Dass Medikamente gegen Bluthochdruck impotent machen, ist nicht belegt - dagegen kann Bluthochdruck durchaus die Erektion stören (Foto: obs/Lilly Deutschland GmbH)
Dass Medikamente gegen Bluthochdruck impotent machen, ist nicht belegt - dagegen kann Bluthochdruck durchaus die Erektion stören (Foto: obs/Lilly Deutschland GmbH)
> Impotent durch Pillen gegen Bluthochdruck: Stimmt das überhaupt?
Machen Medikamente gegen Bluthochdruck impotent? Es gibt viele, die das meinen. Doch ganz so einfach ist das nicht. So gibt es bisher keine gesicherten Erkenntnisse, die den zweifelsfreien Zusammenhang zwischen Blutdrucksenkern und Erektionsstörungen belegen. Außerdem spielen bei einer Erektion viele Dinge eine Rolle: Psyche, Nervensystem und Hormone sowie eine intakte Gefäßfunktion.

Klar, so lässt sich einfach, medienwirksam und leicht verständlich klagen und auf der allgemeinen Mißtrauenswelle reiten. "Impotenz ist keine Folge des Bluthochdrucks - sie ist, wenn sie bei Bluthochdruck auftritt, ausschließlich(!) die Folge der Behandlung des Bluthochdrucks mit blutdrucksenkenden Pillen. So erzeugt das herrschende Krankheitsunwesen selbst neue Krankheiten, schafft zusätzliche Honorareinnahmen für Ärzte, und kreiert mit den teuren Potenzpillen zusätzlichen Umsatz für Pharmaindustrie und -handel." Diese Anschuldigung findet sich auf der Website eines Zahnarztes. Auch wie die Medikamente für Impotenz sorgen wird erklärt: Der zur Erregung notwendige erhöhte Blutzufluss werde per Medikation gegen Hypertonie "heruntergeregelt" was bei gleichzeitig erhöhtem Strömungswiderstand dazu führe, dass sich das Glied nicht mehr aufrichten könne. "Auf diese Weise erzeugen Bluthochdruckpillen die männliche Impotenz."

Wenn es doch so einfach wäre. Tatsächlich scheinen die Zusammenhänge weit schwieriger. So können die Folgen eines lange unbehandelten hohen Blutdruckes Gefäßveränderungen und -schädigungen sein. Und die wiederum können zu Erektionsstörungen führen. Auch Gefäßverkalkungen wirken sich nicht nur negativ auf Herz und Kreislauf aus, sondern können auch die Durchblutung der Blutgefäße im Penis beeinträchtigen. Mit den ebenso leidvollen Folgen. Deshalb warnt der Bremer Kardiologe, Dr. Erhard König: "Erektionsstörungen können definitiv ein Hinweis auf eine Herz-Kreislauf-Erkrankung sein."

Laut König haben Erektionsstörungen und Herzkreislaufkrankheiten viele Gemeinsamkeiten. Sie treten im Alter häufiger auf. Rauchen, Diabetes, Übergewicht und Bluthochdruck verstärken das Risiko. "Die Ursache bei beiden Erkrankungen kann eine Durchblutungsstörung sein. Insofern sind Erektionsstörungen oft ein Vorläufer für Herzinfarkt oder Schlaganfall", erklärt König.
Wissenschaftliche Studien hätten einen Zusammenhang zwischen einer so genannten erektilen Dysfunktion und Bluthochdruck belegen können. Dass die  blutdrucksenkenden Wirkung der Arzneimittel eine Beeinträchtigung des Sexualverhaltens nach sich ziehe, sei eine große Sorge. Dabei sei es in der Regel gerade umgekehrt: Die Durchblutungsstörung ist die Ursache der Erektionsstörung, nicht ein blutdrucksenkender Wirkstoff.

Studien hätten einen sicheren Zusammenhang zwischen Blutdrucksenkern und Erektionsfähigkeit nicht erbringen können. Blutdrucksenker wirken sehr unterschiedlich, sag König: Weil Betablocker die Gefäßerweiterung hemmen, wird häufig eine Beeinträchtigung der Erektionsfähigkeit vermutet. Es habe sich aber gezeigt, dass bei der Einnahme von Betablockern nur geringfügig mehr erektile Dysfunktionen auftreten. Über die Wirkung von Diuretika - also Medikamenten mit harntreibender Funktion, die ebenfalls blutdrucksenkend wirken - gibt es nur wenig belastbare Aussagen. König: "Zwar war nach zwölf Monaten der Einnahme eine signifikante Verschlechterung nachweisbar. Nach 24 Monaten allerdings bereits nicht mehr." Bei Kalziumantagonisten konnte in klinischen Studien kein derartiger Effekt bestätigt werden. Eher positiv wirkten sich gar ACE-Hemmer wie Ramipril aus. Sie senken den Blutdruck und sorgen so für eine Entspannung der Gefäße, was wiederum die Erektionsfunktion begünstigt.

König empfiehlt deshalb: "In jeder Hinsicht lohnt es sich, Gefäßerkrankungen und Bluthochdruck durch gesundheitsbewusstes Verhalten positiv zu beeinflussen. Regelmäßiger Ausdauersport wie Walking, ausgewogene Ernährung, wenig Alkohol und ein Abschied von der Zigarette helfen, Blutgefäße gesund zu erhalten und können damit auch Erektionsstörungen vorbeugen."

Berliner Ärzteblatt 31.08.2012, Quelle: Kardiologisch-Angiologische Praxis - Herzzentrum Bremen, http://www.dr-schnitzer.de/impotenz-durch-bluthochdruckpillen.html, Impotenz-Selbsthilfe,

Weitere Informationen:
Impotenz: Grund kann Bluthochdruck sein
Potenzstörungen: Bewegungsmuffel häufiger betroffen
Erektile Dysfunktion (ED)

 
 
 
 
 
 
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