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Weltweit sollen 1,7 Mrd. Menschen, in Europa etwa 400 Mio. übergewichtig oder adipös sein (Foto: pte)
> Übergewicht: Weltweit bedrohliche Ausmaße
Übergewicht wird zu einem immer
schwereren Problem. Immer mehr Menschen sind zu dick. Deren Zahl wächst
so schnell, dass Experten von einer Pandemie sprechen. Die Prognose
lautet: Ein Drittel der Bevölkerung in den Industrienationen wird in
den nächsten 5 Jahren übergwichtig sein. Und obwohl vor den Folgen
gewarnt wird, scheinen viele über das Thema lieber zu schweigen. Denn
Übergewicht abzubauen, bedeutet dauerhaft eine gesündere Lebensweise zu
befolgen. Auch wenn es Mittel gibt, die den Gewichtsverlust
unterstützen.
Etwa 1,7 Milliarden Menschen leiden weltweit an Übergewicht oder
Fettleibigkeit. Das schätzt die Weltgesundheitsorganisation WHO. Seit
1980 verzeichnet die Organisation eine dreifache Steigerung des
Übergewichts in Nordamerika, Großbritannien, Osteuropa, Mittlerer
Osten, pazifische Inseln, Australien und China. Ein deutlicher Anstieg
ist auch in den sogenannten Entwicklungsländern festzustellen. In der Europäischen Region der WHO sind je nach Land zwischen 30% und
80% der erwachsenen Bevölkerung übergewichtig, d.h. sie haben einen
Body-Mass-Index (BMI) von über 25. Der durchschnittliche BMI in der
Region liegt bei fast 26,5. Die Gesamtzahl der in Europa
übergewichtigen Erwachsenen liegt bei fast 400 Mio. und ca. 130 Mio.
adipösen (BMI > 30). Adipositas stellt für die WHO eine der größten Herausforderungen für
die Gesundheitspolitik im 21. Jahrhundert. Denn während die Krankheit
immer schneller um sich greift, ist Adipositas bereits heute in
verschiedenen Teilen der Region für 2-8% der Gesundheitskosten und
10-13% der Todesfälle verantwortlich. Wegen der globalen Ausmaße hat
die WHO auch bereits einen neuen Begriff für die Zunahme von Adipositas
geprägt: Globesity. Auch eine wachsende Anzahl von Deutschen ist übergewichtig. Folge von
zu wenig Bewegung und zu viel fettreicher Ernährung. Die "Zweite
Nationale Verzehrstudie" zum Essverhalten der Deutschen zeigt, dass
knapp 80 Prozent täglich mehr Fett als empfohlen zu sich nehmen.
Dagegen unterschreiten rund drei Viertel der Menschen die empfohlene
Ballaststoffmenge von 30 Gramm täglich. Die Folge auf der Waage: Jeder
Fünfte zwischen 14 und 80 Jahren hat einen Body-Mass-Index (BMI) von
mehr als 30 und ist damit adipös. Übergewicht oder einen BMI von über
25 haben 66 Prozent der Männer und 51 Prozent der Frauen. Die
Betroffenen haben ein deutlich erhöhtes Risiko für einen Diabetes Typ
2, weitere Stoffwechselstörungen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das Problem Übergewicht beginnt im übrigen schon im Kindesalter. Etwa
20% aller Kinder sind übergewichtig, ein Drittel davon adipös. Die
Verbreitung der Adipositas bei den 14- bis 17jährigen in Deutschland
liegt nach Ergebnissen des bundesweiten Kinder- und
Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) von 2006 bei 8,5%. Von 1985 bis 1999
rechnet die Untersuchung mit einen Anstieg von Übergewicht und
Adipositas um 50%. Die errechneten Folgekosten belaufen sich in
Deutschland derzeit auf ca. 20 Mrd. Euro. Die Welle ist auch bereits im Wartezimmer der deutschen Hausarztpraxen
angekommen. Jeder vierte Patient darin ist fettleibig. Etwa die Hälfte
aller Neudiagnosen eines Typ-2-Diabetes mellitus stellen Ärzte bei
Menschen mit einem BMI über 30. Fast ein Fünftel der Patienten hat bei
Diagnose sogar einen BMI von über 35. „Übergewicht und Fettleibigkeit
zählen zu den wichtigsten vermeidbaren und vorzubeugenden medizinischen
Problemen der Gegenwart“, warnt Prof. Dr. Hans Hauner vom Lehrstuhl für
Ernährungsmedizin der TU München. Im „German Metabolic and CardiovascularRisk Project“, einer
repräsentativen Querschnittsstudie mit nahezu 36.000 Hausarztpatienten,
hatte ein Viertel einen BMI von 30 oder mehr. Noch kritischer
beurteilen Ernährungsexperten einen Taillenumfang von mehr als 102
Zentimetern bei Männern und mehr als 88 Zentimetern bei Frauen. Diese
‚Stammfettsucht’ lag bei fast 40 % aller Patienten vor. Sie geht
besonders häufig mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen einher.
Ernährungsexperten fordern deshalb Betreuungsprogramme durch Ärzte.
„Übergewichtige sind auf umfassende Behandlung durch den Hausarzt
angewiesen“, erklärt Hauner. Und die empfehlen ihren Patienten Maßnahmen, die laut der Leitlinie
“Prävention und Therapie der Adipositas” die Komponenten Ernährungs-,
Bewegungs- und Verhaltenstherapie umfasst. Eine medikamentöse Therapie
der Adipositas kommt für Patienten mit einem BMI von mindestens 27
kg/m² bei gleichzeitigem Vorhandensein von Folgeerkrankungen der
Adipositas (z.B. Diabetes mellitus Typ 2 oder Bluthochdruck) oder ab
einem BMI von 30 kg/m² ohne Folgeerkrankungen in Frage. Die Leitlinie sieht den Einsatz von Medikamenten erst dann vor, wenn
die anderen Therapieansätzen nicht erfolgreich sind. Doch das
Adipositaszentrum Hamburg hebt hervor, dass sich in letzter Zeit die
Stimmen derjenigen mehren, die schon frühzeitig eine medikamentöse
Unterstützung der Bemühungen um eine Reduktion des Körpergewichtes
fordern. Grund hierfür sei eine initial schnellere Gewichtsreduktion,
welche die Motivation des betroffenen Patienten erhöhe.   Prinzipiell sollten laut Adipositaszentrum nur solche Medikamente zu
Einsatz kommen, deren Wirkung (und Nebenwirkungen) in großen Studien
geprüft wurden. Denn nur hierdurch könne die Effektivität eines
Medikamentes ausreichend belegt werden. Präparate, die ohne ärztliches
Rezept frei verfügbar in der Apotheke erhältlich sind, genügten diesen
Ansprüche nicht. Die Wirkung solche Medikamente wird vom Zentrum
generell angezweifelt.   Das Adipositaszentrum Hamburg zählt vier Substanzen auf, die sinnvoll
zur Unterstützung einer Gewichtsreduktion eingesetzt werden können und
bewertet sie: “Orlistat (Xenical®) hemmt die Aufnahme von konsumierten Nahrungsfetten
aus dem Dünndarm. Etwas 30% dieser Fette werden unverdaut
ausgeschieden. Dies führt zwar zu einer Verminderung des
Körpergewichtes von etwa 10,3 kg nach 1 Jahr. Allerdings kommt es bei
mindestens der Hälfte aller mit Orlistat behandelten Patienten zur
Ausscheidung von fettigem Stuhlgang, was oftmals zu einem Absetzen der
Medikation führt. Da Orlistat jedoch praktisch nicht in die
Blutzirkulation aufgenommen wird, sind andere Nebenwirkungen nicht zu
erwarten. Seit 1998 zugelassen ist das Medikament Sibutramin (Reductil®). In
einer großen Studie (Storm Studie) kam es nach 24 Monaten bei den mit
10 mg Sibutramin täglich behandelten Patienten zu einer mittleren
Gewichtsreduktion von 10,2 kg. Nach 6 Monaten war die Gewichtsreduktion
sogar noch etwas höher. Von den meisten Patienten wird das Präparat gut
vertragen. Jedoch kann es in seltenen Fällen zu einem Anstieg von
Herzfrequenz und Blutdruck kommen. Somit sollte man beides nach etwa
1-2 Wochen kontrollieren, um diese Nebenwirkung rechtzeitig erkennen zu
können. Bei Patienten mit Herzrhythmusstörungen oder unbehandeltem
Bluthochdruck ist Sibutramin nur unter regelmäßiger ärztlicher Aufsicht
inidziert. Das längste am Markt befindlich Präparat Amfepramon (Regenon®) kann
eine Gewichtsminderung von ca. 11 kg innerhalb von 12 Wochen bewirken.
Allerdings liegen zu diesem Medikament keine großen
Plazebo-kontrollierten Vergleichsstudien vor. Somit ist Amfepramon
eine, im Vergleich zu den übrigen Präparaten, weniger gut untersuchte
Substanz. Auch ist die Anwendung nur über maximal 3 Monate erlaubt. An
relevanten Nebenwirkungen können u.a. ein Anstieg von Herzfrequenz und
Blutdruck auftreten.”   Das vierte Präparat - Rimonabant (Acomplia®) - ist sein Oktober 2008 wegen erheblicher Nebenwirkungen vom Markt genommen.   WANC 20.05.09/Quelle: WHO, Comed, Deutsche Adipositas Gesellschaft,
DGIM, Adipositaszentrum Hamburg, Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG)
 
 
 
 
 
 
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