Fibromyalgie: Meist unbekannt, oft falsch behandelt

Kaum jemand kennt die Krankheit mit dem seltsamen Namen. Selbst Ärzte/innen versagen oft, wenn sie Patienten/innen mit chronischen Schmerzen in mehreren Körperregionen, Schlafstörungen, Tagesmüdigkeit und Depressionen begegnen. Eine Untersuchung hat jetzt offenbart, wie Fibromyalgie in der Arztpraxis tatsächlich diagnostiziert und behandelt wird.

Was Fibromyalgie überhaupt ist, das ist eigentlich erst seit 2008 wirklich klar. Denn in dem Jahr wurde in einer sogenannten S3-Leitlinie von der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) erstmals in Deutschland eine Definition sowie die Diagnose und Therapie des Fibromyalgiesyndroms festgelegt. Davor war recht umstritten, ob das Krankheitsbild überhaupt eine eigenständige  Krankheit oder eine rheumatische Erkrankung ist. Diagnosekriterien wurden erstmals 1990 in den USA veröffentlicht.

Wie viele Menschen darunter leiden, lässt sich nur schätzen. Die Selbsthilfeorganisation Deutsche Fibromyalgie-Vereinigung (DFV) geht von 0,7 bis 3,3% der Bevölkerung aus. Die neue in den USA durchgeführte Studie spricht von 2 bis 8%. Lange Zeit irrten diese Betroffenen durch die Arztpraxen und wurden nicht oder falsch behandelt. Inzwischen gibt es vermehrt Mediziner, die sich mit dem Krankheitsbild auskennen. Auch wenn eine Heilung bisher kaum möglich war. Das kann sich ändern, weil mittlerweile eine Ursache für Fibromyalgie gefunden wurde: eine Schädigung der kleinen Nervenfasern. Das könnte die Behandlung verändern und neue Therapieverfahren könnten entwickelt werden.

Das Beth Israel Medial Center in Boston und die Universität von Michigan haben nun Daten über das Krankheitsbild von 1955 an ausgewertet. Dabei hat sich heraus gestellt, dass Fibromyalgie mittlerweile viel besser verstanden werde. Das hat Auswirkungen auf die Therapie, die laut Studie am wirkungsvollsten mit "einem integrierten Ansatz aus pharmakologischen und nicht-pharmakalogischen Behandlungsalternativen" therapiert wird.

Demnach soll eine Therapie folgende Bestandteile enthalten:
    •    Aufklärung und Schulung über die Krankheit.
    •    Bedeutung der aktiven Rolle des Patienten bei der Therapie, z.B. durch Stressreduzierung, genügend Schlaf, Bewegungstherapie.
    •    Über die Wirkung von chiropraktischer Behandlung, Tai-chi, Yoga, Akupunktur oder Myofascial Release Therapie (Tiefenbehandlung des Bindegewebes, um Störungen zu beseitigen) liegen laut der Studie noch kaum wissenschaftliche Untersuchungen vor. Allerdings liegen einige Berichte von Patienten über den positiven Nutzen vor.
    •    Weitere Behandlungsmethoden, wie Wärme- oder Kältetherapie und Neurostimulation, sind noch nicht ausreichend erforscht. Die DFV schreibt aber, dass durchaus gute Erfahrungen damit bestehen.
    •    Als effektive Medikamente werden Norepinephrine, Serotonin-Wiederaufnahmehemmer und gamma-Aminobutyric acid (das sind alles Mittel, die auf das Nervensystem wirken) genannt. Außerdem Naltrexone zur Schmerzlinderung, trizyklische Antidepressiva - wirken an den Strukturen des Nervensystems, Gabapentinoide gegen chronische Schmerzen, NSAID (non-steroidal anti-inflammatory drugs - entzündungshemmende Wirkstoffe) sowie Acetaminophen (Paracetamol - schmerzstillender Arzneistoff).
    •    Alle Medikamente werden sowohl einzeln also auch in unterschiedlichen Kombinationen verschrieben. Ihre Dosierung ist abhängig von dem Schweregrad der Erkrankung, also insbesondere von der Stärke der chronischen Schmerzen.
    •    Die Studie stellt fest: "Eine effektive Behandlung der Fibromyalgie ist jetzt möglich."

Zur Situation in Deutschland bemerkt die DFV: "Medikamentöse Therapien beschränken sich in Deutschland z. Z. auf trizyklische Antidepressiva (z. B. Amitriptylin), Serotoninwiederaufnahmehemmer (z. B. Fluoxetin), duale Antidepressiva (z. B. Duloxetin, Milnacipran). In den USA wurde erstmals Pregabalin (Antikonvulsivum, Handelsname Lyrica, zugelassen zur Behandlung u.a. von neuropathischen Schmerzen) bei Fibromyalgie zugelassen."

Berliner Ärzteblatt 17.04.2014/ Quelle: JAMA





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/index.php/fibromyalgie-17-04-14.php
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