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Testosteron erhält dem Mann Kraft und Beweglichkeit - wenn die Produktion des Sexualhormons sinkt, soll eine Hormonbehandlung den Körper jung erhalten - was nicht ganz gefahrlos ist (Foto: Stockbyte)
> Hormone für Männer: Gefahren für Herz und Kreislauf
Im Alter sinkt bei Männern meist die
Produktion des Sexualhormon Testosteron. Manche nennen das die
Wechseljahre des Mannes, Mediziner sagen Hypogonadismus dazu. Ähnlich
wie bei Frauen raten immer mehr Ärzte den Männern, die Folgen der
verminderten Testosteronproduktion durch Hormonpräparate auszugleichen.
Nicht immer ein guter Tipp: Denn das birgt auch Gefahren für Herz und
Kreislauf – bis hin zum Herzinfarkt. Die Deutsche Gesellschaft für
Innere Medizin (DGIM) betont deshalb, eine Testosteronbehandlung nur
dann einzusetzen, wenn sie für Patienten unerlässlich ist. Insbesondere
bei Männern mit erhöhtem Herz-Kreislauf-Risiko müssten Ärzte dies zuvor
gründlich prüfen.
Männer verlieren mit dem Alter an körperlicher Kraft und Beweglichkeit.
Zeitgleich sinken auch ihre Testosteronwerte. Die Behandlung gesunder
älterer Männer mit Testosteron steigert die Masse ihrer Muskeln und
stärkt sie, betont die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM).
„Auch Patienten mit Hypogonadismus, deren Keimdrüsen also zu wenig
Testosteron produzieren, kann eine künstliche Testosteronzufuhr helfen
– jungen und älteren“, sagen der DGIM-Vorsitzende Professor Dr. med.
Hendrik Lehnert und Dr. med. Alexander Iwen, von der 1. Medizinischen
Klinik, Universitätsklinik Schleswig-Holstein, Campus Lübeck. In welchem Maße eine solche Therapie eine eingeschränkte Mobilität
aufhebt, sollte die kürzlich im New England Journal of Medicine
veröffentlichte TOM-Studie zeigen. Forscher in Boston untersuchten
dafür 209 Männer über 65 Jahre mit leicht verringerten
Testosteronwerten. Die Männner waren nicht in der Lage, weiter als zwei
Häuserblocks zu gehen oder zehn Treppenstufen zu steigen. Zudem waren
viele von ihnen bereits erkrankt: Mehr als 80 Prozent litten an
Bluthochdruck, rund die Hälfte waren extrem übergewichtig und ebenfalls
gut die Hälfte litt unter Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Ärzte gaben
den Teilnehmern entweder ein Testosterongel oder aber als Kontrolle ein
Gel ohne Wirkstoffe. Beides sollten sie über einen Zeitraum von sechs
Monaten täglich auftragen. Die mit Testosteron behandelten Teilnehmer zeigten nach zwölf Wochen
eine höhere Bein- und Armkraft als die mit dem Placebo therapierten
Männer. Bevor jedoch alle Männer in die Auswertung eingeschlossen
werden konnten, brachen die Forscher die Studie ab. Denn bei 23 der mit
Testosteron behandelten 106 Männer traten krankhafte
Herz-Kreislauf-Ereignisse auf: Kreislaufkollaps, Wassereinlagerungen,
Herzrhythmusstörungen, akute Durchblutungsstörungen am Herzen und ein
Schlaganfall. Ein Teilnehmer starb an einem Herzinfarkt. In der 103
Personen zählenden Kontrollgruppe erkrankten dagegen nur fünf Männer. Eine andere aktuelle Analyse spricht eine etwas andere Sprache: Sie
ergab kein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko einer Testosterontherapie.
Deshalb seien weitere Studien notwendig, um auch ältere Patienten mit
Hypogonadismus zu berücksichtigen. Denn damit einher gehen unter
anderem Blutarmut, verminderte Libido, Knochenschwund und Depression. Bei sehr ausgeprägtem Testosteronmangel erhöht eine Therapie mit dem
Sexualhormon mitunter erheblich die Lebensqualität, meint die DEGIM.
„Die TOM-Studie muss zu noch größerer Wachsamkeit führen, insbesondere
wenn bei Patienten ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko vorliegt“,
betont Hormonexperte Lehnert. Sie sollte jedoch nicht zur Folge haben,
so der DGIM-Vorsitzende, dass Ärzte Patienten eine Testosterontherapie
vorenthalten, wenn sie diese dringend benötigen. 20 Prozent der 60-jährigen Männer und 35 Prozent der über 80-jährigen
haben einen Testosteronspiegel unterhalb der unteren Referenzgrenze von
12 nmol/l. Normale Konzentrationen liegen zwischen zwölf und 35 Nanomol
pro Liter. Verringerung von Muskelkraft und Potenz, Antriebslosigkeit
und Müdigkeit, depressive Stimmung, auch ein gewisses Nachlassen der
geistigen Leistungsfähigkeit können Folgen des Testosteronmangels sein. Eine Behandlung mit Sexualhormonen hat allerdings nach Erfahrungen des
Hamburger Urologen Prof. Dr. Hartmut Porst Erfolg nur bei 10 bis 20
Prozent der Männer. Die Risiken sind nicht ohne: Wie Östrogen bei der
Frau kann auch Testosteron beim Mann das Wachstum so genannter
hormonabhängiger Tumoren fördern, vor allem das Prostatakarzinom, aber
auch den – bei Männern seltenen, aber nicht ausgeschlossenen –
Brustkrebs. Außerdem kann es zu einer vermehrten Wassereinlagerung oder einer
Schwellung der Brustdrüsen (Gynäkomastie) kommen. Sehr selten sind
schmerzhafte Dauererektionen beschrieben. Unter einer
Testosteronbehandlung kommt es zu einer Rückbildung der
Samenzellenproduktion in den Hoden und einer Verringerung der
Hodengröße. Diese Veränderungen bilden sich nach Absetzen der
Testosteronbehandlung innerhalb weniger Monate wieder zurück. Bei langfristiger Anwendung kann es zu einer Erhöhung des roten
Blutfarbstoffs im Blut (Polyglobulie) kommen, was zu einer
Verschlechterung der Fliesseigenschaften des Blutes führen kann. Bei
manchen Patienten wird über erhöhte Blutdruckwerte (arterielle
Hypertonie) unter der Behandlung berichtet. Selten können Durchfälle
(Diarrhöe) auftreten. Bei Anwendung eines Gels oder einer Salbe können
bei bis zu 10 % aller Patienten lokale Hautveränderungen wie Rötung,
Akne oder trockene Haut auftreten. Folgen der verminderten Hormonproduktion beim Mann (Hypogonadismus):

  • Rückgang des sexuellen Verlangens (Libido)

  • Rückgang der Erektionsfähigkeit

  • Rückbildung der Körper- und Schambehaarung

  • Rückgang der Leistungsfähigkeit, Müdigkeit, Schlafstörungen

  • Hitzewallungen

  • Zunehmende Knochenbrüchigkeit (Osteoporose)

  • Abnahme der Hautdicke (faltig, Pigmentflecken)

  • Neigung zu depressiven Verstimmungen (Unruhe, Angst, Nervosität, erhöhte  Reizbarkeit, Minderwertigkeitsgefühle)

  • Rückgang der Muskulatur

  • Vermehrung des Fettgewebes, insbesondere im Bauchbereich

  • Blutarmut mit verminderter Bildung roter Blutkörperchen (Anämie)

  • Verkleinerung der Hoden

  • Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit


WANC 13.08.10, Quelle: Basaria, S., et al., Adverse events associated
with testosterone administration. N Engl J Med. 363(2): p. 109-22. Fernandez-Balsells, M.M., et al., Clinical review 1: Adverse effects of
testosterone therapy in adult men: a systematic review and
meta-analysis. J Clin Endocrinol Metab. 95(6): p. 2560-75.
 
 
 
 
 
 
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