
Häuser im Schwarzwald, im Weserbergland und in Brandenburg
betreiben. Jurkat verteidigt diese Spezialeinrichtungen für
Ärzte, die psychische Hilfe in Gruppentherapien anbietet.
Mediziner hätten Schwierigkeiten sich anderen Menschen gegenüber
zu öffnen, eine Folge ihrer Helferrolle, weiß der
Psychologe Jurkat: "Die meisten Mediziner denken, sie müssen
für die Patienten da sein und mit ihren eigenen Problemen
alleine fertig werden." Dass sie selbst zum Patienten werden
können, mögen sich viele nicht eingestehen.



WANC 02.05.07 Quelle: J. Weiß: Ärztegesundheit:
Wenn der Doktor zum Patienten wird, DMW Deutsche Medizinische
Wochenschrift 2007; 132 (15): S. 793-794

 
 
 
 
 
 
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