30 Prozent der Tumorschmerzpatienten leiden unnötig

Ein Drittel aller Patienten mit Tumorschmerz in Deutschland leiden unnötig: Falsche Ängste und Vorurteile sind die maßgeblichen Gründe dafür, dass vorhandene, nebenwirkungsarme Therapieoptionen, die in 95 Prozent der Fälle helfen würden, nicht angewandt werden.

Krebs ist eine der bedeutendsten Krankheiten in Deutschland: Jährlich erkranken ca. 390.000 Patienten neu. Mit über 200.000 Sterbefällen sind Tumorerkrankungen in Deutschland die zweithäufigste Todesursache. Viele Krebspatienten leiden unter therapiebedürftigen Schmerzen, die ihre Lebensqualität stark einschränken. Dabei ist eine ausreichende Versorgung möglich. Mit modernen Schmerzmedikamenten können 95 Prozent aller Patienten effektiv behandelt werden.

„In Deutschland wird zwar viel für Diagnose und Therapie des Tumors getan“, so Prof. Dr. Michael Zenz, Präsident der Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. (DGSS), „aber wenig für Diagnose und Therapie der begleitenden Schmerzen.“ Diese werden auch nicht systematisch erfasst. Das veranschaulicht auch ein aktueller Gesetzesvorschlag in Nordrhein-Westfalen. Demnach müssen dort zwar alle Tumorpatienten mitsamt Diagnosen und Therapien erfasst werden. Nach Schmerzen jedoch wird erst gar nicht gefragt."

Schmerzen werden oft als Begleitsymptom ausgeblendet und von den Patienten selber als gegeben hingenommen. Das bestätigt auch eine aktuelle Emnid-Umfrage, bei der ein Viertel der befragten Krebspatienten und Angehörigen angab, mit ihrem Arzt überhaupt nicht über eine Schmerztherapie gesprochen zu haben.


Dabei existiert mit der Stufenleiter der Weltgesundheitsorganisation bereits seit 20 Jahren ein einfaches Schema, das bei 90 Prozent der Patienten eine effektive Schmerzlinderung erreicht. Je nach Schmerzstärke erhalten sie in drei Stufen zunächst einfache Schmerzmittel wie Paracetamol oder Acetylsalicylsäure, dann so genannte schwach wirksame Opioide und schließlich stark wirksame Opioide. Patienten und Ärzte müssen erkennen, dass eine wirksame Therapie einfach möglich und ökonomisch ist. Die Schmerztherapie müsse fest in die Krebsbehandlung integriert werden, forderte Zenz.

Dr. Marianne Koch, Präsidentin der Deutschen Schmerzliga e.V., schilderte die starke Angst, die eine Krebsdiagnose bei vielen Patienten auslöse. Diese verhindere völlig die Einsicht, „dass der Krebs oft heilbar ist und den meisten noch Jahre weitgehend normalen Lebens bleiben“. Auch Schmerzen würden dann als unausweichliches Los empfunden. Leider hätten dies auch viele Angehörige von Patienten so erlebt, so Koch weiter. 

Manchmal mangelt es auch den Ärzten einfach an Kenntnis über entsprechende Therapien und es bestehen Vorurteile gegenüber stärker wirksamen Medikamenten, wie den Opioiden. „Es ist ein fataler Fehler unseres Gesundheitssystems, angehenden Ärzten während ihrer Ausbildungszeit keine Kenntnisse über Schmerzdiagnostik und -therapie zu vermitteln,“ folgerte Koch.

Viele fürchten, starke Schmerzmittel (Opioide) könnten süchtig machen oder den Organismus schädigen. "Dabei trifft das überhaupt nicht zu: Opioide machen nicht abhängig und sind nebenwirkungsärmer als Aspirin", erklärt Zenz. Die einzig ernstzunehmende Nebenwirkung der Opioide sei - bei richtiger Therapie - die Verstopfung, die sich sehr gut behandeln lässt.

Die Initiative "Gemeinsam gegen Tumorschmerz" fordert für Tumorschmerzpatienten eine frühzeitig einsetzende Schmerztherapie nach dem WHO-Stufenschema, die regelmäßig überprüft und angepasst werden muss. "Tumorpatienten haben ein Recht auf Schmerztherapie," so Zenz. "Eine ausreichende Schmerztherapie ist Voraussetzung für einen weitgehend selbstbestimmten Alltag und sichert Lebensqualität." Eine verbesserte Schmerztherapie und Symptomkontrolle verkürzen das Leben nicht, sondern verlängern es.

Träger der Initiative "Gemeinsam gegen den Tumorschmerz" sind die Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. (DGSS), die Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz, die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie, die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin, der Krebsinformationsdienst (KID), das Deutsche Grüne Kreuz, die Deutsche Schmerzliga, die Krebshilfe, der Krebsinformationsdienst sowie die Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie (DGS). Informationen rund um die Initiative gibt es auf der Website: http://www.tumorschmerz.de

WANC 21.01.05





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/index.php/21_01_tumorschmerzen1.php
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