Testosteronmangel: Keine Frage des Alters allein

Jeder fünfte Mann in hausärztlicher Behandlung hat einen niedrigen Testosteronspiegel. Doch der Testosteronmangel ist nicht allein eine Frage des Alters. Er hängt vielmehr von Übergewicht und chronischen Erkrankungen ab. Eine medikamentöse Therapie mit Testosteron ist jedoch nicht in allen Fällen notwendig.

Vor fünf Jahren hatten Hausärzte in rund 3200 Praxen mehr als 50.000 Patienten körperlich untersucht. Bei 2719 männlichen Patienten wurde dabei auch die Konzentration des männlichen Geschlechtshormons im Blut bestimmt. Ergebnis: 19,3 Prozent der Männer wiesen einen Testosteronmangel auf (DETECT-Studie).

Zum diesem Zeitpunkt waren die Untersuchten im Durchschnitt 58 Jahre alt - ein Alter in dem ein Rückgang des Testosteronspiegels schon aus früheren Studien bekannt ist. Doch nicht das Alter, sondern Übergewicht und chronische Erkrankungen waren ausschlaggebend für den Rückgang der Hormonproduktion.

„Insbesondere Übergewicht mit einer ungünstigen Fettverteilung im Körper tritt gemeinsam mit einem niedrigen Testosteronspiegel auf", betont Dr. med. Harald Jörn Schneider von der Medizinischen Klinik Innenstadt des Klinikums der Universität München.

Die Fettverteilung lässt sich am Verhältnis aus Taille und Körpergröße ermitteln. Diese "Waist-Height-Ratio (WHtR)" ergibt sich aus dem Umfang der Taille, geteilt durch die Körpergröße. Studien-Teilnehmer mit Metabolischem Syndrom, einer Funktionsstörung der Leber oder entzündlichen Erkrankungen zeigten häufiger niedrige Testosteronspiegel. Das gleiche gilt für Patienten, die sechs oder mehr Medikamente einnahmen. Auch bei Krebspatienten fanden die Forscher oft einen Hormonmangel.

Dies beweist allerdings nicht, dass Übergewicht und chronische Erkrankungen die Ursache des Testosteronmangels sind. Solche Schlüsse könnten aus einer Querschnittsstudie grundsätzlich nicht gezogen werden, betont die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). Es sei auch denkbar, dass umgekehrt der Testosteronmangel Übergewicht begünstige.

Testosteron ist zwar als Medikament verfügbar. Ein niedriger Testosteronspiegel beim Mann begründet allein jedoch noch keine Hormontherapie. Dies ist nach Meinung der Experten nur sinnvoll, wenn der Hormonmangel Beschwerden auslöst. Und auch dann müssten die Vorteile mit den Risiken einer langjährigen Hormonbehandlung abgewogen werden. Die Entscheidung zur Behandlung müsse deshalb im Einzelfall getroffen werden.

WANC 30.09.08/ Quelle: Schneider HJ, Sievers C, Klotsche J, Böhler S, Pittrow D, Lehnert H, Wittchen HU, Stalla GK. Prevalence of low male testosterone levels in primary care in Germany: cross-sectional results from the DETECT study. Clinical Endocrinology (Oxf) 2008; doi: 10.1111/j.1365-2265.2008.03370.x





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/30_09_testosteronmangel.php
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