Foto: Stock photo
Macht Fluglärm subjektiv oder objektiv krank? Studien belegen auf jeden Fall Gesundheitsschäden (Foto: Stock photo)
> Fluglärm: Nur subjektive Belästigung?
Hat Fluglärm nun Auswirkungen auf die
Gesundheit oder nicht. Eine Studie zum Frankfurter Fluglärm hat keine
objektiven Auswirkungen gefunden. Allerdings werden lärmempfindliche
Menschen subjektiv stark beeinträchtigt.
Irgendwie kommt einem das vor wie ein Spiel mit Worten. Fluglärm macht
objektiv nicht krank aber subjektiv. Bitte? Wird man nun krank oder
nicht? Oder reden die Betroffenen sich ihre Gesundheitsprobleme nur ein
– die eingebildeten Kranken? Oder will man im Namen des weiteren
Ausbaus des Frankfurter Flughafens die möglichen Auswirkungen auf die
Gesundheit der Anwohner klein reden? Die Frankfurter Gesundheitsdezernentin Manuela Rottmann (Grüne) sagte
jedenfalls bei der Vorstellung der Studie "Fluglärm und Gesundheit",
die im Auftrag des Frankfurter Umwelt- und Gesundheitsdezernats
erstellt wurde, dass Fluglärm keine objektiven Auswirkungen auf die
Gesundheit habe. Die Annahme, dass die Zahl von Erkrankungen bei der
betroffenen Bevölkerung bei einem höheren messbaren Lärmpegel steige,
sei nicht bestätigt worden. Allerdings würden lärmempfindliche Menschen subjektiv stark
beeinträchtigt. Der Studie zufolge leiden Menschen, die sich stark von
Fluglärm belästigt fühlen, häufiger an Erschöpfungssymptomen,
Kopfschmerzen, Brustschmerzen und chronischer Bronchitis. Im
Rhein-Main-Gebiet gab fast jeder Vierte an, sich durch Fluglärm stark
belästigt zu fühlen. Es genüge daher nicht, den Ausbau des Flughafens
mit einem Nachtflugverbot zu verknüpfen, sagte Gesundheitsdezernentin
Rottmann. Es müsse vielmehr „jede Möglichkeit der Lärmminderung genutzt
werden“. Die Untersuchung hatte ergeben, dass 60 Prozent der Befragten tagsüber
mehr als 50 Dezibel Fluglärm ausgesetzt sind. 41 Prozent empfinden das
als starke (23 Prozent) und äußerst starke Belastung (18 Prozent), 44
Prozent als mittelstark und etwas belästigend, 16 Prozent fühlen sich
nicht belästigt. Bei der Frage nach der Einschätzung eigener
Lärmempfindlichkeit antworteten 69 Prozent, sie seien mittelmäßig oder
wenig empfindlich für Lärm, 19 Prozent sagten, sie seien sehr und
ziemlich lärmempfindlich. Im Vergleich mit Menschen anderer Regionen (Bundesgesundheitssurveys)
sind die Teilnehmer der Studie des Dialogforums seltener erkrankt.
Anders sieht es bei den Menschen aus, die sich als stark bis äußerst
fluglärmbelästigt einschätzen: Im Vergleich zu den weniger Belästigten
treten in der Rhein-Main-Region Beschwerden wie Schlafbedürfnis,
Müdigkeit, Mattigkeit, Kopfschmerzen und Brustschmerzen mit höherer
Wahrscheinlichkeit auf. So ergibt sich etwa, dass „äußerst
Fluglärmbelästigte" eine fast dreifach höhere Wahrscheinlichkeit eines
übermäßigen Schlafbedürfnisses haben als Personen, die nicht von
Fluglärm betroffen sind. Grundlage der Studie war die Befragung von mehr als 2300 Menschen, die
in einem Umkreis von bis zu 40 Kilometern um den Frankfurter Flughafen
leben. Diese Angaben wurden mit Werten zweier bundesweiter
Gesundheitsreporte und den Resultaten anderer internationaler
Fluglärmwirkungsstudien verglichen. Dass die Diskussion um subjektive und objektive Folgen ein
Scheingefecht zu sein scheint, belegen Ergebnisse anderer
Untersuchungen. Prof. Dr. Hartmut Ising vom Umweltbundesamt in Berlin
sagt: „Es besteht allgemeine Übereinstimmung darin, daß Lärm als
unspezifischer Streßfaktor wirkt und eine Freisetzung verschiedener
Streßhormone auslöst.“ Eine Studie des Umweltbundesamtes an 800.000 Krankenversicherten, die
in der Nähe von deutschen Großflughäfen leben, hatte im Jahr 2007
ergeben, dass diese Menschen häufiger an Herz, Kreislauf und Psyche
erkranken. Nächtlicher Fluglärm führe dazu, dass betroffene Anwohner
von Flughäfen unter anderem wegen zu hohen Blutdrucks und
Herzbeschwerden häufiger zum Arzt gehen und mehr Medikamente
verschrieben bekommen. Im Vergleich zu Patienten, die keinem
nächtlichen Lärm ausgesetzt waren, erhielten sie häufiger und mehr
Mittel zur Blutdrucksenkung, zur Behandlung von Herz- und
Kreislauferkrankungen sowie zur Beruhigung und zur Behandlung von
Depressionen. Beruhigungsmittel und Antidepressiva wurden dabei
vorzugsweise Frauen verordnet. Ob das nun objektiv oder subjektiv ist,
dürfte den Betroffenen vollkommen egal sein.  
 WANC 19.05.09
 
 
 
 
 
 
powered by webEdition CMS