Foto: DAK/Schläger
Bei Migräne den Schmerz blockieren: Ein ursprünglich gegen Epilepsie entwickeltes Medikament soll das leisten (Foto: DAK/Schläger)
> Neue Hoffnung für Migräne-Patienten
Ein Medikament, das eigentlich gegen
Epilepsie eingesetzt wird, verspricht Patienten mit Migräne Hoffnung.
Es erreicht seine Wirkung, in dem es die schmerzauslösenden Prozesse
unterbricht und so die Schmerzen lindert. Allerdings ist es nicht
völlig ohne unangenehme Nebenwirkungen. Der große Vorteil ist aber,
dass es auch Patienten mit Herzkreislauferkrankungen nehmen können.
Das neue Medikament zur Behandlung der Migräne, Telcagepant, befindet
sich im Endstadium seiner Entwicklung. Die neue Substanz lindert den
Schmerz in vergleichbarem Maß wie gegenwärtig verfügbare
Migränemedikamente, beispielsweise Triptane. Im Gegensatz zu diesen
löst Telcagepant jedoch keine Verengung der Blutgefäße aus
(Vasokonstriktion) und ist somit für Personen mit
Herzkreislauferkrankungen wie auch für die Allgemeinbevölkerung
geeignet. Außerdem könnte auch Topiramat vorbeugend zur Vermeidung von
Migräneattacken bei Personen mit chronischer Migräne eingesetzt werden.
Telcagepant steht für eine neue Klasse von Migränemedikamenten, den
CGRP-Rezeptor-Antagonisten (Calcitonin-gene-related polypeptide). Die
Substanz wirkt, indem sie an verschiedenen Stellen des Trigeminus-Nervs
und des zentralen Nervensystems die Rezeptoren für das Neuropeptid
"Calcitonin Gene-Related Peptide" blockiert. Hierdurch wird der
schmerzauslösende metabolische Prozess unterbrochen und eine
Schmerzlinderung erreicht. Die häufigsten unerwünschten Effekte des
Wirkstoffs Telcagepant umfassten Mundtrockenheit, Schwindel, Brechreiz,
Erschöpfung und Benommenheit. Die auf Serotonin-Rezeptoren wirkenden Triptane gelten gegenwärtig als
die bestmögliche migräne-spezifische Akutbehandlung. Allerdings: In
einer Analyse verschiedener Studien zur Migränebehandlung mit Triptanen
haben bis zu einem Drittel aller Personen mit Migräne und 40 Prozent
aller Migräneattacken nicht auf diese Medikamente angesprochen. Der Einsatz von Triptanen ist auch mit einer Reihe von unerwünschten
Effekten verknüpft: Schwindel, Parästhesie (Kribbeln/Taubheit der
Haut), Engegefühl im Hals und Beschwerden im Brustbereich. Die
Wissenschaftler stellen fest: „Bemerkenswerterweise sind diese
Präparate bei Personen mit aktiven Herzkreislauferkrankungen und
unkontrolliertem Bluthochdruck kontraindiziert, da sie gelegentlich
eine Verengung koronarer und cerebraler Blutgefäße hervorrufen können."
Im Gegensatz zu anderen Migränemedikamenten ruft Topiramat bei zwei
Drittel aller Patienten wohl eher einen Gewichtsverlust hervor statt
einer Zunahme. Der mittlere Gewichtsverlust in klinischen Studien
beträgt etwa 2,5 Kilogramm, wobei etwa 10 Prozent der Patienten 10 oder
mehr Prozent ihres ursprünglichen Körpergewichts verloren. Warum Topiramat – eigentlich ein Präparat gegen Epilepsie - jetzt in
der Migräneprophylaxe zum Zuge kommt und erklären die Wissenschaftler
so: Migräne und Epilepsie teilen sich mehrere kranhkeitsauslösende
Mechanismen. Topiramat ist also ein altes Medikament mit einer neuen
Anwendung. Die Forscher erklären: „Die klinischen Studien, die wir begutachtet
hatten, liefern Hinweise, dass CGRP-Rezeptor-Antagonisten wichtige
molekulare Zielsubstanzen in der Entwicklung von Migränemedikamenten
sind. Telcagepant erscheint als eines dieser viel versprechenden
Präparate, obwohl noch weitere Untersuchungen berechtigt sind, um seine
Rolle nachdrücklich festlegen zu können. Noch ausstehende Fragen
umfassen, ob CGRP-Rezeptor-Antagonisten mit Triptanen kombiniert werden
können, um eine wirksamere Therapie zu erreichen, und ob sie bei
Patienten, die nicht auf Triptane ansprechen, sinnvoll sind. Außerdem
wurde die Wirksamkeit von Triptanen bei Kindern nicht nachgewiesen,
einer Gruppe, die von dieser Forschung profitieren könnte. Topiramat
ist in vielen Ländern das vorbeugende Migränemedikament erster Wahl und
sollte bei jenen erwachsenen Patienten in Erwägung gezogen werden, die
übergewichtig sind, an Epilepsie leiden oder bei welchen Beta-Blocker
kontraindiziert sind. Das Medikament ist im allgemeinen sicher und gut
verträglich. Die Daten deuten an, dass Topiramat eine chronische
Migräne mit oder ohne übermäßige Inanspruchnahme von Medikamenten in
eine episodische Migräne umkehren könnte. Topiramat ist somit ein
wichtiges Präparat bei schwierigen Fällen." WANC 27.04.10, Quelle: Lars Edvinsson, Mattias Linde. New drugs in
migraine treatment and prophylaxis: telcagepant and topiramate. Lancet
2010; 375: 10.1016/S0140-6736(10)60323-6
 
 
 
 
 
 
powered by webEdition CMS