Nicht erklärbarer Schmerz – eingebildeter Schmerz?

Es gibt Schmerzen, sich nicht bzw.
nicht vollständig mit einer organischen Erkrankung erklären lassen.
Manchmal werden diese Schmerzen als eingebildet abgetan. Doch die
Betroffenen erleben die Schmerzen tatsächlich. Patienten mit einer
Depression leiden häufiger und stärker unter derartigen Schmerzen, also
solche ohne Depressionen.
"Dabei sind Frauen deutlich stärker von Depressionen und auch von den
sogenannten somatoformen Schmerzen betroffen als Männer", erklärt
Dipl.-Psych. Dirk Frieser vom Institut für Psychologie der Johannes
Gutenberg-Universität Mainz. Mediziner nennen das somatoforme Symptome,
die auch als medizinisch nicht bzw. nicht vollständig erklärte Symptome
bezeichnet werden. Anscheinend sind diese weit verbreitetet. "In den
allgemeinärztlichen Praxen sind bis zu 80 Prozent der Symptome
somatoform", so Frieser. Das heißt allerdings nicht, dass sich Patienten diese Symptome
"einbilden". Somatoforme Symptome werden wahrgenommen, beeinträchtigen
die Lebensführung und verursachen mitunter Leid, das eine
Psychotherapie rechtfertigt, etwa eine kognitive Verhaltenstherapie.
Zum Krankheitsbild einer somatoformen Störung, die fälschlicherweise
oft als "Hypochondrie" bezeichnet wird, gehören neben Schmerzsymptomen
oftmals auch Symptome wie Schwindel, Missempfindungen in
unterschiedlichen Körperbereichen, aber auch Erschöpfungsgefühle oder
Müdigkeit. Wichtig, so Frieser, sei jedoch, dass nicht jeder, der somatoforme
Symptome aufweise, auch eine diagnostizierte somatoforme Störung habe.
Dies hänge vor allem davon ab, in welcher Form die Lebensführung
beeinträchtigt sei bzw. welches psychische Leid den Patienten belaste.
Depressionen haben auf das Schmerzerleben von Patienten Einfluß 
und dies unterscheidet sich, ob es sich um medizinisch nicht erklärte
Schmerzen beziehungsweise um medizinisch erklärte Schmerzen handelt.

"Das Ergebnis weißt daraufhin, dass bei Patienten, die aktuell unter
einer Depression leiden oder in den letzten zwölf Monaten davon
betroffen waren, die Anzahl der somatoformen Schmerzen in
unterschiedlichen Körperbereichen wesentlich höher ist als bei
Patienten ohne Depressionen." Frieser zufolge könnte man daraus eventuell auch den Rückschluss
ziehen, dass Menschen, die mit einer Vielzahl von Schmerzen in die
Hausarztpraxis kommen, die nicht vollständig medizinisch erklärt sind,
mit höherer Wahrscheinlichkeit eine behandlungsbedürftige Depression
aufweisen. Bei einer "Major Depression" leiden die Betroffenen oft
unter niedergeschlagener Stimmung, Freudlosigkeit, Appetit- und
Gewichtsveränderungen, Schlaflosigkeit oder vermehrtem Schlafbedürfnis,
Müdigkeit oder Energieverlust und psychomotorischen Symptomen. Nicht
selten kommt es bei den Betroffenen auch zu Suizidideen. Kurzzeitige
Stimmungsschwankungen unter zwei Wochen werden nicht dazu gezählt.

 Welche Bedeutung die richtige Einordnung und Beurteilung der
Schmerzerkrankungen im Hinblick auf das Gesundheitswesen hat, zeigt das
Ergebnis der Mainzer Hausarztstudie, wonach 73 Prozent der Schmerzen
von den Hausärzten als somatoform beurteilt wurden und sich
demgegenüber nur 27 Prozent medizinisch vollständig begründen ließen.
Im Falle der organisch erklärten Schmerzen macht es auch keinen
Unterschied, ob die Patienten unter einer Depression leiden oder nicht:
Anzahl, Dauer und Beeinträchtigung durch die Schmerzen sind hier in
beiden Patientengruppen in etwa gleich. Frieser hat 308 Patienten über ihre Gesundheit, Schmerzsymptome,
Krankheitsängste, ihr Verhalten im Krankheitsfall, die soziale
Unterstützung, psychische Belastungen und viele andere Parameter
befragt. Anschließend wurden die Schmerzsymptome von den Hausärzten
beurteilt.

 WANC 13.07.09/ Quelle: Johannes Gutenberg-Universität Mainz





Quelle:
http://www.medizinauskunft.de/home/artikel/index.php/index.php/index.php/13_07_schmerz_depression.php
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