Ob und ab wann Übergewicht der Gesundheit schadet, ist längst nicht mehr ganz klar (Foto: pte)
Ob und ab wann Übergewicht der Gesundheit schadet, ist längst nicht mehr ganz klar (Foto: pte)
> Ein wenig Übergewicht kostet nicht das Leben - im Gegenteil

Wer zu dick ist, lebt kürzer. So jedenfalls heißt es. Denn ein hohes Körpergewicht bringt Diabetes, Herz-Kreislauf-Probleme, Stoffwechselstörungen und möglicherweise sogar Krebs. Doch ganz so einfach scheint die Gleichung nicht zu sein. Denn mittlerweile stellt sich immer deutlicher heraus, dass sowohl Fettleibigkeit (Adipositas) wie Untergewicht der Gesundheit schaden. Und dass Dicke anscheinend sogar länger leben als Normalgewichtige, Dicksein allein also nicht zum Tode führt. Vielleicht muss auch "dick" neu definiert werden. 


Die in Dänemark durchgeführte Untersuchung von mehr als 100.000 Menschen hat fast eine Sensation zum Ergebnis: Mit einem zunehmenden BMI (Body Mass Index) nimmt das Sterberisiko ab. Oder genauer: Übergewicht ist heute weniger gefährlich als vor 40 Jahren.


Die Zahlen, die an der Universität von Kopenhagen erhoben wurden, sagen folgendes aus: Während in den Jahren 1976-1978 das Gewicht, bei dem die Lebenserwartung am höchsten war, bei einem BMI von 23,7 kg/m2 lag, erhöhte es sich zwischen 1991-1994 auf 24,6 kg/m2 und stieg in der Zeit von 2003-2013 sogar auf 27 kg/m2. Zu Erklärung: Mit einem BMI von 25 bis 29,9 kg/m2 fällt man in die Gruppe der übergewichtigen und medizinischer Kontrolle bedürftigen Personen. Ab 30 kg/m2 ist man dann fettleibig (adipös) und das gilt als behandlungsbedürftige Krankheit.


Gleichzeitig lässt sich an den Daten ablesen, dass die Chance stark übergewichtiger Menschen, genauso lange zu leben wie normalgewichtige, ständige zunimmt. In der Zeit von 2003-2013 unterscheidet sie sich kaum noch voneinander. 


Was man daraus entnehmen kann? Hohes Gewicht bedeutet heute nicht ein kürzeres Leben. Die Wissenschaftler nehmen an, dass Übergewichtige heute in Bezug auf Begleiterkrankungen wie hoher Blutdruck, Arteriosklerose (Arterienverkalkung), Herzinfarkt und Schlaganfall viel besser behandelt werden als noch 40 Jahren. Außerdem scheinen Übergewichtige häufiger zum Arzt zu gehen als Normalgewichtige, so dass gesundheitliche Risiken füher erkannt und therapiert werden können. 


Allerdings warnt der Studienleiter Prof. Dr. Børge G. Nordestgaard davor zu glauben, dass eine gesunde Ernährung unwichtig ist: "Die Ergebnisse sollten nicht so ausgelegt werden, dass man so viel essen könnte, wie man wollte. Vielmehr sollte man sie so verstehen, dass Übergewichtige sich nicht mehr so vielen Ängsten aussetzen müssen." 


Dass starke Fettleibigkeit alles andere als gesund oder lebensverlängernd wirkt, haben andere Untersuchungen immer wieder bestätigt. Wer extrem adipös ist, hat mit einem enorm steigenden Sterberisiko zu tun. Doch die vorliegende Studie macht deutlich, dass es wohlmöglich einer Neudefinition bedarf, wo übergewichtig oder adipös tatsächlich anfängt. 


17.05.2016/ Quelle: JAMA

 
 
 
 
 
 
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