Fibromyalgiepatienten: Keine eingebildeten Kranken

Schätzungen
zufolge leiden in Deutschland rund 1,5 Millionen Menschen an einer
Krankheit, die schwer zu erklären ist – der Fibromyalgie oder
dem Faser-Muskel-Schmerz. Muskelschmerzen, Müdigkeit und
Magen-Darm-Störungen sind nur einige der Symptome. Die Diagnose
ist schwierig. Im Schnitt dauert es sieben Jahre und zahlreiche
Arztbesuche, bis die Erkrankung erkannt wird. Betroffene gelten oft
als eingebildete Kranke.


Die
Symptome der Fibromyalgie können vielfältig und individuell
sehr verschieden sein. Brennende, schneidende, dumpfe oder bohrende,
am ganzen Körper auftretende Schmerzen und Muskelverspannungen
gehören dazu. „Oft sind die Patienten chronisch müde und
ständig erschöpft, finden gleichzeitig aber keinen Schlaf“,
erläutert Dr. med. Martin Gessler, wissenschaftlicher Beirat im
Forum Schmerz des Deutschen Grünen Kreuzes e. V. (DGK).



Die
Betroffenen sind einerseits kälteempfindlich, schwitzen aber
vermehrt. Manche Patienten haben Magen-Darm-Beschwerden.
Wassereinlagerungen im Gewebe (Ödeme) können verstärkt
auftreten und Atemnot die Erkrankung begleiten. Kein Wunder,
dass es für die behandelnden Ärzte sehr schwer ist, die
Fibromyalgie zu erkennen.



Krankheiten
mit ähnlichen Symptomen müssen zunächst ausgeschlossen
werden“, so Gessler. Als Diagnosekriterium hat sich die
Schmerzempfindlichkeit bestimmter Punkte am Körper, der tender
points, etabliert. „An diesen Punkten reagieren die Patienten bei
leichtem Druck mit unverhältnismäßig starken
Schmerzreaktionen“, berichtet der Münchner Neurologe.



Der
Beginn der Krankheit verläuft meist schleichend. Leichte
Rückenschmerzen breiten sich immer mehr aus. Dann gesellen sich
die anderen Beschwerden dazu. „Je länger die Erkrankung
unbehandelt anhält, desto größer die
Wahrscheinlichkeit für seelische Probleme und Depressionen“,
meint Gessler.



Typisch
für die Fibromyalgie ist auch ein Verlauf in Schüben.
Relativ ruhige Krankheitsphasen mit beschwerdefreien Stunden wechseln
sich mit Phasen völliger Erschöpfung und starken Schmerzen
ab. Eine Erklärung für diese Krankheit gibt es bislang
noch nicht. „Möglicherweise ist aber das Immunsystem an der
Entstehung beteiligt“, so Gessler. Auch Viren oder Bakterien werden
als Auslöser diskutiert – allerdings ohne Beweis.



Tatsache
ist aber, dass etwa ein Viertel aller Borreliose-Patienten eine
Fibromyalgie entwickelt. „Auf jeden Fall scheint die
Schmerzverarbeitung bei den Patienten gestört zu sein“,
erklärt Gessler. Das Verhältnis schmerzstillender und
Schmerz auslösender Neurotransmitter ist bei der Fibromyalgie
aus dem Gleichgewicht gekommen. Die Behandlung der Fibromyalgie
ist genauso individuell wie die Erkrankung selbst.



Es
gibt eine Reihe von Medikamenten, darunter Schmerzmittel,
Antidepressiva, Muskelrelaxanzien und Antiepileptika, die alle
wirksam sind. „Welcher Wirkstoff oder welche Wirkstoffkombination
im Einzelfall jedoch erfolgreich ist, kann nicht vorhergesagt
werden“, bestätigt der Schmerzexperte.



Als
begleitende Behandlung hat sich körperliche Bewegung, wie
Gymnastik, Schwimmen, Radfahren oder Walking, als hilfreich
erwiesen“, empfiehlt Gessler den Betroffenen. Nach einem sanften
Training ist der Körper weniger anfällig für die
Schmerzen. Auch eine Wärmebehandlung wirkt über die
vermehrte Durchblutung der betroffenen Areale schmerzlindernd.



Der
wichtigste Rat für die Patienten ist, selbst aktiv zu werden.
Fibromyalgie ist keine lebensbedrohliche Krankheit. „Mit der
individuell richtigen Medikation, viel Geduld und einem festen Willen
können Betroffene wieder ein aktives Leben führen“,
ermutigt der Münchner Experte die Patienten.



WANC 21.08.07/sra





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/index.php/21_08_fibromyalgie.php
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