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Der Taillenumfang im Verhältnis zur Körpergröße ist das neue Maß für Erkrankungsrisiken (Foto: Stock photo)
> Welches Gewicht ist gesundheitsgefährdend?
Welches Gewicht macht uns dick,
welches fettleibig und wann sind wir normalgewichtig? Die Wissenschaft
streitet über das rechte Maß. Galt früher die Regel für das
Normalgewicht Körpergröße abzüglich 110, wurde später der
Body-Mass-Index (BMI) zum Standard erklärt. Glücklich waren damit
längst nicht alle. Denn, so die Kritik, der BMI taugt nicht für die
Risikovorhersage bestimmter Erkrankungen. Das neue Maß der Dinge: WHtR
– der Wert, der sich ergibt, wenn man Taillenumfang durch Körpergröße
teilt.
Deutschland ist zu dick: Studien belegen, dass 75 Prozent aller
deutschen Männer und fast 60 Prozent der Frauen übergewichtig sind,
mehr als 50 Prozent der Männer und 23 Prozent der Frauen gar
fettleibig. Was indes die Zahlen medizinisch bedeuten, ist unklar. Denn
gängige Statistiken beruhen auf Erhebungen mit dem Body-Mass-Index
(BMI). Der BMI berechnet sich aus dem Körpergewicht [kg] dividiert durch das
Quadrat der Körpergröße [m2]. Der "wünschenswerte" BMI hängt aber auch
vom Alter ab. Übergewichtig sind Männer ab einem BMI von 25 -30, Frauen
von 24 -30 und Adipositas haben Männer und Frauen bei einem BMI
zwischen 30 und 40. Doch dieses von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlene Maß
steht seit einiger Zeit in der Kritik der Experten. "Der BMI spielt
keine Rolle für das Schlaganfall-, Herzinfarkt- oder Todesrisiko eines
Menschen", betont Dr. Harald J. Schneider von der Medizinischen Klinik
der Ludwig-Maximilians-Universität München, Campus Innenstadt. Für
derlei Risiko-Aussagen eigne sich viel besser der Wert, der sich
ergibt, wenn man Taillenumfang durch Körpergröße teilt - kurz WHtR
genannt (aus dem Englischen für waist-to-height-ratio). Nicht die Menge, sondern die Verteilung des Körperfetts ist offenbar
entscheidend für bestimmte Krankheits-Gefahren. Schneider spricht
inzwischen von "gutem und bösem Fett." Der Speck um den Bauch - also um
die Taille - kann schädliche Fettsäuren abgeben und diverse Botenstoffe
in den Körper abgeben, die Entzündungen fördern. Das passiert auch und
gerade in den Gefäßen, was die Arteriosklerose vorantreibt. Hüft-,
Oberschenkel- und Gesäßfett hingegen haben nach jüngsten Erkenntnissen
nichts mit dem Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen zu tun und wirken
mitunter schützend, wie manche Untersuchungen zeigen. Entsprechend
versuchen die Wissenschaftler das ideale Maß zu finden, das die realen
Verhältnisse widerspiegelt. In der Diskussion sind das Verhältnis von
Hüft- zu Taillenumfang (WHR) und eben der WHtR. Schneider und Kollegen haben in ihre Studie knapp 11.000 Probanden
einbezogen und zu Beginn für jeden Studienteilnehmer WHR, WHtR und BMI
ermittelt. Dabei wurden für jedes Maß vier Größenordnungen festgelegt.
Drei bis acht Jahre lang beobachteten die Forscher dann die
gesundheitliche Entwicklung der Probanden. Ergebnis: Ob ein Mensch
einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall bekommt oder daran stirbt,
lässt sich am besten mit dem WHtR abbilden. "Je höher der WHtR, desto größer das Risiko", erklärt Schneider. Die
beiden anderen getesteten Maße waren weitaus weniger (WHR) oder gar
nicht (BMI) aussagekräftig. "Es gibt immer mehr Studien, die belegen,
dass die Messung des BMI wenig bringt", sagt der Mediziner. Er hofft
darauf, "dass medizinische Fachgesellschaften und WHO ihre Empfehlungen
für die Messung des Körperfetts bald ändern." WANC 02.03.10, Quelle: Klinikum der Universität München (LMU)
 
 
 
 
 
 
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