Wetterfühligkeit: Alles nur Einbildung?

Kopfschmerzen und Migräneattacken wenn das Wetter umschlägt, Herz-Kreislauf-Probleme wenn es wärmer, Rheumaschmerzen wenn es kälter wird. Welchen Einfluß das Wetter auf unsere Gesundheit hat und ob es überhaupt einen Einfluß gibt, ist durchaus umstritten. Das Phänomen Wetterfühligkeit lässt sich nur schwer erklären, obwohl jeder zweite Deutsche glaubt, darunter zu leiden. Das liegt ganz einfach daran, dass es nur schwer wissenschaftlich zu erfassen ist. Zwei neue Studien verbannen Wetterfühligkeit nun in das Reich der Mythen. 


In der ersten Studie wollten die Wissenschaftler ermitteln, in wie weit Temperaturschwankungen, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck und Niederschlag die Schmerzanfälligkeit von Patienten mit Kniegelenkarthrose beeinflußt. Beobachtet wurden 345 Männer und Frauen wovon 171 im Durchschnittsalter von 62 Jahren und einem BMI von 30,2 kg/m2 unter Kniegelenkarthrose litten. Die Patienten gaben innerhalb  eines Zeitraumes von 35 Tagen an, welche Schmerzen sie verspürten. Bewertet wurde die Stärke anhand einer Skala (numeric rating scale - NRS) von 0 bis 10. Erst danach wurden diese Angaben mit Wetterdaten verknüpft. Die Analyse ergab keinen Zusammenhang mit dem Auftreten von Knieschmerzen und irgendwelchen Wetterveränderungen. 


In der zweiten Studie wurden 981 Patienten mit akuten Rückenschmerzen in Krankenhäusern in Sydney, Australien, untersucht. Dazu wurde die generelle Wetterlage einen Tag vor, sowie die Wetterveränderungen zwei Tage vor und zwei Tage nach sowie eine Woche und einen Monat vor einem Schmerzfall ermittelt. Insbesondere wurden Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit, -richtung und -stärke, Luftdruck und Niederschlag. Nur in Bezug auf die Temperatur konnte ein Zusammenhang festgestellt werden: eine höhrere Temperatur verstärkte die Schmerzen.


Bedeutet das nun, dass Wetterfühligkeit reine Einblldung ist? Warum reagieren Menschen auf Wetterumschwünge - vor allem wenn sich das Wetter häufig und rasch ändert - dennoch empflindlich und klagen bei Föhn, schwüler Luft oder Kälteinbrüchen über Schmerzen oder fühlen sich einfach schlecht und abgeschlagen? 


Medizinmeterologen geben zu bedenken, dass sich der Körper bei Wetterwechseln oft sehr kurzfristig neuen Bedinungen anpassen muss. Menschen, die sich schwieriger an das sich abrupt verändernde Wetter anpassen können, kann man als wetterfühlig bezeichnen. Das bedeutet, dass der Organismus mit der natürlichen Anforderung Wetter einfach nicht mehr so gut zurecht kommt. Das liegt z.B. an klimatisierten Räumen. Außerdem vermuten die Mediziner, dass Menschen generell sensibler auf Veränderungen ihres Körper reagieren. 


In München hat man die Bedeutung dieses Anpassungsprozesses unter die Lupe genommen. Menschen mit gesundheitlichen Problemen oder Erkrankungen haben oft besondere Schwierigkeiten, sich Veränderungen anzupassen, denn Schwachstellen im Körper scheinen dieses zu erschweren. Die Untersuchung ermittelte einen Zusammenhang zwischen subjektiv empfundenen Krankheitssymptomen und Wetterbedingungen. Allerdings sei die Wetterfühligkeit von Person zu Person unterschiedlich.  


Wissenschaftler von der ETH Zürich widmen sich seit gut 40 Jahren dem Phänomen Wetterfühligkeit. Sie haben die Daten von rund 39.000 Herzinfarkten mit Wetterdaten abgeglichen. Das Ergebnis: Einmal begünstigte Tiefdruck den Infarkt, ein andermal Hochdruck und manchmal begünstigte Schwüle das Entstehen, ein andermal nicht. Die Wissenschaftler gehen mittlerweile davon aus, dass Wetterfühligkeit mehr mit psychologischen Effekten zu tun hat als tatsächlich mit dem Wetter. Schlechtes Wetter schlage halt auf das Gemüt und wer sich dann nicht gut fühle, der mache mal schnell das Wetter dafür verantwortlich. 


Ist es wirklich so einfach? Als Tatsache darf zumindest gelten, dass Pollen und Ozon abhängig von der Wetterlage den Gesundheitszustand von Allergikern beeinflussen. Und Kälte, Hitze, schwüle Luft und intensive Sonneneinstrahlung belasten das Herz-Kreislauf-System. Darüber hinaus fällt es eben schwer, einen Zusammenhang zwischen Beschwerden und Wetter wissenschaftlich nachzuweisen. Das liegt vor allem daran, dass die Stärke der Beschwerden von den Betroffenen erfragt wird. Da bleibt ein bestimmtes Maß von Subjektivität.


Um etwas mehr Objektivitä in das Thema zu bekommen, hat der Mediziner Will Dixon von der University of Manchester das Projekt "Cloudy with a Chance of Pain" ins Leben gerufen. Seit Anfang 2016 werden mit Hilfe einer App Daten von chronischen Schmerzpatienten erhoben und mit dem Wetter in Verbindung gesetzt. Von 5824 Patienten konnten bisher Daten ausgewertet werden. Und die belegen, dass das Wetter die Schmerzempfindlichkeit beeinflußt. Von Februar bis April traten demnach weniger Schmerzen auf. Danach erhöhte sich die Schmerzstärke - mit steigenden Temperaturen. Allerdings war in dieser Zeit in den beobachtenen Regionen Leeds, London und Norwich das Wetter regnerischer und wenig sonnig. 


Noch kann allerdings auch Dixon nicht genau sagen, welche Faktoren nun genau für die Wetterempfindlichkeit verantwortlich sind. Die Antwort sollen weitere Auswertungen der Daten liefern. 


13.1.2017/ Quelle: Pain Medicine, Oarsijournal





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/index.php/wetterfuehligkeit-13-1-17.php
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