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Das Geheimnis des Schlankseins: Braune Fettzellen, die überflüssige Pfunde einfach verbrennen (Foto: Stock photo)
> Abnehmen: Mehr braunes als weißes Körperfett
Körperfett ist nicht gleich
Körperfett. Es gibt weißes – darin wird Energie gespeichert und ist
deshalb schlecht. Und es gibt braunes – darin wird Energie in Wärme
verwandelt und ist deshalb gut.  Um abzunehmen gilt es daher, mehr
braunes Fettgewebe zu produzieren. Das geschieht beispielsweise in
Kälte. Aber auch das Entzündungsenzym COX-2 kann die Neubildung von
braunem Fettgewebe anscheinend anregen. Wissenschaftler untersuchen
jetzt, ob sich daraus eine neuartige Methode zur Gewichtsreduktion bei
krankhafter Fettleibigkeit entwickeln lässt.
Pölsterchen, Hüftgold und Rettungsringe – weißes Fettgewebe formt an
den bekannten Körperstellen die typischen Rundungen als Energiedepots.
Genau das Gegenteil passiert im braunen Fettgewebe: Hier wird Energie
nicht gespeichert, sondern in Wärme umgewandelt. Zum Leidwesen vieler
kommt dieser Energiefresser beim erwachsenen Menschen jedoch nur in
geringfügigen Mengen vor. Säuglinge und Winterschlaf haltende Nagetiere
haben dagegen viel davon, hier dient es der Wärmeregulation. Forscher wissen, dass im Tierreich äußere Einflüsse die Bildung von
braunem Fettgewebe anregen können. Werden Nager bei kalten Temperaturen
gehalten, so bilden sich inmitten des weißen Fettgewebes Nester aus
braunen Fettzellen. Ein Team von Wissenschaftler aus dem Deutschen
Krebsforschungszentrum unter der Leitung von Dr. Stephan Herzig ging
gemeinsam mit Kollegen aus München, Marburg, Frankfurt und Lausanne den
molekularen Ursachen dieses Phänomens auf den Grund: Sie entdeckten,
dass im weißen Fettgewebe von Mäusen, die Kälte ausgesetzt worden
waren, die Produktion des Entzündungs-Enzyms COX-2 gesteigert ist.
COX-2 ist Wissenschaftlern gut bekannt, es steuert den zentralen
Schritt bei der Biosynthese der Prostaglandine, entzündungsfördernder
Hormone, die auch für die Schmerzentstehung verantwortlich sind. „Unsere aktuellen Ergebnisse belegen, dass COX-2 und Prostaglandine
entscheidend sind für die Neubildung von braunem Fettgewebe und damit
auch für die Regulation des Körpergewichts“, sagt Herzig. Parallel zum
Anstieg der COX-2-Produktion im weißen Fettgewebe stieg auch die Menge
des Proteins, das biochemisch Energie in Wärme umwandelt und das daher
als wichtigster Biomarker für braune Fettzellen gilt. Schalteten die
Forscher dagegen COX-2 im weißen Fettgewebe ab, ließ sich das typische
Erscheinungsbild von braunen Fettzellen nicht mehr durch Kälte anregen.
Foto: DKFZ Braune Fettzellen inmitten von weißem Fettgewebe (Bild: Karin Müller-Decker, Deutsches Krebsforschungszentrum) Auch unabhängig von Kälte entstanden Ansammlungen brauner Fettzellen im
weißen Fettgewebe, wenn die Wissenschaftler bei Mäusen die
COX-2-Produktion durch einen molekularbiologischen Trick ankurbelten.
Diese Tiere hatten ein um 20 Prozent geringeres Körpergewicht als
normale Artgenossen. Auch wenn sie kalorienreich gefüttert wurden,
nahmen sie nicht an Gewicht zu. Ältere Studien finnischer Forscher deuten darauf hin, dass auch bei
Menschen ein regelmäßiger Aufenthalt in der Kälte die Aktivität, also
Wärmeproduktion, von braunem Fettgewebe anregen kann. Herzig will nun
prüfen, ob auch hier COX-2 die biochemische Schlüsselrolle spielt. Da
sich die Bildung von braunen Fettzellen auch in der Kulturschale
anregen lässt, sieht der Wissenschafter eine Möglichkeit, seine
Ergebnisse praktisch umzusetzen: Seine Zukunftsvision ist, schwer
übergewichtigen Personen weißes Fettgewebe zu entnehmen, in der
Kulturschale die Bildung von braunen Fettzellen durch Prostaglandine
anzuregen und diese zurück zu transplantieren. Damit könnte man
Menschen zu einem höheren Energieumsatz und damit zu leichterem
Abnehmen verhelfen. Schätzungen gehen davon aus, dass eine geringe
Menge von etwa 50 Gramm braunem Fettgewebe ausreichen würde, um den
Energieumsatz eines Menschen um 20 Prozent zu steigern. Dies entspräche
etwa einer Reduktion des Körpergewichts um 20 Kilo über einen Zeitraum
von einem Jahr. Bei Krebspatienten wurde in klinischen Studien bereits indirekt
gezeigt, dass COX-2 einen Einfluss auf das Körpergewicht hat. So
stabilisierte sich das Gewicht von Kranken, die an schwerer
krebsbedingter Auszehrung litten, durch Medikamente, die COX-2 hemmen.
Aber auch einige gängige Schmerzmittel wirken, indem sie COX-2 hemmen –
müssen die Anwender als Nebenwirkung in Kauf nehmen, Pfunde anzusetzen?
Herzig beruhigt: „Wir haben bislang keine Hinweise darauf, dass durch
die Einnahme dieser Medikamente eine Gewichtzunahme zu befürchten ist.“
WANC 10.05.10, Quelle: Alexandros Vegiopoulos, Karin Müller-Decker,
Daniela Strzoda, Iris Schmitt, Evgeny Chichelnitsky, Anke Ostertag,
Mauricio Berriel Diaz, Jan Rozman, Martin Hrabe de Angelis, Rolf M.
Nüsing, Carola W. Meyer, Walter Wahli, Martin Klingenspor und Stephan
Herzig: Cyclooxygenase-2 Controls Energy Homeostasis in Mice by de Novo
Recruitment of Brown Adipocytes Science 2010, DOI:
10.1126/science.1186034
 
 
 
 
 
 
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